Völkischer Rechtsextremismus in ländlichen Räumen – erkennen, verstehen, handeln
Völkischer Rechtsextremismus vereint rassistische, antisemitische und autoritäre Ideologie mit einer idealisierten Vorstellung von „Volk“, „Heimat“ und „Natur“. Anhänger*innen dieser Ideologie verstehen „das Volk“ als biologische Einheit, deren Eigenschaften angeblich durch „Blut und Boden“ geprägt sind – also durch Abstammung und den geografischen Lebensraum. Diese völkische Weltanschauung lehnt moderne, pluralistische Gesellschaften ab und strebt eine „reine“, weiße, heteronormative Gemeinschaft an.
Im ländlichen Raum versuchen völkische Rechtsextreme, diese Vorstellungen gezielt in die Realität umzusetzen. Ihre Aktivitäten reichen von Siedlungsprojekten und Zeltlagern über Brauchtumsveranstaltungen bis hin zur Einflussnahme in Vereinen oder auf Dorffesten. Auch rechtsesoterische Gruppen wie die Anastasia-Bewegung propagieren unter dem Deckmantel eines esoterisch-naturnaher Lebensmodells antidemokratische und antisemitische Ideologien – etwa durch den Aufbau sogenannter Familienlandsitze, die abgeschottet vom Rest der Gesellschaft ein autoritär-völkisches Leben führen.
Warum ist das problematisch – gerade in ländlichen Regionen?
Ländliche Räume sind längst keine „weißen Flecken“ auf der Landkarte des Rechtsextremismus – im Gegenteil: Sie gelten als zentrale Aktionsräume für völkische Gruppen. Besonders gefährdet sind Regionen, in denen sich demokratische Akteure zurückziehen, junge Menschen abwandern und die Bevölkerung zunehmend altert. In solchen Kontexten greifen rechtsextreme Strategien besonders leicht.
Vor Ort bringen die Siedler*innen sich in lokalen Strukturen und üben ideologischen Einfluss auf die Dorfgemeinschaft, Vereinsleben oder Elterninitiativen auszuüben. Vermeintlich harmlose, esoterische Weltanschauungen, ehrenamtliches Engagement oder Anleihen aus Natur- und Umweltschutz dienen als Tarnung für die menschenfeindliche Ideologie. Gleichzeitig werden durch Einflussnahme an Schulen oder die Organisation rechter Freizeitangebote und Zeltlager Kinder und Jugendliche gezielt mit rechter Ideologie indoktriniert.
Mit der zunehmenden Normalisierung rechtsextremer Weltbilder geraten besonders Menschen, die sich dagegenstellen, immer mehr unter Druck. In kleinen Gemeinden bedeutet eine klare Haltung oft auch sozialen Ausschluss, berufliche Nachteile oder offene Bedrohung. So entsteht eine Atmosphäre der Einschüchterung – in der sich rechtsextreme Ideologie weiter verbreiten kann. Es braucht deshalb klare, strukturierte und nachhaltige Gegenmaßnahmen, insbesondere in ländlichen Räumen. Denn: Völkischer Rechtsextremismus ist kein Randphänomen – sondern eine bewusste politische Strategie, die langfristig angelegt ist.
Das bedeutet konkret:
- Zivilgesellschaft stärken: Demokratische Initiativen und Engagierte brauchen Schutz, finanzielle Förderung und Vernetzung.
- Bildung und Aufklärung fördern: Schulen, Kitas und Vereine müssen sensibilisiert und unterstützt werden, menschenfeindlichen Ideologien entgegenzutreten.
- Demokratische Präsenz sichern: Kommunen, Behörden und Parteien dürfen ländliche Räume nicht sich selbst überlassen.
- Frühzeitig handeln: Auch scheinbar harmlose Bewegungen mit verschwörungsideologischen, antisemitischen oder antipluralistischen Inhalten müssen benannt und kritisch begleitet werden.
Das Kompetenzzentrum Rechtsextremismus und Demokratieschutz unterstützt Menschen und Institutionen im Umgang mit völkischem Rechtsextremismus. Wir beraten Kommunen, Sozialarbeiter*innen, Lehrkräfte, Vereine und Bildungseinrichtungen. Dabei helfen wir, Wissen aufzubauen, Handlungssicherheit zu gewinnen und eine klare demokratische Haltung zu entwickeln. Kontaktieren sie uns gerne!
Für weitere Informationen:
- Broschüre „Mystische Menschenfeindlichkeit. Hintergründe und Erscheinungsformen rechter Esoterik.“ (2023)
- Broschüre „Land unter ? Handlungsempfehlungen zum Umgang mit völkischen Siedler*innen“ (2020)
- Broschüre „Völkische Siedler/innen im ländlichen Raum. Basiswissen und Handlungsstrategien“ (2014)
- Broschüre „Die letzten von gestern, die ersten von morgen“? Völkischer Rechtsextremismus in Niedersachsen (2017)
- „Naturschutz ist Heimatschutz“ – völkischer Rechtsextremismus im Naturschutz“ in der Broschüre „Rechtsextreme Ideologien im Natur- und Umweltschutz“ der Fachstelle für Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN)
Telefon: 030. 240 886 14
e-Mail: fachstelle@amadeu-antonio-stiftung.de