Störstrategien in der Kommentarspalte begegnen: Provokation

Störstrategien in der Kommentarspalte begegnen: Provokation
Man solle seine „Gegner bis zur Weißglut“ provozieren, damit diese sich „zu Aussagen hinreißen [lassen], die sie normalerweise nicht machen würden” – so beschreibt das „Handbuch für Medienguerillas“, ein Leitfaden aus dem Umfeld der rechtsextremen Identitären Bewegung, eine der Kernstrategien, um Kommentarspalten zu emotionalisieren und Gleichgesinnte anzustacheln. Provokationen müssen wir deshalb als das erkennen, was sie sind. Und Ruhe bewahren: Lass dich nicht in eine Rechtfertigungsposition drängen.
Bitte deine Community, nicht auf den Provokationsversuch einzugehen. Wenn du befürchtest, dass Mitlesende sich möglicherweise verunsichern lassen, nutze deine Antwort, um beispielsweise weitere Quellen anzuführen:
„Auch wenn es hier vermutlich um Provokation statt Austausch geht, wollen wir festhalten: Ja, es gibt auch andere Formen von Gewalt und Bedrohung. Aber die andauernde Gleichsetzung von Rechtsextremismus mit anderen Ideologien ist schlicht eine Verharmlosung und eine Verdrehung aktueller Bedrohungslagen. Denn es sind Rechtsextreme, die seit 1990 über 200 Menschen umgebracht haben. Die Liste rechtsterroristischer Gruppen ist lang. Von ihnen geht eine besondere Gefahr für die Gesellschaft aus.”
Frage nach, wie der Post gemeint ist. Ungeschickte Formulierungen sind kein Problem, bewusste Menschenfeindlichkeit oder Verleumdung hingegen schon:
„Kannst du genauer erklären, was konkret deine Kritik an unserer Arbeit ist? Wir freuen uns, wenn konstruktive Hinweise aus der Community kommen. Wenn es dir allerdings nur darum geht, schlechte Stimmung zu verbreiten oder Diskriminierung zu rechtfertigen, ist das eindeutig der falsche Ort."
Zeige persönliche und gesellschaftliche Konsequenzen einer Aussage auf. In vielen Fällen sollen Provokationen marginalisierte Stimmen ihre Reichweite nehmen und den Einsatz für demokratische Werte schwächen:
„,Kartoffel’ mag ein abwertender Begriff sein, aber kein Rassismus. Denn hinter dieser Beleidigung steht nicht die jahrhundertealte Geschichte von Kolonialismus, Sklaverei und Eroberung.”
Wenn du überzeugen willst: Suche überraschende Ansätze und setze am Weltbild der*des Anderen an. Sage nicht, dass dein Gegenüber falsch liegt, sondern dass etwas übersehen wurde:
„Für Sie mag diskriminierungsfreie Sprache nicht besonders wichtig sein. Für viele Betroffene ist sie das allerdings. Denn Sprache prägt die Realität: Solange diskriminierende Wörter weiter auf Produkten, Speisekarten oder Geschäftsnamen stehen, werden Menschen ermutigt, sie auch weiterhin zu verwenden. Die Umbenennung von Produkten ist dabei vielleicht nicht der wichtigste, aber immerhin ein erster Schritt.”Zum Weiterlesen: Wie „Knorr“ mit Paprikasauce Rassismus und Antiziganismus freilegt
Reagiere humorvoll. Humor in den Sozialen Medien ist ein Thema für sich. Durch die fehlende Gestik und Mimik können Kommentare falsch verstanden oder als arrogant wahrgenommen werden. Doch gerade bei besonders offensichtlichen Provokationen kannst du etwas Spaß haben:
„Mist, jetzt ist der supergeheime Plan des weltweiten Regenbogen-Verschwörungszirkels aufgeflogen! ;)”Zum Weiterlesen: #respektcheck
Ziele der Diskussion
Wenn du für eine Organisation kommunizierst, sollte ein entschiedener, aber sachlicher Einsatz gegen Hate Speech euer Grundsatz sein. Ziele in einer Diskussion sind dann: Betroffene in Schutz nehmen, Hassredner*innen Grenzen aufzeigen und Mitlesenden Argumente zugänglich machen. Achte darauf, menschenverachtende Sprache, d.h. gewaltvolle Begriffe oder Vorurteile, nicht zu wiederholen.
Nicht endlos diskutieren
Spätestens nach vier Argumenten ist dein Gegenüber überzeugt – oder eben nicht. Rechtsextreme, antidemokratische und strafbare Aussagen kannst du verbergen, löschen, melden und ggf. anzeigen. Accounts, die mehrfach in eurer Kommentarspalte stören und provozieren, kannst du verwarnen und/oder gegebenenfalls blocken.
Standardantworten sparen Zeit und Nerven
Wenn du von dir entwickelte Antworten an einem zentralen Ort sammelst, entsteht langfristig ein Archiv an Reaktionen, auf das du und dein Team immer zurückgreifen können.
Haltung zeigen
Störstrategien werden häufig mit aktuell diskutierten Themen und unterschiedlichen Formen von Hate Speech verbunden. Gegenargumente und Formulierungsvorschläge findest du in der Übersicht zu allen Argumentationshilfen. Das Glossar der Neuen Deutschen Medienmacher*innen hilft dabei, die richtigen diskriminierungskritischen Begriffe für deinen Moderationsalltag zu finden. Bei Belltower.News findest du aktuelle Informationen zu Gesprächs- und Kommunikationsstrategien.
Civic.net stärkt die digitale Zivilgesellschaft, die konsequent gegen Hass und Abwertung eintritt. Das Projekt ermutigt Organisationen und einzelne Engagierte der Berliner Zivilgesellschaft, in Sozialen Netzwerken sichtbar zu werden und sich dort aktiv an der Debatte zu beteiligen.