Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Interview

„5 Fragen an“ Theaterregisseur und Autor Kevin Rittberger

Kevin Rittberger ist Theaterregisseur und Autor. Mit oft eigenen Texten und Rechercheprojekten arbeitete er unter anderem am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, am Deutschen Theater Berlin und am Staatstheater Stuttgart. Im Rahmen seines künstlerischen Engagements setzt er sich gegen die Normalisierung des Rechtsradikalismus und für Diversität auf der Bühne ein – und wird dafür von der AfD angefeindet.

Das Interview ist eine gekürzte Version des Interviews in der Handreichung Demokratie verteidigen – Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD.

Welche Strategie verfolgt die Partei mit ihren Angriffen auf Kulturprojekte?

Nicht nur die Absetzung, auch die sechs mitwirkenden Schauspieler*innen sollten entlassen werden! Es geht um eine permanente Einschüchterung und Zermürbung. Die kurzfristige Strategie der AfD ist, sich samt „Volk“ als vom Kulturmainstream ausgeschlossen, unterrepräsentiert und angefeindet darzustellen.

Und was ist die langfristige Strategie?

Die Verschiebung der Diskurse nach rechts, wenn sich nun in der Mitte der Gesellschaft Akteure darüber streiten, ob das Reden mit Rechtsradikalen hilfreich ist oder nicht, und ob es denn nicht verständlich sei, eine kulturelle Reinheit schützen zu wollen. Wenn sich viele nun reaktiv der Agenda der sogenannten „Neuen“ Rechten zuwenden, geraten wichtigere Themen ins Hintertreffen: Armut, bezahlbarer Wohnraum, Bewegungsfreiheit, Klimagerechtigkeit.

Die Diskussion darüber, ob man die AfD und Akteure der sogenannten „Neuen“ Rechten zu Veranstaltungen einlädt, kommt gerade im Kulturbereich immer wieder auf. Was ist Ihre Antwort?

Ich habe eine klare Haltung: keine Bühne der AfD. Und wenn sich die Bühne bereits aufgetan hat, also Akteure eingeladen wurden, dann kritisiere ich die Einladungen. Ich bin der Meinung, dass nur eine wahre Pluralisierung des Diskurses etwas zur Politisierung der Öffentlichkeit beiträgt. Die AfD schränkt den Diskurs hingegen ein.

Mit ihren Forderungen nach Subventionskürzungen greift die AfD die Kunstfreiheit gezielt an. Was raten Sie betroffenen Kulturbetrieben?

Sich überregional vernetzen, etwa über die Kanäle der „Vielen“, solidarische Zusammenhänge knüpfen. Sich nicht einschüchtern lassen. Sich nicht zermürben lassen, gerade weil das Problem jahrelang und ausdauernd angegangen werden muss. Die Mittel des Rechtsstaats geltend machen, auch wenn dieser zum Beispiel beim NSU versagt hat.

Kunst und Kultur spiegeln, kommentieren und kritisieren die Gesellschaft. Wie sollte der Kulturbetrieb mit dieser Rolle und seinen Möglichkeiten umgehen?

Als Künstler*innen und Kulturschaffende müssen wir klarmachen, dass uns die kulturelle Fantasie nicht abgewürgt wird, auch wenn uns das Wasser durch Drohgebärden, Anfeindungen und die tatsächliche Gewalt seitens der radikalen Rechten bis zum Hals steht.


Mit der Handreichung Demokratie verteidigen – Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD will die Amadeu Antonio Stiftung all jene unterstützen, die von Angriffen der AfD betroffen sind. Die Handreichung gibt Engagierten in Zivilgesellschaft, Medien, Kunst, Parlamenten, Bildung und anderen Bereichen Informationen und praxiserbrobte Handlungsempfehlungen für die Auseinandersetzung mit der radikalen Rechten an die Hand.

Publikationen

Weiterlesen

Christopher W Beitragsbild
Todesopfer rechter Gewalt

Sächisches Innenministerium macht homofeindlichen Foltermord nachträglich unsichtbar

Am 17. April 2018 wird der 27-jährige Christopher W. von drei Rechtsextremen aus queerfeindlichen Motiven brutal gefoltert und umgebracht. Das sächsische Innenministerium erfasst Christopher W. 2019 zunächst als Todesopfer rechter Gewalt in der Statistik politisch motivierter Gewalt. Eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel enthüllt nun, dass diese Einstufung seit November 2024 nicht mehr gilt.

505388207-1280x720
Kommentar

Strategie: Warum die Demokratie ein Projekt2029 braucht

Die Erfolge von Donald Trump und der AfD erfordern eine strategische, resiliente und breite Antwort der demokratischen Zivilgesellschaft. Ein „Projekt 2029“ kann Vision, Plattform und Koordination dafür liefern – als Gegenentwurf zum „Project 2025“ der Heritage Foundation – ein Plädoyer von unserem Vorstand Timo Reinfrank.

Design ohne Titel
Neuerscheinung

Antisemitismus und Verschwörungserzählungen erkennen und entkräften

Antisemitismus und Verschwörungserzählungen haben besonders in Zeiten gesellschaftlicher Unsicherheit Konjunktur. Das Entschwörungsquartett ermöglicht eine interaktive Auseinandersetzung mit Verschwörungsnarrativen – sowohl für Menschen mit Vorkenntnissen als auch für jene, die sich erstmals mit Antisemitismus und Verschwörungsdenken befassen.

Mitmachen stärkt Demokratie

Engagieren Sie sich mit einer Spende oder Zustiftung!

Neben einer Menge Mut und langem Atem brauchen die Aktiven eine verlässliche Finanzierung ihrer Projekte. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung für Demokratie und Gleichwertigkeit.