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Ampel-Koalitionsvertrag nimmt zentrale Forderungen der Zivilgesellschaft auf

Koalitionsvertrag

Die Ampel-Koalition hat ihren Koalitionsvertrag präsentiert. Die neue Bundesregierung hat darin zahlreiche Forderungen der Zivilgesellschaft zum Schutz von Minderheiten und der Demokratie aufgegriffen – mal konkret, mal schwammig. Ein Überblick:

Rechtsextremismus wird als die größte Bedrohung für unsere Demokratie benannt und in der Bekämpfung auf einen Dreiklang aus Prävention, Deradikalisierung und Gefahrenabwehr gesetzt. Ein Meilenstein ist das Demokratiefördergesetz, das bis 2023 versprochen wird.

Mit dem Demokratiefördergesetz wird endlich die zivilgesellschaftliche Präventions- und Demokratiearbeit, die seit Jahren von einer aktiven Zivilgesellschaft in so vielen Bereichen geleistet wird, rechtlich wie finanziell abgesichert.

Dazu ergänzend soll das Gemeinnützigkeitsrecht modernisiert werden. Das Signal muss hier sein, die Arbeit der Zivilgesellschaft auch in Zukunft auf sichere Füße zu stellen.

Zum ersten Mal wird Frauen- und Queerfeindlichkeit als die demokratiegefährdende Bedrohung ernst genommen, die sie seit Jahren für unsere Gesellschaft darstellt, und als Hasskriminalität bewertet. Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Antifeminismus, der als zentrales Einstiegsmoment in Ungleichwertigkeitsdenken und rechtsextreme Weltbilder dient.

Zu begrüßen ist die angekündigte Berufung sowohl eines/einer Anti-Rassismus-Beauftragten als auch Antiziganismus-Beauftragten. Zusätzlich soll der Antisemitismusbeauftragte institutionell besser aufgestellt und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in ihren Kompetenzen gestärkt werden.

Hass im Netz wird endlich als digitale Gewalt verstanden und es soll Beratungsangebote für Betroffene geben. Die Rechte der Betroffenen werden gestärkt. Das ist eine gute Verlagerung von der Täter- auf die Betroffenenperspektive. Auch die Forderung nach klaren Meldeverfahren, den Zugang zu Daten für Forschungszwecke, die Überprüfbarkeit ihrer Algorithmen sowie
klare Regelungen gegen Desinformationen wären ein Meilenstein für eine digitale Debattenkultur, so diese Ziele wirklich erreicht werden.

Der Schutz von Jüdinnen und Juden sowie jüdischer Einrichtungen wird explizit versprochen. Offen bleibt, wie das konkret aussehen soll und wie die Finanzierung gewährleistet ist. Bislang mussten sich Jüdische Gemeinden selbst darum bemühen.

Explizit zu begrüßen ist, dass sich die Koalition beim Kampf gegen Antisemitismus auf die Definition der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) beruft. Doch die konkreten Maßnahmen gegen Antisemitismus und Verschwörungsideologien bleiben ebenso schwammig formuliert wie die gegen Rassismus. Bei den Maßnahmen in Justiz und Strafverfolgung kommt die Betroffenenperspektive zu kurz. So ist beispielsweise keine Rede von unabhängigen Beschwerdestellen.

Zu begrüßen ist die Ausweitung des Monitorings von Rassismus und Antiziganismus, auch die angekündigte Streichung des Begriffs „Rasse“ ist lange überfällig und könnte endlich Realität werden.

Keine Erwähnung finden Rechtsextreme in öffentlichem Dienst, Polizei & Bundeswehr. Wissenschaftliche Studien werden vage angekündigt, bei der Prävention setzt man weiterhin auf “innere Führung” und “Selbstkontrolle im Sinne der Supervision”. Ob dieses Versprechen und ein vereinfachtes Verfahren für Melderegistersperren ausreicht, um das Vertrauen Betroffener in die Sicherheitsbehörden wiederherzustellen bleibt fraglich. Stichwort: NSU2.0, Nordkreuz-Netzwerk, rechte Chatgruppen und unerlaubte Datenabfragen.

Es fehlt eine klare Null-Toleranz-Politik gegen Rechtsextreme und eine Aufarbeitung rechtsextremer Vorfälle in Behörden, die nur unter Beteiligung unabhängiger Stellen glaubhaft geschehen kann.

Keine Rede ist von den bis heute nicht vollständig umgesetzten Empfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse. Stattdessen wird die Errichtung eines NSU-Gedenkortes und eines Archivs zu Rechtsterrorismus angekündigt. Hier wurde eine Chance vertan.

Dennoch erweckt der neue Koalitionsvertrag den Eindruck, dass die neue Bundesregierung den Schutz der Demokratie und den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wirklich ernst nimmt. Wir sind gern dabei und hoffen auf eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

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Petition

Über 60.000 Stimmen für Demokratie – wir bleiben dran!

Über 60.000 Menschen haben unsere Petition „Regierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!“ unterzeichnet. Dieses starke Signal aus der Zivilgesellschaft war für uns ein klares Mandat: Wir haben Gespräche mit Abgeordneten und Parteivorständen geführt und unsere Forderungen gezielt in die Koalitionsgespräche eingebracht. Die hohe Zahl an Unterschriften war dabei ein starkes Argument – der Rückhalt für eine entschlossene Demokratiepolitik ist groß.

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