Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Die Unerlässlichkeit des Wahlakts

Am Sonntag haben Jugendliche ab 16 Jahren erstmals die Chance, den Landtag in Brandenburg mitzubestimmen. Bereits bei den Kommunalwahlen hoffte die NPD gerade bei Erstwählenden auf großen Zuspruch – allerdings ohne Erfolg. Ein Ergebnis, das auch vielen engagierten Initiativen vor Ort zu verdanken ist. Im Vorfeld der Landtagswahl heißt es daher wieder: Mit Aufklärungsarbeit verhindern, dass Erstwählende in die Fänge der NPD geraten.

Von Luisa Wingerter

Kommunalwahlen im Mai in Brandenburg. Die NPD konnte ihre Sitze in Kreistagen, Stadtverwaltungen und Gemeindevertretungen von 27 auf 49 erhöhen. Die extrem rechte Partei hat es nicht nur geschafft neue Mandate zu gewinnen, sondern auch in neue Parlamente einzuziehen. Die NPD hat somit die Möglichkeit in weiteren Parlamenten Themen zu besetzen und in ihrem Sinne zu missbrauchen. Vor allem aber an ihrer Strategie, der Schaffung von „National Befreiten Zonen“, weiterzuarbeiten. Im Zuge dieser gibt sich die NPD als Kümmerer-Partei mit dem Ziel, sich zunächst auf der kommunalen Ebene zu verankern. Die lokale Basis soll anschließend den Einzug in die Landesparlamente und letztlich in den Bundestag ermöglichen. Trotz zusätzlicher Mandate blieb aber der erhoffte Zuspruch von Erstwählenden aus. Für Initiativen vor Ort, die sich stetig gegen menschenverachtende Einstellungen einsetzen, bedeutet dieser Erfolg: Mit ihrem Engagement weitermachen, auch im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl am kommenden Sonntag.

Für eine demokratische Gesellschaft streiten

Eine von der Amadeu Antonio Stiftung unterstütze Kampagne für Erstwählende vom Jugendverband „Die Falken“ fand bereits vor den Kommunal- und Europawahlen statt. Hier lag der Schwerpunkt auf einer selbst erstellten Schüler*Innenzeitung. Mit dieser geben „Die Falken“ Schülerinnen und Schüler gute Gründe an die Hand, ihre Stimme nicht der NPD zu geben. Auch Initiativen wie das Brandenburger Aktionsbündnis mit der Kampagne „Schöner leben ohne Nazis“ werden vorgestellt. Das Projekt von „Die Falken“ läuft nun erneut im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl. Doch dieses Mal streiten die Veranstaltenden mit einem erweiterten Programm für eine demokratische Gesellschaft. Sie wenden sich zusätzlich zur Schüler*Innenzeitung offensiv mit Seminaren an Oberschulen in Brandenburg. „Mit unserer Kampagne wollen wir Schülerinnen und Schüler argumentativ stärken, sie informieren und zum Engagement gegen rechtes und rassistisches Gedankengut motivieren“, so „Die Falken“. Auch wenn die Brandenburger NPD bislang einen aussichtslosen Wahlkampf führt und nach aktuellen Umfrageergebnissen auch nicht im neuen Landtag vertreten sein wird, gehören gerade wieder junge Menschen zu ihrer Zielgruppe.

Mit Workshops aufklären und ermutigen

Der Seminarblock „Wahlen“ setzt daher auf die Auseinandersetzung mit den zur Wahl stehenden Parteien in Brandenburg. Mit Fakten zur Landtagswahl wollen „Die Falken“ die Teilnehmenden dazu motivieren, demokratisch wählen zu gehen. „Wir konnten bei allen Teilnehmenden einen großen Bedarf nach mehr Informationen zu den Parteien sowie deren Programmen feststellen“, so die Veranstaltenden. Ein weiteres Seminar mit dem Titel „Was können wir tun?“ knüpft genau hier an. Schülerinnen und Schüler sollen ermutigt werden, ihren Beitrag zur demokratischen Alltagskultur zu leisten. Eine andere Seminareinheit setzt explizit auf die Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen, der extrem rechten NPD sowie Kameradschaften in Brandenburg.

Nach den ersten durchgeführten Seminaren lautet die Bilanz der Veranstaltenden: „Zu Beginn der Seminare waren zur heutigen Rechten sowie zum Parteiprogramm der NPD annähernd kein Wissen vorhanden. Der Wissensstand der Teilnehmenden bezog sich vorwiegend auf das NS-Regime.“ Die Seminarleitenden hatten auch den Eindruck, dass insbesondere Rassismus von der Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler nicht als Problem der heutigen Gesellschaft wahrgenommen wurde. Rassismus wurde meist mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Vor allem polarisierende Themen, wie der Umgang mit Pädophilie, wiesen bei vielen Erstwählenden einen möglichen Anknüpfungspunkt zu NPD-Positionen auf. „Hier wurden von einem nicht unerheblichen Teil der Schülerinnen und Schüler die Position der NPD gut geheißen und harte Sanktionen gefordert“, berichten „Die Falken“.

Das Ziel: Brandenburg ist kein Ort für Neonazis

Auch wenn dennoch weitgehend die NPD von den Schülerinnen und Schülern Ablehnung oder Ignoranz erfährt, verdeutlicht das Fazit der Veranstaltenden wie dringend notwendig ihre Aufklärungsarbeit ist. Die Strategie der NPD „National befreite Zonen“ zu schaffen und vor allem der Zugewinn bei den Kommunalwahlen zeigt diese Dringlichkeit noch einmal mehr. „Die Falken“ leisten daher einen wichtigen Beitrag dazu, dass Erstwählende nicht durch polarisierende Themen in die Fänge der NPD geraten. Zusätzlich informieren sie über die vielfältige demokratische Parteienlandschaft, machen über die Unerlässlichkeit des Wahlakts bewusst und klären über die Gefahren ausgehend von der rechten Szene auf. Auch die positive Resonanz der Schülerinnen und Schüler, die die Möglichkeit zum Meinungsaustausch genutzt haben, sprechen für Kampagnen wie diese. Dass „Die Falken“ darüber hinaus auch Jugendliche ermutigen, sich selbst für eine demokratische Gesellschaft einzusetzen, macht das Projekt für die Amadeu Antonio Stiftung zwingend unterstützenswert.

Weiterlesen

Christopher W Beitragsbild
Todesopfer rechter Gewalt

Sächisches Innenministerium macht homofeindlichen Foltermord nachträglich unsichtbar

Am 17. April 2018 wird der 27-jährige Christopher W. von drei Rechtsextremen aus queerfeindlichen Motiven brutal gefoltert und umgebracht. Das sächsische Innenministerium erfasst Christopher W. 2019 zunächst als Todesopfer rechter Gewalt in der Statistik politisch motivierter Gewalt. Eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel enthüllt nun, dass diese Einstufung seit November 2024 nicht mehr gilt.

505388207-1280x720
Kommentar

Strategie: Warum die Demokratie ein Projekt2029 braucht

Die Erfolge von Donald Trump und der AfD erfordern eine strategische, resiliente und breite Antwort der demokratischen Zivilgesellschaft. Ein „Projekt 2029“ kann Vision, Plattform und Koordination dafür liefern – als Gegenentwurf zum „Project 2025“ der Heritage Foundation – ein Plädoyer von unserem Vorstand Timo Reinfrank.

Design ohne Titel
Neuerscheinung

Antisemitismus und Verschwörungserzählungen erkennen und entkräften

Antisemitismus und Verschwörungserzählungen haben besonders in Zeiten gesellschaftlicher Unsicherheit Konjunktur. Das Entschwörungsquartett ermöglicht eine interaktive Auseinandersetzung mit Verschwörungsnarrativen – sowohl für Menschen mit Vorkenntnissen als auch für jene, die sich erstmals mit Antisemitismus und Verschwörungsdenken befassen.

Mitmachen stärkt Demokratie

Engagieren Sie sich mit einer Spende oder Zustiftung!

Neben einer Menge Mut und langem Atem brauchen die Aktiven eine verlässliche Finanzierung ihrer Projekte. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung für Demokratie und Gleichwertigkeit.