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Reportage

Frischer Wind für Döbeln: Jugendkonferenz über die Zukunft der Stadt

Foto: © Treibhaus e.V.

Das sächsische Döbeln wird immer älter. Wie die meisten Orte im ländlichen Raum ist die Kleinstadt von einer massiven Überalterung betroffen. Orte für Jugendliche fehlen. Für diese bedeutet das, dass sie bestimmten Hobbies nicht nachgehen können und sich an Orten treffen müssen, die gar nicht dafür gedacht sind. Gleichzeitig wird ihnen politisch die Botschaft vermittelt, dass ihre Anliegen weniger Gehör finden als die der Erwachsenen. Dieses Gefühl kann schnell in politischen Unmut münden, der von rechtsextremen, populistischen Kräften missbraucht werden kann. Das Döbelner Kulturzentrum Treibhaus hat daher eine Jugendkonferenz organisiert, durch die die Jugendlichen selbst an der Zukunftsgestaltung der Stadt beteiligt werden sollen. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützte die Konferenz finanziell mit einer Projektförderung.  

Von Luisa Gehring

Im Landkreis Mittelsachsen herrscht schon längst eine rechtsextreme Hegemonie. Nur 20 Kilometer von Döbeln entfernt haben sich in der Stadt Leisnig mehrere völkische Siedler*innen niedergelassen. Bei den jüngsten Landtagswahlen im September 2024 wählte Döbeln mehrheitlich den AfD-Kandidaten Lars Kuppi, der gleichzeitig auch stellvertretender Oberbürgermeister der Stadt ist. Wenige Wochen später sprühte ein Rechtsextremer beim CSD Buttersäure auf die Demo-Route. Verdächtigt wird ein Mitglied der rechtsextremen Freien Sachsen.

Selbstwirksamkeit statt Jugendfrust

Als letztes Jahr angekündigt wurde, die Skatehalle der Stadt abzureißen und durch Parkplätze zu ersetzen, beschloss das Treibhaus etwas gegen die Zurückdrängung der Jugendkultur zu unternehmen. Die Skatehalle war einer der wenigen Orte der Stadt, an dem sich Jugendliche treffen konnten, egal ob sie skaten oder nicht. Und das, ohne dass sie Geld dafür ausgeben mussten. In Reaktion auf die Abrisspläne der Stadt fand man sich zu einer Ideenwerkstatt zusammen und entschied, einen Ort der Demokratie mit Fokus auf die oft vergessene Zielgruppe der Jugendlichen zu schaffen. Ziel ist es, dass junge Menschen selbst den öffentlichen Raum mitgestalten und dadurch politische Selbstwirksamkeit erfahren können.

Das Kulturbüro Sachsen führte vor der Jugendkonferenz eine sozialräumliche Analyse durch, um bereits grundlegende Bedürfnisse und Anliegen der Jugendlichen einordnen und lokalisieren zu können. Dafür wurden fast 50 junge Menschen im Alter von 12 bis 20 Jahren gebeten, Orte in Döbeln zu beschreiben, die sie als (potentiell) positiv oder negativ wahrnehmen. Basierend auf dieser Analyse wurde dann die Konferenz durchgeführt. Die Teilnehmenden diskutierten konkrete Maßnahmen, wie Döbeln lebendiger und jugendfreundlicher gestaltet werden kann. Die Konferenz sei dabei eher Katalysator als Sprachrohr der Jugendlichen, erklärt einer der Organisator*innen des Projekts. Man wolle die Jugendlichen selbst sprechen lassen und ihnen die Möglichkeiten der demokratischen Mitgestaltung vermitteln. Die Ergebnisplakate der Konferenz sollen bald auch der Stadt und anderen Interessierten vorgestellt werden.

Mehr Treffpunkte, mehr Kultur, besserer ÖPNV

Die Jugendlichen wünschen sich für Döbeln mehr Jugendclubs und Freizeitmöglichkeiten, zum Beispiel durch frei nutzbare öffentliche Sportplätze. Auch ein breiteres kulturelles Angebot wäre ein Zugewinn für die Stadt. Hier betonen die Jugendlichen, dass sie in die Organisation von Veranstaltungen und Parties mit einbezogen werden wollen. Oft genannt wurde außerdem der Wunsch nach einem besseren öffentlichen Nahverkehr. Vor allem am Wochenende und außerhalb der Schulbuszeiten sind die Jugendlichen meist auf Fahrrad und Auto angewiesen. Auch eine bessere Zuganbindung an Dresden steht auf der Wunschliste.

Schließlich fordern die Jugendlichen auch eine angenehmere Kultur in der Stadt – ohne Rechtsextreme. Jede*r soll sich willkommen fühlen.

Die Umsetzung der Ideen und Forderungen hängt von kommunalen Akteur*innen und dem Durchhaltevermögen der Jugendlichen ab. Auch das gehört zum Demokratielernen dazu. Angesichts der rechtsextremen Raumnahme bleibt zu hoffen, dass auch die Stadt erkennt, wie alternative Angebote und politische Selbstwirksamkeit die Demokratie stärken.

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