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Analyse

Massive rechtsextreme Landnahme in Thüringen – Kurzanalyse liefert erste Erklärungsansätze

Unerwartet kam es nicht, aber dennoch um so härter. Nach dem Sieg der AfD bei den Landtagswahlen in Thüringen am vergangenen Sonntag fragen sich nun viele, wie es dazu kommen konnte.  Doch wo liegen die Gründe dafür? Wie sehen mögliche Gegenstrategien aus? Und wie steht es nun um die Demokratie in Thüringen? Unsere Kolleg*innen vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena haben die Landtagswahlen beobachtet und wissenschaftlich begleitet – und die Erkenntnisse in einer Kurzanalyse zusammengefasst. Die Kurzanalyse liefert jetzt erste Erklärungen.

Die zentralen Erkenntnisse:

  • Die rechtsextreme AfD ist mit der Landtagswahl 2024 zur stärksten politischen Kraft in Thüringen avanciert und hat damit erneut unterstrichen, dass sie in Thüringen eine fest etablierte politische Kraft ist. Die Partei hat flächendeckend in allen Wahlkreisen Stimmen hinzugewonnen, die überwiegende Mehrheit der Direkt-mandate errungen und im Vergleich zur Europawahl am 9. Juni 2024 nochmals zugelegt.
  • Die AfD wird nicht vorrangig aus Protest, sondern überwiegend aufgrund ihrer Inhalte, Positionen und der ihr zugeschriebenen Kompetenzen gewählt. Gerade bei jungen Wähler*innen konnte sie erheblich Stimmen hinzugewinnen und viele Erstwähler*innen mobilisieren.
  • Der öffentliche Fokus auf die AfD und ihre von Rassismus geprägte Migrations- und Flüchtlingspolitik hat der AfD nicht geschadet, sondern eher genutzt. Die Wähler*innen schreiben der Partei im Bereich Migration starke Problemlösungskompetenzen zu. Vor allem die Skandalisierung der AfD, ihrer Positionen und der Ver-bindungen ihrer Kandidat*innen zur extrem rechten Szene scheint keine wirksame Gegenstrategie zu sein.
  • Dem BSW ist es nicht gelungen, eine starke AfD zu verhindern, sondern bewirkte vor allem eine Schwä-chung der LINKEN. Fast achtmal mehr Wähler*innen bewegten sich von der LINKEN zum BSW.
  • Die AfD hat vor allem aufgrund ihrer Sperrminorität im Landtag nun erheblich mehr Gestaltungsmacht in Thüringen und kann – in Verbindung mit ihrer Stärke in den Kommunen und Landkreisen – politische und gesellschaftliche Diskussionen sowie die lokale Umsetzung politischer Maßnahmen nachhaltig prägen.
  • Die Situation der demokratischen Zivilgesellschaft und gesellschaftlich marginalisierter Gruppen wird sich vo-raussichtlich erheblich verschärfen und bedarf stärkerer überregionaler und lokal verankerter Unterstützungs-strukturen, sowohl von zivilgesellschaftlicher als auch von staatlicher Seite auf Landes- und Bundesebene.
  • Im Vorfeld der Wahlen fand eine landesweite demokratische Mobilisierung statt, die aber die selbst gesteckten Ziele – insb. die Verhinderung der Sperrminorität für die AfD – nicht erreichen konnte. Um Rechtsextremismus entschieden entgegentreten zu können, braucht es jetzt einen Prozess der kritischen Reflexion und daraus folgend eine strategische Neuausrichtung der demokratischen Parteien, aber auch der demokratischen Zivilgesellschaft.

Die Kurzanalyse steht hier zum Download bereit.

Aus der lang erwarteten Thüringer Landtagswahl am 1. September 2024 geht die rechtsextreme AfD als klare Gewinnerin hervor. Sie konnte nicht nur die ohnehin hohen Umfragewerte übertreffen, sondern auch in 29 von 42 Wahlkreisen, in denen sie Kandidat*innen aufstellte, die Direktmandate erlangen. Cornelius Helmert, Autor der Kurzanalyse, fasst zusammen:

„Die Thüringer Landtagswahl vom 1. September 2024 manifestiert die massive gesellschaftliche Entwicklung nach rechts in Thüringen, aber auch darüber hinaus. Dies konnten wir bereits auf der Einstellungsebene, bei rechtsmotivierten Angriffen und bei den Kommunal- und Europawahlen sehen. Die AfD hat einmal mehr bestätigt, dass sie als Partei im Freistaat etabliert ist und relativ unabhängig von Verfassungsschutzeinordnungen, medialer Skandalisierung und konkreten Kandidat*innen gewählt wird. Auffällig ist, dass die AfD besonders bei jungen Wähler*innen punkten konnte.“

Viktoria Kamuf, Co-Autorin der Kurzanalyse, ergänzt mit Blick auf die politische Kultur in Thüringen:

„Die Bedingungen für die demokratische Zivilgesellschaft, die sich bereits in der Vergangenheit einer komplexen und teilweise gewaltförmigen Bedrohungslage ausgesetzt sah, werden sich ebenso verschlechtern wie die Situation von gesellschaftlich marginalisierten Gruppen wie geflüchteten und queeren Personen oder Menschen mit Behinderungen.“

Wie sich die Wahlergebnisse im Detail bewerten lassen und welche Auswirkungen diese u. a. auf die Zivilgesellschaft haben, ist in der angehängten Kurzanalyse nachzulesen.

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