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Ausstellung

Heraus aus der Unsichtbarkeit

Aktivist*innen der Zivilgesellschaft und Politiker*innen demokratischer Parteien hissen gemeinsam die Regenbogenfahne vor dem Landtag Brandenburg im Juni 2017. Foto: © Landtag Brandenburg

Die Ausstellung „Lesben, Schwule und Trans* in Brandenburg – gestern und heute“ wurde am 17. Februar in Cottbus eröffnet. Sie hat sich zum Ziel gemacht, mehr Aufmerksamkeit auf die Lebensrealitäten von Lesben, Schwulen und Trans* in Geschichte und Gegenwart zu lenken. An Schulen und Universitäten wurden diese bisher größtenteils vernachlässigt.

Mit der Ehe für alle ist Deutschland – wenn auch beeindruckend spät – einen entscheidenden Schritt in Richtung auf dem Weg zur rechtlichen Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Trans* gegangen. Jedoch kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesellschaft von der Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt noch immer entfernt ist. LSBT* erleben in ihrem Alltag noch immer Gewalt, Mobbing, Diskriminierung und Vorurteile. Durch die zunehmende Präsenz von Rechtspopulist*innen gelingt Homo- und trans*feindlichen Positionen eine traurige Renaissance. Gleichzeitig fällt die Forschung zu den Lebensrealitäten von LSBT* in Geschichte und Gegenwart vor allem durch immense Leerstellen auf, und auch in Schulen und der universitären Lehre ist die historische Betrachtung ihrer Lebensrealitäten, Diskriminierung und Verfolgung unterrepräsentiert.

Um das zu ändern, hat der Verein Lola für Demokratie zusammen mit der Amadeu Antonio Stiftung und der BTU Cottbus beschlossen, in einer Ausstellung die Geschichte der LSBT* in Brandenburg aufzuarbeiten. „Mit unserer Ausstellung möchten wir die Unsichtbarkeit der Geschichte der LSBT* durchbrechen“ erklärt Janna Petersen vom Verein „Lola für Demokratie in MV“, „außerdem müssen wir unsere Geschichte kennen, um die Gegenwart zu verstehen“ fügt sie hinzu. Deswegen beschäftigt sich der erste Teil der Ausstellung mit den Lebensrealitäten von Lesben, Schwulen und Trans* von der Zeit des Kaiserreichs bis heute. Insbesondere in ländlicheren Regionen wie Brandenburg, wo LSBT* verhältnismäßig stärkerer Diskriminierung ausgesetzt sind, sollen Orte entstehen, an denen entgegen neurechter Raumergreifungsversuche eine Öffentlichkeit für ihre Geschichte geschaffen wird, an denen LSBT* selbstbewusst ihre Geschichten erzählen können – sodass empowernde Erfahrungen für Individuen und Communities möglich werden.

Kontinuität der Diskriminierung

Dabei manifestiert sich die Macht historischer Kontinuitäten ganz besonders am Strafrechtsparagraph 175. Seit 1871 bestraft er im gesamten Kaiserreich die „widernatürliche Unzucht“ zwischen Männern mit Haftstrafen und der Aberkennung bürgerlicher Rechte. In der Zeit des Nationalsozialismus wird die Verfolgung gleichgeschlechtlich liebender Männer im Recht und in der Praxis massiv verschärft und selbst ein Kuss wird strafbar. Etwa 50 000 Männer wurden nach dem Paragraf 175 verurteilt. Der von den Nationalisozialist*innen verschärfte Paragraf 175 wird zunächst sowohl von der BRD als auch von der DDR beibehalten und setzt schwule Männer somit erneut strafrechtlicher Verfolgung aus. Die DDR kehrt 1950 wieder zu dem Paragrafen 175 aus der Weimarer Republik zurück, ab 1968 regelt der neue Paragraf 151 den Straftatbestand sexueller Handlungen mit gleichgeschlechtlichen jugendlichen Personen, der durch die im Vergleich zu heterosexuellen Handlungen höhere Altersgrenze ein diskriminierendes Element beibehält. 1989 wird auch dieser Paragraf abgeschafft. Jedoch hält der Fortschritt nicht lange an: Seit der Wiedervereinigung gilt in der ehemaligen DDR wieder der Paragraf 175, an dem die BRD Zeit ihres Bestehens festgehalten hat. Es dauert noch bis 1994, bis der Bundestag beschließt, den Paragrafen ersatzlos zu streichen. An der heutigen Salonfähighkeit von Homo- und Transphobie – zumindest in bestimmten Kreisen – ist diese andauernde gesetzliche Abwertung von LSBT* bestimmt nicht ganz unschuldig.

Die noch folgenden zwei Teile der Ausstellung stellen aktuelle und historische Portraits von Menschen vor, die lesbisch, schwul oder trans* in Brandenburg lebten und leben. Teil III beleuchtet außerdem die Selbstorganisation von LST*-Communities in Brandenburg heute. Die Ausstellung basiert auf den Recherchen einer weiteren, bald veröffentlichten Ausstellung –  „Wir*hier“ – die sich mit Lebensrealitäten von Lesben, Schwulen und Trans* in Mecklenburg-Vorpommern in Geschichte und Gegenwart auseinandersetzt und im Juni 2018 in Schwerin eröffnet wird. Zu beiden Ausstellungen laden wir ganz herzlich ein!

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