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Neuerscheinung

Fashwave: Rechtsextreme ködern Jugendliche online mit Hass in Retro-Optik

Rechtsextremismus online sieht heute völlig anders aus als schwarz-weiß-rote Optik und Hakenkreuze, auch weil Soziale Netzwerke strenger reagieren: Ein Grund, warum sich Rechtsextreme gezielt etablierte Subkulturen und deren Ästhetik aneignen. Bei Fashwave trifft es die  konsumkritische Vaporwave und Synthwave-Szene. Neonstreifen, wabernde Synthie-Sounds und pinker Pop wirken wie ein 80s Revival, werden aber gezielt als Verpackung menschenfeindlicher Inhalte genutzt, um insbesondere junge, digitalaffine Männer für rechtsterroristische Aktivitäten zu rekrutieren. Der neue de:hate-Report  „Fashwave – Rechtsextremer Hass in Retro-Optik“ der Amadeu Antonio Stiftung erklärt das neueste Phänomen rechtsextremer Online-Propaganda, um sich von der scheinbar harmlosen Wave-Optik nicht täuschen zu lassen.

Ende Mai 2021 inhaftierten Polizisten in Kerr County, Texas, einen Rechtsterroristen. Er hatte einen Anschlag in einem Walmart geplant, der sich in die Tradition der Anschläge von El Paso, Poway oder Christchurch einreihen sollte. Auf dem Telegram-Kanal der von ihm gegründeten Terrorgruppe “InJekt Division”: zahlreiche Bilder und GIFs schwer bewaffneter Männer, unterlegt mit Neonfarben, rechtsextremen Symbolen und Slogans, sogenannte “Fashwave”-Bilder. Der Kanal zielte vor allem auf die Rekrutierung junger Männer für rechtsterroristische Aktivitäten ab.

“Fashwave”, ein Kunstwort aus “fascism” und “wave”, ist die Selbstbezeichnung für eine rechtsextreme Aneignung der grundsätzlich antikapitalistischen “Vaporwave”-Ästhetik, die mit einem nostalgischen Bezug zu den Achtzigern und Neunzigern spielt, um heutiges Konsumverhalten zu hinterfragen. Diese Ästhetik arbeitet mit optischer Verzerrung, Neonfarben und Bildern aus Filmen, Animes, Serien oder Videospielen. Rechtsextreme haben sich dieser digitalen Ästhetik angenommen, um rechtsextreme Weltbilder zu verbreiten.

Fashwave ist Türöffner für rechtsextreme Radikalisierung

“Zahlreiche Bilder zeigen bewaffnete Rechtsterroristen, KKK-Mitglieder, oder SS-Männer und Wehrmachtssoldaten. Durch die Ästhetik des Fashwave werden Menschenverachtung und Rechtsterrorismus glorifiziert”, erklärt Simone Rafael, Leiterin des Digital Bereichs der Amadeu Antonio Stiftung. “Ein typisches Beispiel für eine Fashwave-Grafik ist das mit türkis und pink unterlegte Bild eines SS-Mannes, im Hintergrund das NS-Symbol der “schwarzen Sonne” und einer Parole zur Verteidigung Europas oder der weißen Rasse.”

Wiederkehrendes Moment im Fashwave ist die Inszenierung der Antimoderne, vor allem in Bezug auf Geschlechtervorstellungen. Männer treten in der Regel als Soldaten, Frauen als zu beschützende Mutter weißer Kinder auf.

“Fashwave soll gezielt junge Männer ansprechen, die in ihrer Männlichkeit verunsichert sind. Maskulinismus und Antifeminismus dienen als Türöffner in die radikale und extreme Rechte. Die rechtsterroristischen Anschläge der letzten jahre, ob in Deutschland oder international habe gezeigt, dass Antifeminismus in den meisten Fällen eine zentrale Rolle im Weltbild der Täter spielte”, führt Simone Rafael  aus.

Fashwave ist auf beinahe allen populären Online-Plattformen zu finden

Fashwave-Inhalte sind auf Social Media-Plattformen wie Instagram, Tumblr, Telegram oder Imageboards wie 4chan vertreten und sollen vor allem bisher unbedarfte User erreichen, die sich von der Bildsprache der Memes und GIFs  angesprochen fühlen. Fashwave-Musik mit Titeln wie Titel wie „Revolt against the modern world“, „Make democracy history” oder „Return of the right” wird auf YouTube oder Spotify angeboten und besteht beispielsweise aus Synth- oder Technomusik, die mit den Reden von Rechtsextremen unterlegt ist.

Subkulturell angelehnte Online-Hasspropaganda erreicht subtil und oft unentdeckt neue Zielgruppen im Netz und führt sie an antidemokratische Ideologie heran. Der de:hate-Report „Fashwave – Rechtsextremer Hass in Retro-Optik“ erklärt, wie Pädagog:innen, Eltern oder Social Media Teams reagieren können und wie sich betroffene Subkulturen gegen die Vereinnahmung durch Rechtsextreme wehren können.

Publikationen

de:hate report 1 # Monitoring rechts-alternativer ­Medienstrate

Fashwave

Rechtsextremer Hass in Retro-Optik – de:hate report #02

Ausgabe vergriffen PDF

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