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Gute Nachrichten

“Es reicht, es muss sich gehörig was ändern!” Die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus 2021 starten

Mit 150 Veranstaltungen in allen Bundesländern und digital sowie einer bundesweiten Plakat- und Online-Kampagne machen die Aktionswochen in den kommenden Wochen auf den alltäglichen Antisemitismus aufmerksam und machen deutlich: Es reicht! Es muss sich gehörig was ändern! 

Seit 2003 und auch in diesem Jahr machen die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus mit einer bundesweiten Kampagne und zahlreichen Veranstaltungen den antisemitischen Alltag in Deutschland sichtbar, zeigen Möglichkeiten auf, was dagegen zu tun ist und unterstützen die Zivilgesellschaft in ihrem tagtäglichen Kampf gegen Antisemitismus.

Aber nach den Anschlägen in Halle und Hanau, nach den massiven antisemitischen Ausschreitungen der letzten Jahre im Mai 2021 unter dem Deckmantel der “Israelkritik” und auch nach zahlreichen Versuchen, die Errungenschaften der Anti-Antisemitismusbekämpfung rückgängig zu machen und einen Schlussstrich zu ziehen, lautet die Botschaft in diesem Jahr: machen und einen Schlussstrich zu ziehen, lautet die Botschaft in diesem Jahr: Ja, wir machen endlich Schluss. Schluss mit Antisemitismus und Schluss mit Shalom Deutschland: mit den Phrasendrescher:innen, die große Sonntagsreden schwingen und sich bei konkreten Handlungen zurückhalten, Schluss mit Goysplainer:innen, die Jüdinnen:Juden erklären, was Antisemitismus ist und auch Schluss mit den Israelkritiker:innen, die angeblich nichts gegen Juden haben, aber Israel von der Landkarte tilgen wollen.

Und das alles im Jahr 2021, eigentlich einem Festjahr: Gefeiert werden 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Die Stimmung wird aber getrübt. 2021 ist ein Festjahr mit Beigeschmack. Gleichzeitig waren aber auch die 1699 Jahre jüdisches Leben in Deutschland vor der Corona-Pandemie – gelinde gesagt – nicht einfach. Denn Antisemitismus hat eine lange Geschichte, Verfolgungen, Vertreibungen, Morde prägen die deutsch-jüdische Geschichte.

Vielleicht ist das Festjahr aber auch gerade durch die aktuelle Gleichzeitigkeit von alltäglichem Antisemitismus und resilientem jüdischem Leben repräsentativ für die letzten 1700 Jahre: Ja, es gibt jüdisches Leben in Deutschland, es gibt jüdische Perspektiven und es gibt auch Verbündete, die sich gegen Antisemitismus engagieren, trotz alledem. Deshalb senden die Aktionswochen gleichzeitig ein <3 Shalom Deutschland <3 an diejenigen, die tagtäglich gegen diesen Antisemitismus kämpfen. Wir brauchen Standhafte und Verbündete, – wie euch – mit denen wir Schulter an Schulter gegen Antisemitismus stehen und ohne die wir unsere Arbeit nicht machen könnten.

Aus Gesprächen mit v.a. jüdischen Netzwerk- und Kooperationspartner:innen wurde diese Stimmung deutlich und floss in die Kampagnengestaltung mit ein. “Es reicht, es muss sich gehörig was ändern!“, erläutert der Projektleiter der Aktionswochen Nikolas Lelle. “Nach Hanau, nach Halle, nach antisemitischen Ausschreitungen darf sich niemand ausruhen und denken, wir hätten Antisemitismus im Griff. Es muss mehr passieren. Die jüdische Community findet sich zwischen Lobhudelei und Ignoranz wieder.” Das Ziel der Aktionswochen ist es also weiterhin den jüdischen Perspektiven Sichtbarkeit zu verschaffen. “Wo Anschläge wie Halle erst Monate her sind, kann Harmonie auf Knopfdruck keine Realität sein. Stattdessen blicken wir auf die Praktiken jüdischer Widerständigkeit, die jüdisches Leben in diesem Land überhaupt erst ermöglicht haben”, erläutert Lelle.

Diese Haltung spiegelt sich nicht nur in der Plakat- und Online-Kampagne, sondern auch in zahlreichen Kooperationsveranstaltungen, die im Rahmen der diesjährigen Aktionswochen stattfinden:

Eine Übersicht der weiteren Veranstaltungen, Hintergrundtexte zu den Plakaten, und erschienenen Publikationen im Rahmen der diesjährigen Aktionswochen finden Sie hier: www.shalom-deutschland.de

Bei Fragen wenden Sie sich an: aktionswochen@amadeu-antonio-stiftung.de

Stellungnahme

Die Bedrohungen gegen Jasmina Kuhnke sind Angriffe auf die Zivilgesellschaft

Die Schwarze Aktivistin und vierfache Mutter Jasmina Kuhnke setzt sich unter dem Social Media Synonym Quattromilf seit Jahren unentwegt und entschlossen gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit ein. Nun wurde ihre Adresse mit den Worten „Massakriert Jasmina Kuhnke“ veröffentlicht. Dies zwang sie und Ihre Familie aus der eigenen Wohnung zu fliehen und unterzutauchen.

Aktivist*innen, Politiker*innen und Organisationen, die offen die Zivilgesellschaft und demokratische Werte verteidigen, waren schon immer Ziel und Opfer von rechten Hetzkampagnen. Doch seit einigen Jahren müssen wir beobachten, wie sich menschenfeindliche Sprache im Netz derart etabliert, dass Menschen von Rassist*innen und der extremen Rechten offen bedroht und sogar körperlich angegriffen werden.

Die Verteidigung von Menschenrechten und Aktionen, sind schon Anlass für Hass und Hetze. Dabei werden Menschen, nach dem Geist des Grundgesetzes, die für die Demokratie und das Gleichwertigkeitsprinzip einstehen, zum Feindbild gemacht.

Insbesondere Frauen werden besonders häufig attackiert und gelten den Angreifer*innen als Dorn im Auge: Das Frauenbild der extremen Rechten reagiert besonders hasserfüllt auf Frauen, die sich für emanzipatorische Werte engagieren.

Ein aktuelles und besonders brutales Beispiel ist die Markierung der Frau und Mutter Jasmina Kuhnke als Zielscheibe. Nach dem jahre langem Engagement der Schwarzen Aktivistin, wurde sie nicht nur rassistisch und antifeminitsich attackiert, ihre Adresse wurde veröffentlicht und schließlich erhielt sie Morddrohungen mit dem Aufruf „Massakriert Jasmina Kuhnke“. Daraufhin musste sie mit ihrer sechsköpfigen Familie fluchtartig ihre Wohnung verlassen und schließlich umziehen. Dabei musste sie nicht nur die gesamten Kosten des Unttertauchens zahlen, sondern ebenso die Anwält*innen zur Verfolgung der Straftaten und zur Durchsetzung des Polizeischutzes.

Als seien die Anfeindungen der extremen Rechten nicht genug, kamen im Falle von Jasmina Kuhnke auch noch rechtskonservative Medien hinzu, die durch Behauptungen wie „der Kampf gegen Rassismus sei für Betroffene und Unterstützer*innen zum lukrativen ‚Geschäftsmodell‘ geworden“, die Wut und Gewaltphantasien jener Personen befeuerten, die nur allzu bereit waren Worten auch Taten folgen zu lassen.

Besonders skandalös ist, dass die Polizei die Bedrohung nicht ernst genommen und Hilfe abgelehnt hat. Es kann nicht sein, dass engagierte Personen wie Jasmina Kuhnke vom Staat nicht beschützt werden. Es sollte nach den Fällen von Hanau, Halle und dem Mord an Walter Lübcke auch der Polizei bekannt sein, dass Rechtsextremist*innen durchaus dazu in der Lage sind, Menschen zu töten. Diese unterlassene Hilfeleistung ist sowohl ein Skandal gegenüber Jasmina, aber auch gegenüber allen, die sich gegen Rechtsextremismus exponieren.

Doch Aktivist*innen wie Jasmina Kuhnke sind keine Opfer, sie sind Held*innen. Auch weil sie und viele andere aktivistische Mütter nicht nur sich selbst schützen müssen, sondern ebenso die Sicherheit ihrer Familien verantworten, ist der Schutz dieser tapferen Frauen auch unsere Verantwortung.

Deshalb unterstützen wir den Spendenaufruf unter dem Motto „SHEROES Fund“, die Aktivist*innen wie Jasmina Kuhnke unterstützen soll, die durch das fluchtartige Untertauchen, die Finanzierung von Anwält*innen und den zeitgleichen Umzug Kosten von 50.000€ tragen musste. Nachdem das Fundraising-Ziel von 50.000 € für die Unterstützung von Jasmina Kuhnke erreicht ist, soll der “Sheroes Fund” ebenso andere Sheroes unterstützen.

Sie und viele andere Sheroes werden nicht die Letzten sein, die im Kampf gegen Menschenfeindlichkeit Bedrohungen erfahren werden und keine von ihnen sollte allein gelassen werden. Deshalb rufen wir jede Person dazu auf, den Aufruf mitzutragen und zu spenden!

Unter dem Link finden Sie den Spendenaufruf und die Beschreibung zu Jasmina Kuhnkes Situation.

https://www.betterplace.org/de/projects/93203-deine-spende-fuer-shero-jasmina-kuhnke

Illustrationscredits: Beno Meli

Stellungnahme

Zum Safer Internet Day 2021: Für ein Internet, in dem sich alle sicher fühlen!

Verschwörungsideologien in Sozialen Netzwerken mobilisieren Menschen. Der “Sturm auf das Kapitol” in den USA und ein halbes Jahr davor der „Sturm auf den Reichstag“ hier in Berlin haben das gezeigt. Online-Hetze, Desinformation und Radikalisierung kann sehr reale und tödliche Folgen haben. In Christchurch, Neuseeland, tötete im Januar 2019 ein online radikalisierter Täter 51 Menschen und streamte die Tat live in Sozialen Netzwerken. Und es gab Folgetaten: die Attentate von Halle im Oktober 2019 und Hanau im Februar 2020 sind Beispiele dafür.

Neben Facebook, Youtube und Co. ist besonders Telegram ein Hotspot für die Verbreitung von Verschwörungsmythen und die Markierung von politischen Feind*innen. Was dieses hybride Medium besonders macht: Es gibt so gut wie kein Handeln der Betreiber*innen – keine Moderation, keine Sperrungen, keine Löschungen. In Kanälen mit zum Teil mehr als 100.000 Abonnent*innen, verbreiten Akteur*innen der extremen Rechten und Verschwörungsideolog*innen die Adressen von politischen Gegner*innen oder ihre Dienstanschriften. Wir wissen, dass sich Berliner Jüdinnen und Juden von den Inhalten in Atilla Hildmanns Telegram-Kanal mit rund 114.000 Abonnent*innen bedroht fühlen.

Was macht digitale Gewalt mit den betroffenen Organisationen und Einzelpersonen?

Menschen, die von solchen Anfeindungen betroffen sind, ziehen sich zurück, äußern sich weniger in Sozialen Netzwerken. So sind engagierte Frauen besonders häufig von misogynen Attacken betroffen. Die Täter veröffentlichen Telefonnummern, Mailadressen und private Anschriften – wir sprechen hier von „Doxing“. Viele Betroffene lassen sich dazu drängen, ihre Social Media-Profile zu schließen oder geben beispielsweise ihren Beruf auf. So ein Rückzug bedeutet: Den Betroffenen wird ein Teil ihres Lebens- und Informationsraums genommen. Die Folgen können wie bei anderen Gewalterfahrungen traumatisch sein. Sie reichen von Stress, Angst, Unruhe bis hin zu Depressionen und Suizidgedanken. Doch auch erzwungene Umzüge oder Arbeitsplatzverluste sind sehr konkrete, schwerwiegende Lebensveränderungen – selbst wenn es nicht zu offline-Gewalt kommt.

Was sind die Auswirkungen für unsere Gesellschaft als Ganze?

In einer Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft von 2019 haben 44% der Berliner Befragten angegeben, dass sie wegen drohender und tatsächlicher Hasskommentare seltener ihre politische Meinung bei Diskussionen im Internet einbringen. Auf Organisationsebene ist es übrigens so, dass zum Beispiel ganze Medienhäuser ihre Kommentarfunktion auf Plattformen oder ihrer Website abschalten. Hassrede ist somit eine Einschränkung der Meinungsvielfalt: Denn die Stimmen von marginalisierten und diskriminierten Gruppen fehlen zunehmend. So verschieben sich auch gefühlte Mehrheiten im Land.  Denn wenn sich ganze Gruppen von besonders häufig angefeindeten Menschen aus Angst von Diskussionen zurückziehen, fehlt ihre Perspektive. Das ist für die Meinungsvielfalt besonders deshalb problematisch, weil die Stimmen marginalisierter Gruppen schon per Definition im Diskurs unterrepräsentiert sind. Wir müssen daher gegensteuern.

Was können Zivilgesellschaft, Politik und Strafverfolgung tun?

Aus Sicht der Betroffenen ist bei strafbaren Inhalten ein schneller zuverlässiger Schutz und effiziente Strafverfolgung am Wichtigsten. Wir empfehlen deshalb, Ansprechpersonen zum Thema Digitale Gewalt bei Polizei und Staatsanwaltschaft zu benennen. An sie könnten sich Betroffene und Zivilgesellschaft wenden. Sinnvoll ist ebenso, wenn das Land Berlin eine Ansprechperson zu digitaler Gewalt benennt. Diese könnte eine Brückenfunktion zwischen Politik, Verwaltung, Strafverfolgung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft bilden.

Wir empfehlen, dass die Polizei proaktiv entsprechenden Kanäle, z.B. bei Telegram in Form von Online-Streifen in den Blick nimmt, auch um mögliche zukünftige Anschläge zu verhindern. Das wird aber nicht reichen: Online-Communities mit radikalisierenden Dynamiken gibt es im Internet überall. Es gibt aber auch überall Menschen, denen solche Aktivitäten auffallen. Bitte nehmen sie deren Warnungen ernst. Dafür ist aus unserer Sicht wichtig, dass Mitarbeitende aller Polizeidienststellen für das Thema digitale Gewalt sensibilisiert werden.

Transparenz und Wirksamkeit von Meldewegen verbessern: Viele Menschen wissen nicht, dass sie Online Anzeigen erstatten oder hetzerische Kommentare melden können. Hier benötigt es weitere Aufklärung. Zur Verbesserung der Prozesse empfehlen wir eine wissenschaftliche Evaluation.

Gegen Diskriminierung in digitalen Räumen hilft am Effektivsten zivilgesellschaftliche Präventionsarbeit und Bildung. Deshalb bietet unser Projekt Workshops zu Gegenrede und Moderation an. Darüber hinaus braucht es aus unserer Sicht Digital Streetwork, also die 1-zu-1-Ansprache von radikalisierungsgefährdeten Personen.

Digitale Räume dürfen nicht als etwas betrachtet werden, das getrennt von der Offline-Welt funktioniert. Für Täter*innen wie Betroffene sind digitale Räume ein ganz normaler Lebensraum, der sich mit dem Offline-Bereich verschränkt. Menschenfeindlichkeit im digitalen Raum hat Auswirkungen auf die offline-Welt und andersherum. Betroffene von digitaler Gewalt verdienen die gleiche Anerkennung, Schutz und Unterstützung wie andere Gewaltopfer.

Das Internet muss endlich ein Ort werden, an dem sich alle Menschen sicher fühlen!

Unser Mitarbeiter Oliver Saal vom Projekt „Civic.net – Aktiv gegen Hass im Netz“ war am 20. Januar 2021 als Sachverständiger zur öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz beim Berliner Abgeordnetenhaus eingeladen. Dies ist die gekürzte und redigierte Version seiner Rede.

Seit 2004 findet jährlich im Februar der internationale Safer Internet Day (SID) statt. Über die Jahre hat sich der Aktionstag als wichtiger Bestandteil im Kalender all derjenigen etabliert, die sich für Online-Sicherheit und ein besseres Internet engagieren.

Stellenausschreibung

Gesucht: Studentische*r Mitarbeiter*in Stiftungskommunikation

Auschreibung Demokratiktok
Stellenausschreibung Demokratiktok - Frau mit Smartphone in der Hand

Werde Teil einer lokal, regional und bundesweit agierenden Stiftung, die sich erfolgreich für die demokratische Zivilgesellschaft, eine menschenrechtsbasierte demokratische Kultur und für Betroffene rechter Gewalt einsetzt! Die Amadeu Antonio Stiftung sucht für ihren Standort in Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n studentische*n Mitarbeiter*in Stiftungskommunikation (15 h / Woche).

Über uns
Die Amadeu Antonio Stiftung engagiert sich seit 1998 für eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Benannt nach Amadeu Antonio, einem der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung, setzen wir uns konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.
Dafür unterstützen wir schnell und unbürokratisch lokale Initiativen und Projekte vor Ort, sensibilisieren die Öffentlichkeit, analysieren aktuelle Entwicklungen und entwickeln effektive Strategien, um demokratische Werte zu stärken und Menschenrechte zu schützen. Dabei stehen wir solidarisch an der Seite der Betroffenen und tragen ihre Anliegen in Gesellschaft und Politik.

Die Stiftungskommunikation der Amadeu Antonio Stiftung ist eine zentrale Schnittstelle, an der die Expertise der verschiedenen Bereiche der Stiftung gebündelt und kommuniziert wird. Die Kommunikation zielt darauf ab, über die eigene operative Tätigkeit sowie die von der Stiftung im Rahmen ihrer Projektförderung unterstützten Projekte und Initiativen zu informieren und das Bewusstsein für die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft zu schärfen. Sie unterstützt die strategische Kommunikation der Stiftung mit der Öffentlichkeit, den Medien und anderen Interessengruppen, um ihre Ziele und Aktivitäten zu verbreiten, Partnerschaften zu fördern und für ihre Anliegen zu sensibilisieren. Mit Pressemitteilungen, Policy Papern, Social Media, Newsletter und Website hilft die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung, eine breite Zielgruppe zu erreichen und Unterstützung für das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Menschenfeindlichkeit und für eine starke Demokratie zu gewinnen.

Als studentische*r Mitarbeiter*in unterstützt Du die alltägliche Arbeit der Stiftungskommunikation. Du unterstützt das Team durch selbstständige Recherchen, das Verfassen von Texten sowie bei administrativen und strukturellen Aufgaben. Wir freuen uns auf Dich!

Deine Aufgaben

  • Recherchearbeit für strategische Kommunikationsprodukte im Bereich Demokratieschutz und Rechtsextremismus
  • Unterstützung bei der Medienarbeit und bei der Contentproduktion für Social Media
  • Organisatorische Hilfe bei Workshops, Meetings und internen Abläufen
  • Pflege von Partnerkontakten und Unterstützung im Netzwerkmanagement und -aufbau.
  • Weitere flexible Unterstützung bei Aufgaben der Projektumsetzung

Dein Profil

  • Du hast schon erste Vorerfahrungen im Arbeitsfeld Demokratieschutz und/oder Rechtsextremismus
  • Du hast Interesse an und idealerweise erste Erfahrungen in (politischer) Kommunikationsarbeit und kannst begeisternd kommunizieren
  • Du formulierst aktivierend, sicher und zielgruppenspezifisch in Wort und Schrift und hast Freude an der Arbeit mit Sprache und Medien
  • Du bist zuverlässig, agil und hast Lust, dich in einem kleinen, motivierten Team aktiv einzubringen
  • Du bringst idealerweise erste Erfahrungen mit Social Media und Design in Canva mit

Wir bieten dir

  • Einblicke in Kampagnenarbeit und strategische Kommunikation
  • Inspirierendes Team: Ein hochmotiviertes, kompetentes und herzliches Team, das gemeinsam Großes bewegt.
  • Flexibilität, die zu dir passt: Flexible Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, inklusive Möglichkeiten zur mobilen Arbeit.
  • Attraktiver Arbeitsplatz: Ein zentral gelegener Standort in Berlin-Mitte mit hervorragender ÖPNV-Anbindung.
  • Persönliche Weiterentwicklung: Raum für deine berufliche und persönliche Entfaltung mit Fortbildungs- und Supervisionsangeboten.
  • Work-Life-Balance: Freizeitausgleich für jede Überstunde und 30 Tage Urlaub im Jahr (bei einer 5-Tage-Woche) sowie zusätzliche freie Tage am 24. und 31. Dezember.
  • Faire NGO-Vergütung:Eine Bezahlung angelehnt an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD, EG 2)

Die Stelle ist bis zum 30.06.2026 befristet. Eine anschließende Verlängerung wird angestrebt.

Das aktive Einbringen und Abbilden vielfältiger Expertisen, Perspektiven und Lebensrealitäten sind für unsere Arbeit essenziell. Um diese im Team abbilden zu können, bestärken wir insbesondere Juden*Jüdinnen, BIPoC, Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, LGBTQIA+, Sinti*zze und Rom*nja und Menschen mit Behinderung sich zu bewerben. Der Arbeitsplatz ist leider nicht barrierefrei.

Haben wir dein Interesse geweckt?

Dann bewirb dich bis zum 4. Mai 2025 per E-Mail: schicke deine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Kontaktangaben von zwei persönlichen Referenzen, Zeugnisse) zusammengefügt in einem PDF-Dokument (max. 4 MB) mit dem Betreff „Bewerbung Studentische*r Mitarbeiter*in Stiftungskommunikation“ an bewerbung@amadeu-antonio-stiftung.de.

Die Bewerbungsgespräche werden voraussichtlich in der Woche vom 12. Mai stattfinden.

Wende dich bei Fragen an Lorenz Blumenthaler lorenz.blumenthaler@amadeu-antonio-stiftung.de

Datenschutzhinweis

Die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens geschieht ausschließlich zweckgebunden und im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung. Alle Informationen zur Datenverarbeitung gemäß Art. 12 ff. DS-GVO finden Sie unter https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/datenschutz/

Todesopfer rechter Gewalt

Sächisches Innenministerium macht homofeindlichen Foltermord nachträglich unsichtbar

Der 27-jährige Christopher W. wird am 17. April 2018 von drei Rechtsextremen aus queerfeindlichen Motiven brutal gefoltert und umgebracht. Illustration: Moritz Stumm

2018 wird in Sachsen ein schwuler Mann von Rechtsextremen gefoltert und ermordet. Doch als Todesopfer rechter Gewalt gilt Christopher W. jetzt nicht mehr. 

Inhaltswarnung: Extreme Gewaltschilderung

Am 17. April 2018 wird der 27-jährige Christopher W. von drei Rechtsextremen aus queerfeindlichen Motiven gefoltert und umgebracht. Die Täter schlagen und treten auf ihn ein. Sie nutzen dafür u.a. eine abgebrochene Leuchtstoffröhre und zertrümmern seinen Schädel mit einer Tür. Das sächsische Innenministerium listet Christopher W. 2019 zunächst als Todesopfer rechter Gewalt in der Statistik politisch motivierter Gewalt-rechts (PMK-rechts). Eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel enthüllt nun, dass diese Einstufung seit November 2024 nicht mehr gilt.

Bis zur Unkenntlichkeit massakrieren die drei Neonazis ihr Opfer. Die Gerichtsfotos dokumentieren das unvorstellbare Ausmaß des Exzesses: Schädel und Kiefer sind zertrümmert, dort wo die Nase war, ist nur noch ein Loch zu sehen. Die drei Täter, 22, 22 und 26 Jahre alt, halten ihren Gewaltrausch fotografisch fest, teilen die Bilder in Whatsapp-Gruppen und prahlen mit der Tat. Sie kennen ihr Opfer. Christopher W. wohnte mit zwei der Täter, Terenc H. und Jens H., seit mehreren Jahren im selben Haus im sächsischen Aue, sie waren vermeintlich „befreundet“. Der dritte Täter, Stephan H., stieß erst einen Monat vor dem Mord zur Gruppe dazu.

Die „Freundschaft“ der vier jungen Männer beruht jedoch auf der Vorstellung einer grundlegend unterschiedlichen Gleichwertigkeit. Laut einem Bericht der taz behandeln die Täter Christopher W. wie einen Sklaven. Sie schickten ihn zum Klauen, sehen in ihm einen „Opfertypen“ und bezeichnen ihn als „schwach“. Oft kommt es auch zu Misshandlungen, sie brechen ihm die Nase und schneiden seinen Arm mit einem Cuttermesser auf. Wenige Tage vor dem Mord erfährt Stephan H., der Neuling in der Gruppe, von der Sexualität von Christopher W., der offen schwul lebt. H. macht kein Geheimnis aus seiner Homofeindlichkeit und findet „sowas ekelhaft“, heißt es im Urteil. Ein Zeuge sagt aus: „Das Verhältnis von H. zu Christopher war nicht so gut, weil Christopher schwul war. Er hat ,Du Schwuchtel, verpiss dich‘ gesagt. Es war ein Schwulenhass. An dem Tag, wo wir auf dem Postplatz standen, sagte er: ,Die Schwuchtel ist auch noch dran.’“

Christopher W. gilt als aufgeweckt und fröhlich. Er macht eine Ausbildung zum Koch. Ein paar Monate lang lebt er in einer festen Partnerschaft. Viel über sein Leben ist nicht in Erfahrung zu bringen: Seine Eltern sind verstorben, seine Stiefmutter möchte nicht über ihn oder die Ereignisse sprechen.

„Die Tat überschreitet meinen Verstand“

Die Polizei kann die drei Täter schnell ausfindig machen. Die Ermittlungen decken deren rechtsextreme Einstellung auf, die die Tat zu einem Gegenstand der politischen Kriminalstatistik machen. Der Mord wird infolgedessen dem Innenministerium gemeldet, Christopher W. wird 2019 als Todesopfer rechter Gewalt staatlich anerkannt.

„Diese staatliche Anerkennung war eine wichtige Entscheidung. Denn eine Entpolitisierung erschwert die Aufklärung von Straftaten und eine verbesserte Prävention“, erklärt Robert Lüdecke von der Amadeu Antonio Stiftung. „Es geht aber auch um eine würdige Erinnerung, außerdem hat die Einstufung als politisch motivierte Straftat auch ganz konkret materielle Auswirkungen für Opfer und Angehörige.“ Im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) haben sie rechtliche Ansprüche auf finanzielle Hilfe für Verdienstausfall, Schmerzensgeld oder Behandlungskosten. Die Stiftung dokumentiert im Rahmen ihrer Chronik der Todesopfer rechter Gewalt 220 Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung 1990, auch um die Abweichung zu den staatlich erfassten Fällen transparent zu machen und für die offizielle Anerkennung zu streiten. Lediglich 116 der 220 Tötungsdelikte wurden bislang seitens Behörden als politisch motiviert eingestuft, nun musste die Stiftung diesen Zähler auf 115 verringern.

Vor Gericht haben Staatsanwalt, Gutachter und die Richterin keine Worte zu Rechtsextremismus. „Die Tat überschreitet meinen Verstand“, sagt Staatsanwalt Stephan Butzkies in seinem Plädoyer. Dass gerade diese Nichterklärbarkeit des grausamen Tatverlaufs und der Tat selbst ein Hinweis auf ein rechtes Tatmotiv sein kann, kommt dem Staatsanwalt nicht in den Sinn. Die Täter sahen ihr Opfer als ungleich, schwach und lebensunwürdig an – Eine Wahrnehmung gefärbt von der sozialdarwinistischen Vorstellung der Ungleichwertigkeit von Menschen, die in brutale Gewalt gegen den „Volksfeind“ mündet.

Die polizeilichen Ermittlungen und Aussagen von Zeug*innen, die das Innenministerium zunächst dazu bewogen haben, die Tat als „rechtsmotiviert“ einzustufen, finden vor Gericht keine Beachtung. Ein psychiatrischer Gutachter wird zwar zu dem Fall hinzugezogen, er soll allerdings lediglich überprüfen, ob bei den Tätern psychiatrische Anomalien vorliegen. Ohne konkreten gerichtlichen Auftrag erklärt er, dass die Täter ein rechtes Motiv in der Befragung nicht angegeben haben. Die Täter kommen mit einem Totschlag-Urteil davon, ein niederes Tatmotiv wird ausgeschlossen.

Rechtsextreme Einstellung der Täter ist offensichtlich

Stephan H. erscheint zur Urteilsverkündung im Thor-Steinar-Shirt – einer Neonazi-Marke. H. ist der Polizei alles andere als unbekannt. Seine Sympathie mit dem Nationalsozialismus trägt er ganz offen zur Schau. Er fällt durch queerfeindliche Äußerungen auf, hört Rechtsrock in der Öffentlichkeit und hat auf seinen beiden Handrücken eine Variante des Hakenkreuzes tätowiert, die auch von der Neonazi-Organisation Blood and Honour genutzt wird. Auf Facebook postet er Reichskriegsflaggen, NS-Symbole und verherrlichende Inhalte zum Zweiten Weltkrieg. Die Wände in seinem Zimmer zieren Bilder von SS-Soldaten und ein Reichsadler mit Hakenkreuz. Seinem Ausbilder in der Werkstatt, in der er arbeitet, schenkt er einen selbst gebastelten Holzschlüsselanhänger in Form eines Hakenkreuzes.

Auch die anderen beiden Täter, Jens H. und Terenc H., haben zum Tatzeitpunkt über zwanzig Einträge in ihrer Polizeiakte, darunter auch rechtsextreme Straftaten. So fiel Terenc H. 2013 auf, weil er oberkörperfrei über einen Platz in Aue läuft, auf seiner Brust prangt ein Hakenkreuz. Ein Jahr später wirft Jens H. Glasflaschen auf einen älteren Mann, der ihn aufgrund seiner Tattoos und „Sieg-Heil“-Rufen zurechtgewiesen hatte. Auch Jens H. hat ein Hakenkreuz und SS-Runen tätowiert. 2017 wird die Polizei erneut auf die beiden Männer aufmerksam, weil sie antisemitische Parolen gegrölt haben sollen. Außerdem sind sie in zahlreiche andere Delikte wie Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Diebstahl, Betrug und Brandstiftung verwickelt.

Abgleich mit dem Gerichtsurteil führt zur Auslistung

Eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel vom 31. März 2025 deckt nun auf, dass das Innenministerium Christopher W. nach einem Abgleich der eigenen Statistik mit den dazugehörigen Gerichtsurteilen aus der staatlichen Statistik rechts-politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) wieder entfernt hat. Zwar „sehen die „bundeseinheitlichen Richtlinien des KPMD-PMK (…) keinen Abgleich mit der Justiz vor. Anlässlich von Anfragen hatte das Staatsministerium des Inneren (…) politische motivierte Tötungsdelikte dennoch (…) einem Abgleich bei der Justiz unterzogen.“, so das sächsische Innenministerium in der Antwort auf die Anfrage.

Das Innenministerium entscheidet sich abseits der Öffentlichkeit dazu, die eigene Expertise und Falldokumentation zu revidieren. Die „in den polizeilichen Ermittlungen identifizierten Nebenaspekte (Opfer: homosexuell, Täter: teils homophob und rechtsmotivierte Vorerkenntnisse)“ finden in der Neubewertung des Falls keine Berücksichtigung mehr. Eine Entscheidung, die das Vertrauen in die Objektivität und Verlässlichkeit der Erfassungskriterien der PMK-rechts schmälert.

„Nicht nachvollziehbar“ – Linke und Opferberatung kritisieren die Entscheidung

Juliane Nagel bezeichnet die Entscheidung in einer Pressemitteilung zur Kleinen Anfrage als „irritierend und nicht ansatzweise nachvollziehbar.“ „Vor dem Hintergrund des Falles und des Urteils erscheint mir die Entscheidung, hier weder von einer rechtsmotivierten noch von einer homofeindlichen Tat auszugehen, als komplett willkürliche Erfindung.“

Auch die Opferberatung SUPPORT des RAA Sachsen e.V. kritisiert ein  „völlig falsches Signal“. Hass, Hetze und Gewalt gehören für queere Menschen zum grausamen und feindseligen Alltag. Die wenigsten Betroffenen bringen die Vorfälle zur Anzeige. Die Dunkelziffer queerfeindlicher Gewalt ist nun wieder gewachsen. „Wir haben keine Zweifel an der bisher korrekten Einordnung der Tötung als politisch motivierte Gewalttat durch das LKA im Jahr 2019. Die Ausstufung ist angesichts der bekannten Fakten nicht nachvollziehbar“, meint auch Andrea Hübler, Co-Geschäftsführerin des RAA Sachsen e.V.

Die Ausstufung durch das sächsische Innenministerium ist ein politischer Akt und Ausdruck rechtsextremer Landnahme. Wo Rechtsextreme an Raum gewinnen, wird ihre Gewalt normal und kann entpolitisiert werden. Ein Schlag ins Gesicht für Betroffene und Angehörige.

Petition

Über 60.000 Stimmen für Demokratie – wir bleiben dran!

Über 60.000 Menschen haben unsere Petition „Regierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!“ unterzeichnet. Dieses starke Signal aus der Zivilgesellschaft war für uns als Amadeu Antonio Stiftung ein klares Mandat, zusammen mit vielen Partnern, aktiv in die politischen Verhandlungen einzugreifen. Wir haben Gespräche mit Abgeordneten und Parteivorständen geführt und unsere Forderungen gezielt in die Koalitionsgespräche eingebracht. Die hohe Zahl an Unterschriften war dabei ein starkes Argument – sie hat sichtbar gemacht, wie groß der Rückhalt für eine entschlossene Demokratiepolitik ist. Dafür möchten wir euch herzlich danken.

Einige unserer Kernforderungen haben Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden: Die Koalitionsparteien schließen jede Zusammenarbeit mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Kräften aus – ein wichtiges Signal in einer Zeit, in der Kommunalpolitiker*innen über Bündnisse mit der AfD nachdenken. Dass hier eine rote Linie gezogen wurde, ist auch euer Verdienst.

Auch der Schutz von Bürgermeister*innen, kommunalen Verantwortungsträger*innen und zivilgesellschaftlich Engagierten wird aufgegriffen: Die Ansprechstelle für bedrohte Mandatsträger*innen soll fortgeführt, Schutz verbessert und Strafverfolgung beschleunigt werden. Beim digitalen Hass plant die Koalition ein Gewaltschutzgesetz, das Plattformbetreiber stärker verpflichtet. Desinformation soll bekämpft und Medienkompetenz gestärkt werden – gemeinsam mit den Ländern.

Positiv ist zudem das klare Bekenntnis zur demokratischen Zivilgesellschaft: Programme wie „Demokratie leben!“ werden ausdrücklich benannt. Umso irritierender ist es, dass ausgerechnet dieses Programm erneut auf den Prüfstand gestellt werden soll – trotz nachgewiesener Wirksamkeit und zahlreicher Evaluationen. Solche Ankündigungen erinnern an vergangene politische Angriffe auf zivilgesellschaftliche Träger. Wer Demokratieförderung nicht konsequent stärkt, sondern sie unter Generalverdacht stellt, schwächt diejenigen, die unsere Demokratie täglich gegen rechtsextreme Angriffe verteidigen. Wir müssen deswegen weiter zusammen daran arbeiten, dass sich die neue zuständige Person im Familienministerium hinter die Träger und das Programm stellt.

Besonders kritisch sehen wir auch die migrationspolitische Rhetorik der Koalition. Mit Formulierungen, die auf Rückführung und Kontrolle setzen, wird eine Stimmung erzeugt, die letztlich nur der AfD nutzt. Wer versucht, mit rechtsextremen Kräften um die härteste Migrationspolitik zu konkurrieren, wird diesen Wettstreit nicht gewinnen – sondern verstärkt deren Deutungsmacht. Demokratische Parteien sollten sich nicht treiben lassen, sondern klare rechtsstaatliche Positionen beziehen.

Deshalb bleibt unsere Arbeit – und euer Engagement – weiterhin notwendig. Wir konnten gemeinsam erste Erfolge erzielen. Doch ohne anhaltenden Druck, kritische Begleitung, eure Stimme und Unterstützung wird sich wenig bewegen. Demokratie braucht uns alle.

Bitte bleibt dran: Informiert euch regelmäßig auf unserer Plattform Belltower.News über aktuelle Entwicklungen zu rechter Gewalt – und abonniert unseren Newsletter, um auf dem Laufenden zu bleiben.

Vielen Dank für eure Unterstützung – sie macht uns und vielen anderen Mut!

Kommentar

Strategie: Warum die Demokratie ein Projekt2029 braucht

(Quelle: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Die Erfolge von Donald Trump und der AfD erfordern eine strategische, resiliente und breite Antwort der demokratischen Zivilgesellschaft. Ein „Projekt 2029“ kann Vision, Plattform und Koordination dafür liefern – als Gegenentwurf zum „Project 2025“ der Heritage Foundation – ein Plädoyer, für mehr Wehrhaftigkeit und neue Allianzen unseres Vorstands Timo Reinfrank, Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung.

Die jüngsten politischen Erfolge rechtsextremer Bewegungen in Deutschland und den USA machen deutlich: Demokratie ist kein Selbstläufer. Mit dem Wahlsieg von Donald Trump im Jahr 2024 und der anschließenden Umsetzung des autoritär-nationalistischen „Project 2025“ der Heritage Foundation geraten demokratische Institutionen weltweit unter Druck. Das sogenannte Presidential Transition Project wurde von über 350 Autor*innen aus dem Umfeld libertärer und rechtsradikaler Thinktanks verfasst und zielt auf die vollständige Umgestaltung des US-Staatsapparats im Sinne des MAGA-Lagers.

Der Plan sieht vor, die Exekutive massiv zu stärken, als „illoyal“ geltende Regierungsangestellte durch Trump-treue Kader zu ersetzen und vermeintlich „kritische Institutionen“ wie Umweltbehörde, Justiz und Bildungsministerium gezielt zu schwächen. Seit Trumps Amtsantritt wurden viele Maßnahmen – nicht zuletzt dank Elon Musk – schneller als erwartet umgesetzt: Führungspositionen gingen an zentrale Figuren des Projekts – Klimawandel-Leugner*innen und christliche Nationalist*innen. Auch wenn rechtlich vieles noch angefochten wird, sind zahlreiche Behörden faktisch bereits arbeitsunfähig gemacht worden. Die Machtstrategie zielt auf totale Loyalität: Wer sich nicht unterwirft, wird öffentlich bloßgestellt, wirtschaftlich unter Druck gesetzt und aus dem politischen Raum gedrängt.

Die AfD und ihre völkischen Bestrebungen

Auch in Deutschland gewinnen völkisch-autoritäre Kräfte an Einfluss. Bei den Bundestagswahlen 2025 konnte die AfD ihren Stimmenanteil verdoppeln und zog als zweitstärkste Kraft in den Bundestag ein. Obwohl die Partei bislang keine ähnlich ausgearbeiteten Strategiepapiere wie die Heritage Foundation vorlegt, sprechen ihre Rhetorik, Framing und parlamentarische Praxis eine klare Sprache: Die Partei will das parlamentarische System delegitimieren und autoritär umbauen.

Die diffamierende Ausgrenzung politischer Gegner*innen als „Volksverräter“, die Verharmlosung der NS-Zeit sowie die Nähe zu verschwörungsideologischen Netzwerken sind keine Ausrutscher, sondern strategische Werkzeuge. Ziel der AfD ist nicht die Mitgestaltung, sondern die Ersetzung der Demokratie durch ein autoritäres Regime. Für die Rechtsextremen dient Russland dabei als ideologisches Vorbild eines autoritär geführten Nationalstaats, der „traditionelle Werte“ verteidigt, liberale Institutionen schwächt und als Gegengewicht zu westlicher Demokratie und transatlantischer Ordnung inszeniert wird. Rechtsextreme Akteur*innen aus Europa wie die Fratelli d’Italia oder der Rassemblement National, die auf bürgerliche Normalisierung und NATO-Treue setzen, verlieren im AfD-Milieu zunehmend an Attraktivität.

Projekt 2029: Eine zivilgesellschaftliche Antwort

Ein „Projekt 2029“ aus Perspektive der deutschen Zivilgesellschaft kann mehr sein als eine Reaktion – es ist ein notwendiger Schritt hin zu einer proaktiven demokratischen Erneuerung. Während autoritäre und rechtsextreme Kräfte gezielt an einem Staatsumbau arbeiten, braucht es auf Seiten der Demokratie langfristige Strategien, klare Leitbilder und gemeinsame Visionen.

Ein solches Projekt könnte die Vielfalt demokratischer Akteur*innen bündeln, eine positive Erzählung von Zusammenhalt stärken und Allianzen gegen autoritäre Entwicklungen fördern. Entscheidend ist, dass ein „Projekt 2029“ nicht nur als Abwehrstrategie gedacht wird, sondern als konstruktiver Entwurf für ein pragmatisches und widerstandsfähiges Gemeinwesen – getragen von einer breiten zivilgesellschaftlichen und parteipolitischen Allianz, um gemeinsam demokratische Antworten auf die drängendsten Probleme vor Ort zu finden.

Demokratische Resilienz gegen autoritäre Verschiebungen

Deutschland erlebt seit Jahren eine rechtsautoritäre Verschiebung des politischen Diskurses: Begriffe wie „Remigration“, die einst klar rechtsextrem konnotiert waren, werden heute öffentlich als migrationspolitische Position diskutiert, Schutzmaßnahmen für Minderheiten gelten in rechtsextremen Narrativen als „Umerziehung“, Medien und Justiz werden systematisch delegitimiert.

Diese Entwicklung untergräbt das Vertrauen in demokratische Institutionen und treibt die gesellschaftliche Polarisierung voran. Die Antwort darauf muss eine systematische Stärkung demokratischer Resilienz sein – durch politische Bildung, durch tragfähige demokratische Infrastruktur, durch Schutzräume für Engagierte und durch eine klare Rückendeckung aus Politik und Gesellschaft.

Resilienz bedeutet aber auch: die Verwaltung zu stärken, ihre Unabhängigkeit zu sichern und sie konsequent an Recht und Grundgesetz zu binden. Es braucht Reformen, die zentrale demokratische Institutionen – etwa Verfassungsgerichte, Wahlaufsicht oder Polizei- und Verwaltungsspitzen – aus dem parteipolitischen Tageskampf heraushalten und sie stattdessen an überparteiliche Normen und rechtsstaatliche Mindeststandards binden. Denn nur, wenn das Fundament stabil bleibt, kann die Demokratie auch in Krisen bestehen.

Demokratie modernisieren – neue Bündnisse schaffen

Ein Projekt 2029 darf sich nicht mit Verteidigung zufriedengeben – es muss Räume für demokratische Erneuerung eröffnen. Demokratie muss nahbarer, beteiligungsorientierter und zukunftsfähiger werden. Wie können neue Mitwirkungsformate, digitale Werkzeuge und kreative politische Bildung demokratische Räume öffnen? Wie lassen sich strukturell vernachlässigte Gruppen und Räume – junge Menschen, migrantische Communitys, ländliche Regionen – langfristig einbinden und stärken?

Zentral ist dabei die Frage, wer strategisch vermittelt: Zwischen NGOs, Wissenschaft, Kommunalpolitik, Medien und Parteien braucht es neue Knotenpunkte, mutige Brückenbauer*innen und koordinierte Allianzen. Demokratie ist nicht nur ein Regelwerk – sie muss ein gesellschaftliches Versprechen sein: auf Zugehörigkeit, Sicherheit und Mitgestaltung. Das erfordert klare Sprache – und verbindendes Handeln.

Demokratische Erneuerung braucht die gesellschaftliche Mitte

Ein Projekt 2029 wird nur dann erfolgreich sein, wenn es über die klassischen zivilgesellschaftlichen Milieus hinausreicht. Auch konservative, bürgerliche und liberale Stimmen müssen aktiv einbezogen werden. Viele Menschen aus diesen Spektren teilen Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Verantwortung, Gemeinsinn und Anstand – und lehnen die Radikalisierung durch rechtsextreme Akteur*innen entschieden ab.

Damit diese Gruppen sich beteiligen, braucht es Formate, die nicht moralisieren, sondern zuhören. Es braucht Räume der Verständigung, Institutionen des Vertrauens und Strategien, die Polarisierung vermeiden, ohne an Klarheit zu verlieren. Demokratie verteidigt man nicht nur gegen ihre Feind*innen – sondern gemeinsam mit denen, die sie manchmal still, aber entschlossen tragen.

Strategisch. Realistisch. Widerständig.

Autoritäre Projekte gewinnen nicht allein durch Stärke – sondern durch strategische Leerstelle auf Seiten der Demokrat*innen. Ein „Projekt 2029“ kann genau diese Lücke füllen: als Plattform für gemeinsame Ziele, als Ort für neue Allianzen, als Motor für gesellschaftliche Resilienz.

Es ist Zeit, die Verteidigung der Demokratie nicht nur als Pflicht, sondern als gemeinsame Zukunftsaufgabe der Demokrat*innen zu begreifen.

Stellenausschreibung

Gesucht: Community Manager*in

Werde Teil einer lokal, regional und bundesweit agierenden Stiftung, die sich erfolgreich für die demokratische Zivilgesellschaft, eine menschenrechtsbasierte demokratische Kultur und für Betroffene rechter Gewalt einsetzt! Die Amadeu Antonio Stiftung sucht für ihren Standort in Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n Community Manager*in mit Mitarbeit im Projekt Civic.net – Aktiv gegen Hass im Netz (30 Stunden / Woche).

Über uns

Die Amadeu Antonio Stiftung engagiert sich seit 1998 für eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Benannt nach Amadeu Antonio, einem der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung, setzen wir uns konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.

Dafür unterstützen wir schnell und unbürokratisch lokale Initiativen und Projekte vor Ort, sensibilisieren die Öffentlichkeit, analysieren aktuelle Entwicklungen und entwickeln effektive Strategien, um demokratische Werte zu stärken und Menschenrechte zu schützen. Dabei stehen wir solidarisch an der Seite der Betroffenen und tragen ihre Anliegen in Gesellschaft und Politik.

Deine Aufgaben

Als Community Manager*in trägst du maßgeblich dazu bei, die Stiftungskommunikation in den sozialen Netzwerken zu gestalten und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig arbeitest du auch im Projekt Civic.net – Aktiv gegen Hass im Netz mit, das zivilgesellschaftliche Organisationen in Berlin bei der Abwehr digitaler Anfeindungen unterstützt und ihre Resilienz gegen Shitstorms stärkt. Für Civic.net erstellst du innovative Social Media-Beiträge, die sich aus deinen Erfahrungen im Community Management speisen und Multiplikator*innen im Umgang mit Hate Speech den Rücken stärken.

  • Moderation und Community Management: Du moderierst in enger Abstimmung mit der Stiftungskommunikation, unseren Leitzielen und unserer Kommunikationsstrategie Kommentarspalten (Facebook, Linkedin, Instagram, Bluesky, TikTok etc.), beantwortest Anfragen und gehst mit koordinierten Anfeindungen souverän um (Shitstorm-Management).
  • Qualitätssicherung Community Management: Du entwickelst und erprobst innovative Maßnahmen und Strategien für die Interaktion mit den plattform-spezifischen Communities, darunter Community-Bindung/Aktivierung, Empowerment-Moderation und Gegenrede und dokumentierst die Learnings und Erfahrungen entsprechend.
  • Content-Erstellung: Du planst und gestaltest auf Basis der Learnings aus dem Community Management kreative Inhalte (Text- und Videocontent) für unsere Social-Media-Kanäle (z. B. Instagram, Bluesky, LinkedIn) und sorgst für einen wirkungsvollen Auftritt.
  • Monitoring & Analyse: Du behältst relevante Debatten, Trends sowie Diskursentwicklungen in Social Media im Blick und leitest daraus Handlungsempfehlungen ab.
  • Krisenkommunikation: Du arbeitest im Team proaktiv an zielführenden kommunikativen Strategien und Reaktionen.
  • Öffentlichkeitsarbeit und Sichtbarkeit für Civic.net: Du gestaltest die Projektkommunikation aktiv mit, indem du u. a. klassische PR-Maßnahmen umsetzt und passgenaue Beiträge erstellst, damit die Ziele und Angebote von Civic.net mehr Sichtbarkeit erhalten.

Dein Profil

Wir wissen, dass niemand alle Anforderungen zu 100 % erfüllt. Wenn du dich in den meisten Punkten wiederfindest und motiviert bist, dich in neue Bereiche einzuarbeiten, freuen wir uns auf deine Bewerbung.

  • Abgeschlossenes Hochschulstudium: Du hast einen Bachelor in Kommunikations-, Medien- oder Gesellschaftswissenschaften oder ähnlichen, vergleichbaren Disziplinen.
  • Mehrjährige Erfahrung in Social Media- und Community Management: Du hast bereits souverän Content-Strategien entwickelt, Kampagnen umgesetzt oder aktiv Community Management betrieben.
  • Kenntnisse im Themenfeld Rechtsextremismus, Hass im Netz und digitaler Zivilgesellschaft: Du bringst bereits Kenntnisse und Erfahrungen zu den Schwerpunktthemen der Amadeu Antonio Stiftung mit.
  • Starke Kommunikationsfähigkeit: Du formulierst sicher und zielgruppengerecht – ob für Social Media oder interne Abstimmungen.
  • Digital-Affinität: Du bewegst dich souverän auf den relevanten Plattformen der Stiftungskommunikation (z. B. Facebook, Instagram, Bluesky, LinkedIn, Tiktok).
  • Strukturierte und strategische Arbeitsweise: Du kannst Vorhaben eigenverantwortlich planen, koordinieren und termingerecht abschließen.
  • Hands-on-Mentalität & Flexibilität: Du unterstützt bei Bedarf auch andere Bereiche der Kommunikation (z. B. Social Media Content, Media Relations) und übernimmst neue Aufgaben proaktiv.
  • Krisenfest: Du bleibst auch unter Druck, resilient, handlungsfähig und findest Lösungen bei unerwarteten Ereignissen oder Online-Anfeindungen.
  • Teamplayer*in: Du legst Wert auf eine wertschätzende Zusammenarbeit, offene Kommunikation und fühlst dich in interdisziplinären Teams wohl.
  • Identifikation mit den Zielen der Stiftung: Du möchtest zur Stärkung einer demokratischen und menschenrechtsbasierten Zivilgesellschaft (auch online) beitragen und hast Lust, dich in unsere Programminhalte einzuarbeiten.

Wir bieten dir

  • Inspirierendes Team: Ein hochmotiviertes, kompetentes und herzliches Team, das gemeinsam Großes bewegt.
  • Flexibilität, die zu dir passt: Flexible Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, inklusive Möglichkeiten zur mobilen Arbeit.
  • Attraktiver Arbeitsplatz: Ein zentral gelegener Standort in Berlin-Mitte mit hervorragender ÖPNV-Anbindung.
  • Persönliche Weiterentwicklung: Raum für deine berufliche und persönliche Entfaltung mit Fortbildungs- und Supervisionsangeboten.
  • Work-Life-Balance: Freizeitausgleich für jede Überstunde und 30 Tage Urlaub im Jahr (bei einer 5-Tage-Woche) sowie zusätzliche freie Tage am 24. und 31. Dezember.
  • Faire NGO-Vergütung: Eine Bezahlung angelehnt an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD Bund, Entgeltgruppe 11)

Die Stelle ist bis 31.12.2025 befristet. Eine anschließende Verlängerung wird angestrebt.

Das aktive Einbringen und Abbilden vielfältiger Expertisen, Perspektiven und Lebensrealitäten sind für unsere Arbeit essenziell. Um diese im Team abbilden zu können, bestärken wir insbesondere Juden*Jüdinnen, BIPoC, Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, LGBTQIA+, Sinti*zze und Rom*nja und Menschen mit Behinderung sich zu bewerben. Der Arbeitsplatz ist jedoch leider nicht barrierefrei.

Haben wir dein Interesse geweckt?

Dann bewirb dich bis zum 11. Mai 2025 per E-Mail. Schicke deine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Kontaktangaben von zwei persönlichen Referenzen, Arbeitszeugnisse) zusammengefügt in einem PDF-Dokument (max. 4 MB) mit dem Betreff „Bewerbung – Community Manager*in“ an bewerbung@amadeu-antonio-stiftung.de.

Wir bitten, in der schriftlichen Bewerbung von Bewerbungsfotos und Angaben zu Alter, Familienstand sowie Kindern abzusehen. Bitte teile uns aber deine gewünschten Pronomen mit.

Wende dich bei Fragen gerne an Lorenz Blumenthaler (lorenz.blumenthaler@amadeu-antonio-stiftung.de).


Datenschutzhinweis

Die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens geschieht ausschließlich zweckgebunden und im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung. Alle Informationen zur Datenverarbeitung gemäß Art. 12 ff. DS-GVO findest du unter https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/datenschutz/

Stellenausschreibung

Gesucht: Bildungsreferent*in Net Citizens

Werde Teil einer lokal, regional und bundesweit agierenden Stiftung, die sich erfolgreich für die demokratische Zivilgesellschaft, eine menschenrechtsbasierte demokratische Kultur und für Betroffene rechter Gewalt einsetzt! Die Amadeu Antonio Stiftung sucht für ihren Standort in Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n Bildungsreferent*in für das Projekt Net Citizens (20h / Woche).

Über uns

Die Amadeu Antonio Stiftung engagiert sich seit 1998 für eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Benannt nach Amadeu Antonio, einem der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung, setzen wir uns konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.

Dafür unterstützen wir schnell und unbürokratisch lokale Initiativen und Projekte vor Ort, sensibilisieren die Öffentlichkeit, analysieren aktuelle Entwicklungen und entwickeln effektive Strategien, um demokratische Werte zu stärken und Menschenrechte zu schützen. Dabei stehen wir solidarisch an der Seite der Betroffenen und tragen ihre Anliegen in Gesellschaft und Politik.

Deine Aufgaben

Das Berliner Projekt Net Citizens verfolgt als primäres Ziel die Medienkompetenzstärkung von jungen Erwachsenen, damit diese GMF systematisch identifizieren und ablehnen können. Vor allem die Vermittlung eines konsequenten Umgangs mit Hass im Netz und die Identifizierung menschenfeindlicher Akteur*innen und toxischer Narrative stehen im Vordergrund. Unterschiedliche Formate werden mit Influencer*innen, Sozialarbeiter*innen und Schüler*innen umgesetzt.

Deine Aufgabenfelder umfassen dabei:

  • Konzeptionierung von Vorträgen und Workshops zum Thema Medienkompetenz und Hass im Netz
  • Durchführung von Qualifizierungsworkshops mit Influencer*innen, Sozialarbeiter*innen und Schüler*innen
  • Unterstützung und Beratung von Contentschaffenden auf Youtube, Twitch und Instagram bei der Erstellung von Inhalten
  • Monitoring von demokratischen und antidemokratischen Inhalten auf unterschiedlichen digitalen Plattformen
  • Zusammenarbeit mit anderen Digitalprojekten und Netzwerkarbeit

Dein Profil

  • Affinität für digitale Themen und Wissen über komplexe Entwicklungen und Zusammenhänge von online Welten
  • Grundkenntnisse bezüglich demokratischer und antidemokratischer Agitationen in Gaming-Spaces und auf Plattformen wie TikTok und Instagram
  • Erfahrungen im Bereich Medienpädagogik
  • Erfahrungen im Bereich Monitoring
  • Interesse für die Arbeit von Contentcreator*innen
  • Know-how bezüglich unterschiedlicher didaktischer Bildungsformate

Wir bieten dir

  • Inspirierendes Team: Ein hochmotiviertes, kompetentes und herzliches Team, das gemeinsam Großes bewegt.
  • Flexibilität, die zu dir passt: Flexible Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, inklusive Möglichkeiten zur mobilen Arbeit.
  • Attraktiver Arbeitsplatz: Ein zentral gelegener Standort in Berlin mit hervorragender ÖPNV-Anbindung.
  • Persönliche Weiterentwicklung: Raum für deine berufliche und persönliche Entfaltung mit Fortbildungs- und Supervisionsangeboten.
  • Work-Life-Balance: Freizeitausgleich für jede Überstunde und 30 Tage Urlaub im Jahr (bei einer 5-Tage-Woche) sowie zusätzliche freie Tage am 24. und 31. Dezember.
  • Faire NGO-Vergütung: Eine Bezahlung angelehnt an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TV-L11)

Die Stelle ist bis zum 31.12.2025 befristet. Eine anschließende Verlängerung wird angestrebt.

Das aktive Einbringen und Abbilden vielfältiger Expertisen, Perspektiven und Lebensrealitäten sind für unsere Arbeit essenziell. Um diese im Team abbilden zu können, bestärken wir insbesondere Juden*Jüdinnen, BIPoC, Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, LGBTQIA+, Sinti*zze und Rom*nja und Menschen mit Behinderung sich zu bewerben. Der Arbeitsplatz ist leider nicht barrierefrei.

Haben wir dein Interesse geweckt?

Dann bewirb dich bis zum 21.04.2025 per E-Mail. Schicke deine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Kontaktangaben von zwei persönlichen Referenzen, Arbeitszeugnisse) zusammengefügt in einem PDF-Dokument (max. 4 MB) mit dem Betreff „Bewerbung Net Citizens Bildungsreferent*in“ an bewerbung@amadeu-antonio-stiftung.de.

Wir bitten, in der schriftlichen Bewerbung von Bewerbungsfotos und Angaben zu Alter, Familienstand sowie Kindern abzusehen. Bitte teile uns aber deine gewünschten Pronomen mit.

Wende dich bei Fragen gerne an Mick Prinz – mick.prinz@amadeu-antonio-stiftung.de


Datenschutzhinweis

Die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens geschieht ausschließlich zweckgebunden und im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung. Alle Informationen zur Datenverarbeitung gemäß Art. 12 ff. DS-GVO findest du unter https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/datenschutz/

Stellenausschreibung

Gesucht: Studentische*r Mitarbeiter*in im Spendenservice

Werde Teil einer lokal, regional und bundesweit agierenden Stiftung, die sich erfolgreich für die demokratische Zivilgesellschaft, eine menschenrechtsbasierte demokratische Kultur und für Betroffene rechter Gewalt einsetzt! Die Amadeu Antonio Stiftung sucht für ihren Standort in Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n studentische*r Mitarbeiter*in im Spendenservice (20 Stunden / Woche).

Über uns

Die Amadeu Antonio Stiftung engagiert sich seit 1998 für eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Benannt nach Amadeu Antonio, einem der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung, setzen wir uns konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.

Dafür unterstützen wir schnell und unbürokratisch lokale Initiativen und Projekte vor Ort, sensibilisieren die Öffentlichkeit, analysieren aktuelle Entwicklungen und entwickeln effektive Strategien, um demokratische Werte zu stärken und Menschenrechte zu schützen. Dabei stehen wir solidarisch an der Seite der Betroffenen und tragen ihre Anliegen in Gesellschaft und Politik.

Deine Aufgaben

Fundraising spielt eine zentrale Rolle für die Arbeit der Amadeu Antonio Stiftung. Das Team verantwortet unter anderem die analoge und digitale Kommunikation mit Spender*innen, die Neugewinnung von Unterstützer*innen, die Bindung und Betreuung von Bestandsspender*innen, sowie die Verwaltung der Spenden und Kontakte in einer CRM-Datenbank. Das Fundraising-Team arbeitet im engen Austausch mit den Teams der Stiftungskommunikation, den Programmbereichen sowie der Finanzabteilung.

Als studentische*r Mitarbeiter*in im Spendenservice bist du vor allem für die Spendenadministration (u.a. Prüfung von Spender*innen-Daten auf Vollständigkeit und Integrität, Mithilfe bei der Verbuchung von Spenden) und Datenpflege (CRM-Datenbank) sowie die Kommunikation mit Spender*innen zuständig. Ein weiterer Arbeitsbereich umfasst die Mitarbeit an der Aufbereitung von Daten für das Berichtswesen. Wir freuen uns auf deine Bewerbung!

Deine Tätigkeiten

  • Spendenadministration, Datenpflege und Bearbeitung von Spender*innenanliegen in unserer Datenbank CiviCRM
  • Beantwortung von Spender*innenanliegen per E-Mail und Telefon, insbesondere Beantwortung von bekannten Sachverhalten und Erarbeitung von Vorschlägen zur Beantwortung neuer Sachverhalte
  • Versand von Einladungen und Materialien per Post
  • Mitarbeit an der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen
  • Bei Bedarf Unterstützung bei der vorbereitenden Buchhaltung oder weiteren organisatorischen Aufgaben

Dein Profil

  • Immatrikulation als Student*in
  • Sorgfältige, verantwortungsbewusste und eigenständige Arbeitsweise
  • Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit
  • Sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift
  • Strukturierte und verlässliche Arbeitsweise
  • Hohe Sensibilität für Datenschutz und vertrauliche Informationen
  • Sicherer Umgang und Spaß an der Arbeit mit Microsoft Excel und Word, Erfahrung in Datenpflege, CiviCRM oder anderen CRMs oder im Kundenservice sind von Vorteil

Wir bieten dir

  • Inspirierendes Team: Ein hochmotiviertes, kompetentes und herzliches Team, das gemeinsam Großes bewegt.
  • Flexibilität, die zu dir passt: Flexible Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, inklusive Möglichkeiten zur mobilen Arbeit.
  • Attraktiver Arbeitsplatz: Ein zentral gelegener Standort in Berlin-Mitte mit hervorragender ÖPNV-Anbindung.
  • Persönliche Weiterentwicklung: Raum für deine berufliche und persönliche Entfaltung mit Fortbildungs- und Supervisionsangeboten.
  • Work-Life-Balance: Freizeitausgleich für jede Überstunde und 30 Tage Urlaub im Jahr (bei einer 5-Tage-Woche) sowie zusätzliche freie Tage am 24. und 31. Dezember.
  • Faire NGO-Vergütung: Eine Bezahlung angelehnt an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD 2)

Die Stelle ist bis zum 31.05.2027 befristet. Eine anschließende Verlängerung wird angestrebt.

Das aktive Einbringen und Abbilden vielfältiger Expertisen, Perspektiven und Lebensrealitäten sind für unsere Arbeit essenziell. Um diese im Team abbilden zu können, bestärken wir insbesondere Juden*Jüdinnen, BIPoC, Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, LGBTQIA+, Sinti*zze und Rom*nja und Menschen mit Behinderung sich zu bewerben. Der Arbeitsplatz ist leider nicht barrierefrei.

Haben wir dein Interesse geweckt?

Dann bewirb dich bis 30.04.25 per E-Mail. Schicke deine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Kontaktangaben von zwei persönlichen Referenzen, Arbeitszeugnisse) zusammengefügt in einem PDF-Dokument (max. 4 MB) mit dem Betreff „Spendenservice“ an bewerbung@amadeu-antonio-stiftung.de.

Wir bitten, in der schriftlichen Bewerbung von Bewerbungsfotos und Angaben zu Alter, Familienstand sowie Kindern abzusehen. Bitte teile uns aber deine gewünschten Pronomen mit.

Wende dich bei Fragen gerne an Berit Lusebrink, berit.lusebrink@amadeu-antonio-stiftung.de.


Datenschutzhinweis

Die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens geschieht ausschließlich zweckgebunden und im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung. Alle Informationen zur Datenverarbeitung gemäß Art. 12 ff. DS-GVO findest du unter https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/datenschutz/

Offener Brief

Keine Demokratie ohne Informationen: SPD muss Informationsfreiheitsgesetz schützen

Anlässlich der Ankündigung der Unionsparteien in den Koalitionsverhandlungen, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) abschaffen zu wollen, fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis von den SPD-Vorsitzenden, die Informationsfreiheit zu schützen. 41 Organisationen, Vereine und Projekte aus Bereichen wie Menschenrechte, Transparenz und Journalismus wenden sich in einem öffentlichen Brief an Saskia Esken und Lars Klingbeil. Sie appellieren an die SPD-Vorsitzenden, Informationsfreiheit nicht zur Verhandlungsmasse zu machen.

Stattdessen sollte die nächste Bundesregierung die Auskunftsrechte der Öffentlichkeit mit einem Transparenzgesetz stärken. Angesichts einer erstarkenden autoritären Rechten und der wachsenden Präsenz der AfD im Bundestag brauche es eine resiliente Demokratie, einen transparenten Staat und eine Bundesregierung, die das Vertrauen seiner Bürger*innen nicht nur einfordert, sondern auch die notwendigen Bedingungen dafür schafft.


Sehr geehrte Saskia Esken, sehr geehrter Lars Klingbeil,
sehr geehrte Mitglieder des SPD-Parteivorstandes,

am vergangenen Mittwoch wurde öffentlich, dass die Unionsparteien fordern, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in der bisherigen Form abzuschaffen. Dies geht aus dem Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe 9 „Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung, moderne Justiz” unter dem Punkt der „Stärkung der repräsentativen Demokratie” hervor. Auch das Umweltinformationsgesetz möchte die Union laut der Arbeitsgruppe 11 „Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt” verschlanken.

Diese Forderungen der CDU und CSU haben wir mit Entsetzen aufgenommen. Wir als breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus 41 Organisationen, Vereinen und Projekten fordern Sie auf, Informationsfreiheit nicht zur Verhandlungsmasse zu machen und der Forderung der Union auf keinen Fall nachzugeben. Diesem Anliegen haben sich in den vergangenen Tagen auch mehr als 220.000 Menschen in einer Petition angeschlossen.

Seit Jahren setzen auch Sie sich für Informationsfreiheit und Transparenz ein und wissen um die Bedeutung des Informationsfreiheitsgesetzes. Das IFG sichert uns allen seit fast zwanzig Jahren das Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen und ist zu einem wichtigen Grundpfeiler unserer Demokratie geworden. Der freie Informationsfluss durch den Staat stärkt und belebt die Demokratie, weil er informierte und selbstbestimmte Partizipation ermöglicht. Nur wer Einblick in das Zustandekommen verbindlicher Entscheidungen hat, kann diese auch beeinflussen, vorausgesetzt, dass dazu passende demokratische Mittel – wie das Informationsfreiheitsgesetz – bereitstehen.

Das Informationsfreiheitsgesetz ermöglicht uns allen, staatliche Entscheidungen nachzuvollziehen und zu überprüfen, wodurch das Vertrauen in die Demokratie gestärkt wird. Wichtige politische Skandale wie die Plagiatsaffären um Karl-Theodor zu Guttenberg und um Franziska Giffey, Interessenkonflikte um die Klimastiftung MV und Nord Stream 2 und die Fördermittelaffäre im Bildungsministerium konnten aufgedeckt werden, sogar weitere Transparenzregelungen wie etwa der Beschluss des Bundeskabinetts, sämtliche Gesetzentwürfe und Lobby-Stellungnahmen zu veröffentlichen, folgten auf den Druck durch Informationsfreiheitsanfragen.

Ein Staat, der seine eigene Transparenz und Überprüfbarkeit durch die Öffentlichkeit abschafft, suggeriert, dass er etwas vor seinen Bürger*innen zu verbergen hat. Parlamentarische Kontrolle und Öffentlichkeitskontrolle sind kein Gegensatz – sie tragen gemeinschaftlich zum Vertrauen in die Demokratie bei. Eine Abschaffung des derzeitigen Informationsfreiheitsgesetzes, wie die Union sie fordert, ist darum auch eine Gefahr für die Demokratie und ein fatales Signal an alle Bürger*innen.

Als Teil der Ampel-Koalition haben Sie als SPD den Wähler*innen versprochen, sich für einen Ausbau der Auskunftspflicht von Behörden und ein Transparenzgesetz einzusetzen – also für eine stärkende Reform der gesetzlichen Informationsfreiheit. Eine Kehrtwende der SPD zur faktischen Abschaffung der Informationsfreiheit ist nicht hinnehmbar. Stattdessen brauchen wir mehr Transparenz. Einen entsprechenden Vorschlag für ein Transparenzgesetz hat die Zivilgesellschaft bereits 2022 vorgelegt.

Sie als SPD fordern im selben Papier der Arbeitsgruppe 9 die Fortsetzung von Dialogformaten wie Bürgerräten, eine Maßnahme, die Partizipation und Vertrauen in den Staat stärken soll. Eine starke Informationsfreiheit zahlt auf das gleiche Ziel ein. Mehr noch: Der Zugang zu verlässlichen faktenbasierten Informationen ist überhaupt erst die Voraussetzung, um sich beteiligen zu können.

Auch angesichts einer erstarkenden autoritären Rechten und der wachsenden Präsenz der AfD im Bundestag brauchen wir eine resiliente Demokratie, einen transparenten Staat und einen Bundestag, der das Vertrauen seiner Bürger*innen nicht nur einfordert, sondern auch die notwendigen Bedingungen dafür schafft. Transparenz und Informationsfreiheit sind Pfeiler der Resilienz gegen die autoritäre Rechte und müssen deshalb gestärkt statt weiter beschränkt werden. Offene Kommunikation verhindert Desinformation und Misstrauen.

Im weltweiten Vergleich steht das deutsche Informationsfreiheitsgesetz schlecht da. Von der GRECO, der Staatengruppe gegen Korruption des Europarates, wird es als mangelhaft beurteilt, im Right to Information Ranking der UNESCO liegt Deutschland auf Platz 127 von 140. Das IFG ist somit keineswegs – wie von den Unionsparteien behauptet – eine Zumutung für die deutsche Bürokratie, sondern müsste eher in Hinsicht eines Transparenzgesetzes gestärkt werden. Tiefgreifende Informationsrechte schaffen Transparenz – gerade auch unter Behörden – und Raum für Innovation.

Laut Medienberichten spricht Philipp Amthor nun davon, dass es nicht um eine Abschaffung, sondern eine „Neujustierung” des Gesetzes gehe. Dies „böte […] eine Chance auf Harmonisierung und auf ein neues Austarieren in Form von spezifischen Anwendungsbereichen”. Die hier genannte Harmonisierung bedeutet eine Harmonisierung nach unten, mit schwächeren Auskunftsrechten, die vor allem verhindern würde, dass – wie es das IFG garantiert – weiterhin Zugang zu Originaldokumenten besteht. Auch Philipp Amthors angekündigte Reform des IFG käme somit einer faktischen Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes gleich.

Wir fordern Sie darum auf:
Verteidigen Sie die Informationsfreiheit und akzeptieren Sie nicht, dass das IFG von der Union zur Verhandlungsmasse gemacht wird. Eine starke Demokratie zeichnet sich nicht durch Abschottung, sondern durch Vertrauen gegenüber den Menschen aus. Nur mit einem starken Informationsfreiheitsgesetz können Sie das notwendige Vertrauen in die Demokratie stärken.

Unterzeichnende Organisationen:

  • abgeordnetenwatch.de
  • AlgorithmWatch
  • Amadeu Antonio Stiftung
  • Amnesty International in Deutschland e.V.
  • Bayerischer Flüchtlingsrat e.V.
  • Blueprint for Free Speech e.V.
  • Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
  • Bürgerbewegung Finanzwende
  • Campact e.V.
  • chaos computer club
  • D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt
  • Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre
  • Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit e.V.
  • European Center for Constitutional and Human Rights e. V.
  • foodwatch e.V
  • FragDenStaat
  • Freischreiber e.V.
  • Goliathwatch e.V
  • Green Legal Impact Germany e.V.
  • Greenpeace
  • GRÜNE LIGA e.V.
  • Leavenoonebehind
  • LobbyControl e.V.
  • Mehr Demokratie e.V.
  • Netzwerk Klimajournalismus Deutschland e.V.
  • Netzwerk Recherche e.V.
  • Neue deutsche Medienmacher*innen e. V.
  • Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.
  • openPetition
  • Oxfam Deutschland e.V.
  • PowerShift e.V.
  • PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
  • Reporter ohne Grenzen e.V.
  • Sanktionsfrei
  • Sea-Watch e.V.
  • Selbstlaut Kollektiv
  • Sozialheld*innen (Sozialhelden e.V.)
  • Transparency International Deutschland e.V.
  • Umweltinstitut München e.V.
  • urgewald e.V.
  • Wikimedia Deutschland e.V.
Stellenausschreibung

Gesucht: Bildungsreferent*in für das Projekt „Entschwörung lokal – Bildungskooperationen gegen Desinformation und Verschwörungsideologien (ElBi)“

Werden Sie Teil einer lokal, regional und bundesweit agierenden Stiftung, die sich erfolgreich für die demokratische Zivilgesellschaft, eine menschenrechtsbasierte demokratische Kultur und für Betroffene rechter Gewalt einsetzt! Die Amadeu Antonio Stiftung sucht für ihren Standort in Leipzig zum 01.06.2025 eine*n Bildungsreferent*in im Projekt „Entschwörung vor Ort“ (20 h / Woche).

Die Amadeu Antonio Stiftung kämpft für eine starke Zivilgesellschaft, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Dafür unterstützt sie engagierte Initiativen und Projekte finanziell und ideell – schnell, unbürokratisch und dort, wo es am dringendsten benötigt wird. Zusätzlich macht die Stiftung auf menschenverachtende Dynamiken aufmerksam, analysiert diese, entwickelt effektive Gegenmaßnahmen und setzt diese zielgerichtet um. Die Amadeu Antonio Stiftung bleibt dabei stets solidarisch an der Seite der Betroffenen und trägt ihre Anliegen in die Gesellschaft und Politik.

ElBi klärt über Verschwörungsnarrative, ihre Hintergründe und Wirkungen auf und gibt Trägern von Z:T-Projekten Beratung, Fortbildung und Materialien an die Hand, um das Thema in ihren Verbandsstrukturen zu bearbeiten. Haupt- und Ehrenamtliche in den Vereinen werden befähigt zum Erkennen, Decodieren und Debunken von Verschwörungserzählungen. Dabei werden die jeweiligen verbandsinternen Diskurse und Bildungsherausforderungen ebenso aufgegriffen wie aktuelle gesellschaftliche Debatten und der neueste Forschungsstand zu Demokratieskepsis, GMF und Verschwörungsideologien. Zugleich bildet ElBi Multiplikator*innen aus, die das Wissen künftig selbst innerhalb der Verbandsstrukturen weitergeben können. Parallel dazu wird ElBi mit den Beiträgen der Fachstelle für politische Bildung und Entschwörung die Vernetzung projektübergreifender politische Bildung stärken sowie Fortbildungsmodule und Materialien für die Z:T-Programmwebsite u.a. Z:T-Strukturen verfügbar machen.

Als Bildungsreferent*in im Projekt „Entschwörung vor Ort“ entwickelst Du Bildungsvorhaben zum Thema Verschwörungsideologien für Engagierte in NGOs und Projektträgern im Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ (Z:T), gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung. Du entwickelst im Team analoge und digitale Lerneinheiten und vermittelst diese in Bildungsveranstaltungen mit Kooperationspartnern. Wir freuen uns auf Dich!

Deine Tätigkeit

  • Fachlich-didaktische Ausarbeitung von Bildungskonzepten und -formaten für Haupt- und Ehrenamtliche in Vereinen und Verbänden des Bundesprogramms Z:T
  • Recherche, Analyse und Entwicklung von Materialien zum Projektthema
  • Organisation, Umsetzung und Nachbereitung von Bildungsworkshops, Informations- und Diskussionsveranstaltungen im Bundesgebiet/online
  • Evaluation und Reflexion der entwickelten und eingesetzten Formate
  • Erstellen von Online-Beiträgen für die Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt
  • Mitwirkung an der trägerinternen projektübergreifenden Zusammenarbeit

Dein Profil

  • Erfahrung in der Arbeit in Projekten/Aufgabenbereichen der politischen Bildung und mit dem Schwerpunkt Verschwörungsideologien und Antisemitismus
  • Abgeschlossenes (Fach-)Hochschulstudium oder vergleichende Berufserfahrungen
  • Fundierte Kenntnisse in den gesellschaftlichen Problemfeldern Verschwörungs- und Reichideologie sowie anderen Ideologien der Ungleichheit
  • Erfahrung in der politischen Bildungsarbeit und in der Konzeption von Bildungsmaterialien
  • Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der Zielgruppe Engagierte in Vereinen und Verbänden sowie in der Erwachsenenbildung
  • Kommunikative und soziale Fähigkeiten
  • Eigenverantwortliches Arbeiten, Flexibilität und Bereitschaft zu gelegentlichen Dienstreisen (selten auch am Wochenende oder Abend)
  • Beherrschung der gängigen Office- und Internetanwendungen

Wir bieten Dir

  • Eine verantwortungsvolle Tätigkeit bei einer lokal, regional als auch bundesweit erfolgreich agierenden Stiftung
  • Ein hochmotiviertes, kompetentes und kollegiales Team
  • Flexible Arbeitszeiteinteilung mit zentralem Arbeitsort in Leipzig sowie Möglichkeiten der mobilen Arbeit
  • Raum für persönliche Entwicklung einschließlich Supervisionsangeboten
  • 30 Tage Urlaub im Jahr (bei 5-Tage-Woche)
  • Anstellung, Vergütung und Sozialleistungen angelehnt an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD 11 – Bund)

Die Stelle ist bis zum 31.12.2025  befristet. Eine anschließende Verlängerung durch ein evtl. Folgeprojekt wird angestrebt.

Wir freuen uns insbesondere über Bewerber*innen, die unseren Weg hin zu einer inklusiven und diversen Organisation mitgestalten. Auch um verschiedene Expertisen, Perspektiven und Erfahrungen im Team abbilden zu können, bestärken wir insbesondere Juden*Jüdinnen, BIPoC, Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, LGBTIQA+, Sinti*zze und Rom*nja und Menschen mit Behinderung sich zu bewerben. Der Arbeitsplatz ist leider nicht barrierefrei.

Haben wir Dein Interesse geweckt?

Dann bewirb Dich bis zum 13.04.2025 per E-Mail: Schick Deine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Kontaktangaben von zwei persönlichen Referenzen, Zeugnisse) zusammengefügt in einem PDF-Dokument (max. 4 MB) mit dem Betreff „Bewerbung Bildungsreferent*in für das Projekt „Entschwörung lokal – Bildungskooperationen gegen Desinformation und Verschwörungsideologien“ (ElBi)“ an bewerbung@amadeu-antonio-stiftung.de.

Wende Dich bei Fragen an Lisa Wassermann: lisa.wassermann@amadeu-antonio-stiftung.de


Datenschutzhinweis

Die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens geschieht ausschließlich zweckgebunden und im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung. Alle Informationen zur Datenverarbeitung gemäß Art. 12 ff. DS-GVO finden Sie unter https://amadeu-antonio-stiftung.de/datenschutz/

Neuerscheinung

Antisemitismus und Verschwörungserzählungen erkennen und entkräften

Antisemitismus und Verschwörungserzählungen haben besonders in Zeiten gesellschaftlicher Unsicherheit Konjunktur. Krisen und politische Umbrüche begünstigen die Suche nach einfachen Erklärungen, die komplexe Zusammenhänge auf Schuldzuweisungen reduzieren. Doch diese Erzählungen sind nicht nur irreführend, sondern hochgefährlich: Sie schüren Ressentiments, untergraben den gesellschaftlichen Zusammenhalt und bedrohen die Grundlagen einer offenen und demokratischen Gesellschaft.

Häufig verknüpfen sich dabei Verschwörungsnarrative mit antisemitischen Motiven. Immer wieder werden vermeintlich mächtige, im Verborgenen agierende Gruppen als Drahtzieher verantwortlich gemacht – eine Vorstellung, die tief in antisemitischen Stereotypen verwurzelt ist. Besonders problematisch ist dabei, dass antisemitische Narrative oft verschlüsselt oder scheinbar harmlos auftreten – etwa in der Rede von „geheimen Eliten“, die im Hintergrund die Fäden ziehen, oder in aktuellen Israel-bezogenen Verschwörungsmythen. Ihre Anpassungsfähigkeit über historische Kontexte hinweg macht sie besonders wirkmächtig und erschwert es, sie zu entlarven.

Verschwörungserzählungen in Vereinen und Verbänden

Verschwörungserzählungen sind kein Randphänomen, sondern tief in der Gesellschaft verwurzelt. Seit der Corona-Pandemie hat die Verbreitung von Verschwörungserzählungen auch durch Social Media eine neue Dimension erreicht. Diese Dynamik setzte sich in verschiedenen Kontexten fort, von Narrativen rund um den Ukraine-Krieg bis hin zu Verschwörungen im Zuge des Nahostkonflikts. Insbesondere nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wurden zahlreiche Falschbehauptungen und Verschwörungsnarrative verbreitet, die den Konflikt begleiteten und die öffentliche Meinung beeinflussten.

Verschwörungsideologien können den sozialen Zusammenhalt schwächen, demokratische Werte untergraben und das Vertrauen innerhalb von Gemeinschaften erschüttern. Besonders in Vereinen und Verbänden, die als Orte des Austauschs, der Teilhabe und des Zusammenhalts eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen Miteinander spielen, kann ihre Verbreitung problematische Konsequenzen nach sich ziehen. Umso gefährlicher ist es, wenn Verschwörungserzählungen dort unreflektiert Raum bekommen. Daher ist es entscheidend, dass engagierte Menschen in diesen Strukturen Verschwörungsnarrative erkennen und ihnen mit fundiertem Wissen entgegentreten.

Das Entschwörungsquartett – Ein pädagogischer Zugang

Das Entschwörungsquartett bietet einen niedrigschwelligen und zugleich tiefgehenden Zugang zu den Themen Antisemitismus und Verschwörungsideologie. Es kombiniert historische Perspektiven mit aktuellen Beispielen und zeigt, wie sich alte Mythen und Stereotype über Jahrhunderte hinweg immer wieder neu aktualisieren. Die Karten ermöglichen eine interaktive Auseinandersetzung mit Verschwörungsnarrativen – sowohl für Menschen mit Vorkenntnissen als auch für jene, die sich erstmals mit Antisemitismus und Verschwörungsdenken befassen. Das Quartett eröffnet zudem Möglichkeiten für Perspektivwechsel, denn nur wenn Unsicherheiten, Fragen und Vorbehalte ohne Angst vor Stigmatisierung oder Ausschluss angesprochen werden können, entsteht ein konstruktiver Austausch. Das Format sensibilisiert für wiederkehrende Muster und Mechanismen von Verschwörungsnarrativen und fördert einen kritischen Blick auf deren Präsenz im Alltag. Es bietet eine praxisnahe Möglichkeit, demokratische Resilienz zu stärken.

Das Entschwörungsquartett, bestehend aus acht Kartensets und einem detaillierten Workshop-Konzept, bietet praxisnahe Anregungen für die pädagogische Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Verschwörungsideologien. Die 32 Karten sind auf robustem Karton gedruckt und speziell für den langfristigen Einsatz in pädagogisch begleiteten Settings konzipiert. Die Begleitbroschüre enthält Anregungen zur Nutzung der Karten, Hintergrundinformationen zu den Narrativen sowie einen detailliert ausgearbeiteten Vorschlag für einen zweistündigen Workshop mit Jugendlichen und Erwachsenen.

Das Quartett entstand im Rahmen des Projekt “Entschwörung vor Ort” und wurde durch das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) sowie die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) gefördert.

Was können wir von hier aus tun? Hamburger*innen bauen solidarische Brücken zwischen (Nord-)West und Ost

Aus Café Nova wird das Ost-Café: In einer entweihten Kirche in Hamburg-Veddel kommen Menschen zusammen, die ostdeutsche Initiativen unterstützen und gegen rechtsextreme Verhältnisse ankämpfen. Foto: Amadeu Antonio Stiftung

In vielen ostdeutschen Regionen ist eine rechtsextreme Normalisierung in den Parlamenten, Institutionen und im Alltag Realität. Mit dem Ost-Café haben Hamburger*innen eine Veranstaltungsreihe gestartet, die auf Solidarität und Vernetzung gegen diese Verhältnisse setzt.

Von Vera Ohlendorf

Über 40 Menschen sind an einem Sonntagnachmittag im März im Café Nova in Hamburg-Veddel zusammengekommen. Bei Kaffee, Kaltem Hund und Kuchen lauschen sie einem Vortrag von DaMOst e.V., dem Dachverband der über 400 ostdeutschen Migrant*innenorganisationen. Anhand einer Studie geht die Referentin zunächst auf die Komplexität ostdeutscher Identitäten ein und überrascht dann mit der Tatsache, dass 94,3% der Menschen mit Migrationsgeschichte in den westdeutschen Bundesländern und in Berlin leben. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung lag 2023 in den ostdeutschen Bundesländern bei ca. 11,4%, in den westdeutschen Bundesländern bei ca. 32,9%. In Ostdeutschland sind viele migrantisierte Menschen akuten Bedrohungen durch Rassismus im Alltag und bei Behörden ausgesetzt. Seit dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt im Dezember 2024 haben Diskriminierungen und Übergriffe nicht nur dort, sondern auch insgesamt, zugenommen und erhöhen den Bedarf nach Schutzkonzepten und Sicherheitsmaßnahmen. Deshalb seien Kooperationen zwischen Communities und Organisationen in Ostdeutschland besonders wichtig. Die Anwesenden hören konzentriert zu und setzen sich anschließend anhand von Texten mit unterschiedlichen Lebensrealitäten ostdeutscher Migrant*innen verschiedener Generationen und Herkunftsländer auseinander.

Austausch, Vernetzung und praktische Unterstützung

Die Veranstaltung ist Teil der Reihe Ost-Café, zu der die Hamburger „Initiative Solidaritätszuschlag“ eingeladen hat und die von der Amadeu Antonio Stiftung unterstützt wird. „Viele von uns sind in Ostdeutschland aufgewachsen oder haben einen biografischen Bezug dazu“, sagt Henri als Teil des Organisationsteams. „Uns haben ganz verschiedene Bedürfnisse als Gruppe zusammengebracht. Zum einen gibt es den Wunsch nach Austausch hier vor Ort mit Menschen, denen es ähnlich geht. Zum anderen geht es um Vernetzung nach Ostdeutschland und darum, sich über zivilgesellschaftliche Strukturen dort zu informieren. Gleichzeitig wollen wir mit Ressourcen unterstützen“, fasst Henri die Ziele der Arbeit zusammen, die seit sechs Monaten ehrenamtlich geleistet wird. Das Ost-Café öffnet an wechselnden Orten in Hamburg Räume, um Lobbyarbeit für zivilgesellschaftliche Projekte und Initiativen zu machen, die sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen engagieren. Dabei ist es den Organisator*innen wichtig, verschiedenen Themen und Ansätzen eine Bühne zu bieten. Schon die ersten Veranstaltungen mit Queerpride Dresden und dem Netzwerk Polylux sind auf großes Interesse gestoßen.

„Wenn man aus dem Osten kommt oder länger dort gewohnt hat, beschäftigt es einen natürlich, was dort gerade abgeht und wie Menschen und Initiativen dort von rechtsextremer Gewalt betroffen sind. Viele Hamburger*innen aus unserem Umfeld fragen sich, wie sie von hier aus aktiv werden können“, sagt Thea, die ebenfalls zum Team gehört. Um Antworten auf diese Frage zu finden, sei es hilfreich, in den persönlichen Kontakt zu gehen und Bedarfe aus erster Hand zu hören. Häufig würden dann Vernetzung und finanzielle Unterstützung genannt.

Ganz praktischen Support organisiert die Initiative gemeinsam mit dem Bündnis „Demminer Bürger e.V.“ in Mecklenburg-Vorpommern. In der Kleinstadt rufen Rechtsextreme jedes Jahr am Tag der Befreiung am 8. Mai zu einem „Trauermarsch“ auf, der geschichtliche Tatsachen leugnet. Die Hamburger Aktiven unterstützen das Bürgerbündnis bei der Organisation von Gegenveranstaltungen vor Ort und vermitteln Kontakte.

Rechtsextremismus ist kein allein ostdeutsches Problem

„In den nächsten Jahren wird die politische Situation auch in Hamburg schwieriger werden“, ist sich Thea sicher. „Noch leben wir hier in einer Wohlfühlbubble, aber der wachsende Rechtsextremismus wird früher oder später auch uns härter treffen. Es ist wichtig, dass wir schauen, was andere Menschen an Strategien entwickeln und überlegen, wie man vorbeugen kann. Wir wollen jetzt Verbündete und Netzwerke suchen. Das Ost-Café ist keine One-Way-Geschichte“. Und Henri ergänzt: „Uns beschäftigt auch, was aus Menschen wird, die jetzt nicht mehr in Ostdeutschland wohnen können. Im Freundeskreis höre ich häufiger, dass engagierte Menschen, die sich seit Jahren gegen die Verhältnisse engagieren und immer mehr angefeindet werden, einfach ausgebrannt sind, nicht mehr können und nach Hamburg ziehen. Unsere Arbeit kann auch einen Raum bieten, die Leute ein bisschen aufzufangen.“

Nach dem Vortrag von DaMOst stellen die Teilnehmenden viele Nachfragen, diskutieren und formulieren Ideen, um auch in Hamburg Menschen mit Migrationsgeschichte besser in Demokratieprojekte einzubinden.

Henri und Thea freuen sich über die positive Resonanz. Das Ost-Café ist nach drei Veranstaltungen zum Selbstläufer geworden: „Wir müssen kaum jemanden anfragen, viele Menschen kommen mit Ideen auf uns zu, um ostdeutsche Initiativen hier bekannter zu machen“, sagt Henri zum Abschluss.


Die Amadeu Antonio Stiftung fördert u.a. Projekte, die solidarische Allianzen bilden oder Kooperationen zwischen ostdeutschen und westdeutschen oder zwischen großstädtischen und ländlichen Initiativen zum Ziel haben. Wir freuen uns über Anträge! Alle Infos dazu sind hier zu finden.

551 Fragen zu NGOs: Eine Antwort wie ein Faktencheck

Foto von Markus Spiske auf Unsplash

Mit ihrer Bundestagsanfrage „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ hat die Unionsfraktion eine massive Misstrauenskampagne gegen die demokratische Zivilgesellschaft lanciert. 551 Fragen zu 14 NGOs zielten darauf ab, deren Gemeinnützigkeit infrage zu stellen. Nun hat die Bundesregierung geantwortet – und klargestellt: Zivilgesellschaftliches Engagement ist rechtlich abgesichert und demokratiepolitisch erwünscht!

Von Luisa Gehring

Was war geschehen?

Am 21. Februar 2025, nur zwei Tage vor der Bundestagswahl, hat die Fraktion der CDU/CSU im Bundestag eine Anfrage mit dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ in den Bundestag eingebracht. In 551 Fragen wird die Gemeinnützigkeit von NGOs wie Omas Gegen Rechts, Campact, Greenpeace, CORRECTIV, Foodwatch und der Amadeu Antonio Stiftung infrage gestellt. Auffällig ist, dass der Rundumschlag gegen die demokratische Zivilgesellschaft Organisationen trifft, die sich für Umweltschutz sowie Freiheitsrechte einsetzen und über Rechtsextremismus aufklären.

Die Anfrage wurde breit kritisiert: Neben Parteien wie SPD, Gründe und Linke kritisierten vor allem die betroffenen Organisationen die Kampagne: „Das Ziel dieser parlamentarischen Anfrage ist es, die Förderwürdigkeit der betroffenen Organisationen infrage zu stellen. Damit sollen NGOs in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt und sie mundtot gemacht werden“, sagte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. Chris Methmann, Geschäftsführer von Foodwatch erklärte: “Es geht der Union darum, unbequeme Stimmen einzuschüchtern.”

Union unterstellt einseitig Einflussnahme auf politische Willensbildung

Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) verteidigte die Anfrage gegen Kritik: Die Prüfung der rechtmäßigen Verwendung von Steuermitteln der Allgemeinheit sei eine Kernaufgabe des Parlaments. Dabei macht die Union in ihrer Anfrage keinen Hehl daraus, dass sie sich nur gegen einen bestimmten Teil staatlich geförderter Projekte richtet und der damit verbundene Vorwurf politisch motiviert ist: “Proteste gegen die CDU, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden”, würden gegen eine politische Neutralität verstoßen, heißt es dort. Gemeint sind mutmaßlich die Demonstrationen hunderttausender Menschen gegen Rechtsextremismus nach einem politischen Dammbruch: der gemeinsamen Abstimmung von Union, FDP und AfD für einen verschärften Kurs in der Migrationspolitik Ende Januar.

Dementsprechend sind Fragen zur staatlichen Finanzierung konservativen oder wirtschaftsliberalen Organisationen in der Anfrage nicht zu finden. Der deutsche Bauernverband beispielsweise – eine der mächtigsten Lobbyorganisationen Deutschlands – erhielt 2023 laut Lobbyregister des Bundestages mindestens 1,7 Millionen Euro aus öffentlicher Hand. Die vom deutschen Bauernverband initiierten Bauernproteste bleiben alles andere als demokratisch in Erinnerung: “Vorrangig scheint es bei den Bauernprotesten seit 2023 nicht mehr um fachliche Kritik an der staatlichen Politik zu gehen, sondern darum, eine starke regierungsfeindliche Protestlobby aufzubauen, die sich radikalisiert, auch gewaltbereit auftritt und sich mit rechten Protestströmungen vereint, analysiert Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke in einem Interview mit belltower.news.

Mit Fragen wie “Wie definiert die CORRECTIV gGmbH ihre gemeinnützigen Tätigkeiten, und wie grenzt sie sich von parteipolitischer Einflussnahme ab?”, “Gibt es Fälle, in denen der Verein Campact e. V. explizit für oder gegen eine Partei geworben hat?” oder “Haben die Kampagnen der Amadeu Antonio Stiftung nach Einschätzung der Bundesregierung direkte Auswirkungen auf Wahlergebnisse oder politische Entscheidungen?” soll, verkleidet im Gewand einer parlamentarischen Anfrage, die kritische Zivilgesellschaft in ihre Schranken gewiesen werden.

Rückendeckung aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft

In Reaktion auf die kleine Anfrage hat sich die Zivilgesellschaft geschlossen hinter die betroffenen NGOs gestellt und deutlich gemacht: Gemeint sind wir alle! Mehr als eine halbe Million Menschen haben die Petition “Angriff auf die Zivilgesellschaft verteidigen” unterzeichnet, die vor dem Hintergrund der Koalitionsverhandlungen an die SPD übergeben wurde.

Namhafte Akteure wie der Bundesausschuss politische Bildung (bap), der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bundesverband Deutscher Stiftungen, Maecenata Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Rudolf Augstein Stiftung, Schöpflin Stiftung oder der Deutsche Journalisten Verband (DJV) haben sich mit Stellungnahmen hinter die betroffenen Organisationen gestellt.

Auch aus der Wissenschaft gab es Rückenwind: Über 2300 Wissenschaftler*innen schlossen sich einer Stellungnahme an, in der betont wird, dass Gemeinnützigkeit nicht mit politischer Enthaltsamkeit einhergeht: Zivilgesellschaftliche Organisationen unterliegen weder einem Neutralitäts- noch einem Mäßigungsgebot!

Eine mediale Diffamierungskampagne gab den Ton vor

Die Unionsfraktion beruft sich in ihrer Anfrage auf einen Bericht der Zeitung “Welt”, welcher wiederum auf sogenannten “Recherchen” der rechtsalternativen Medienplattform “Nius” beruht und beruft sich auf “Stimmen”, die “in den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Schattenstruktur (sehen), die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt”, unterstellt ihnen Wahlkampfunterstützung und wittert parteipolitische Stimmungsmache.

Die Unterstellung, dass zivilgesellschaftliche Organisationen als verlängerter Arm einer politischen Agenda wirken oder gar eine Parallelstruktur zur Regierung bilden, ist nicht nur falsch, sondern hochproblematisch. Narrative wie Verschwörungserzählung des “Tiefen Staates“ stammen aus dem verschwörungsideologischen und rechtsextremen Spektrum und wurden in der Vergangenheit gezielt genutzt, um demokratische Akteure zu diskreditieren. Ein Blick über die deutschen Staatsgrenzen hinweg zeigt: Die Schwächung der Zivilgesellschaft gehört zum kleinen 1×1 von Autokraten. Ob Donald Trump in den USA, Wladimir Putin in Russland, Viktor Orban in Ungarn oder Javier Miliei in Argentinien, sie alle haben schon vor langer Zeit mit der Verunglimpfung zivilgesellschaftlicher Organisationen begonnen.

Bundesregierung weist Vorwürfe unmissverständlich zurück

Am 12. März 2025 veröffentlichte die Bundesregierung ihre Antwort auf den Fragenkatalog der Unionsfraktion. Schon in ihrer Vorbemerkung bezieht sie bemerkenswert eindeutig Stellung: Zivilgesellschaftliches Engagement ist nicht nur rechtlich abgesichert, es ist auch demokratiepolitisch ausdrücklich erwünscht.

“Der freiheitliche demokratische Verfassungsstaat lebt von zivilgesellschaftlichem Engagement für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben und dem Einsatz gegen menschen- und demokratiefeindliche Phänomene. Es ist die Verantwortung des Staates, im Rahmen einer wehrhaften Demokratie für den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten. Hierzu zählt auch die aktive und passive Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements”.

Die Bundesregierung betont, mit Blick auf die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, dass das Recht auf Versammlungsfreiheit ein Grundrecht ist – das auch vor Wahlen nicht eingeschränkt ist. Im Gegenteil:

Die “Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe” ist “für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung konstituierend”.

Zivilgesellschaftliche Organisationen, auch staatlich geförderte, dürfen sich entsprechend positionieren:

“Verlautbarungen jenseits der konkreten staatlich geförderten Projektumsetzung sind Ausdruck einer Grundrechtsausübung, die die vollziehende Gewalt zu gewährleisten, nicht zu beschneiden, hat.”

Ist das noch gemeinnützig?

In ihrer Antwort betont die Bundesregierung, dass der Bundesfinanzhof schon in der Vergangenheit bestätigt hat, dass gemeinnützige Organisation politisch sein dürfen. Und das dürfen sie auch, wenn politische Themen nicht der Kern ihres Handelns sind.
In diesem Zusammenhang verweist die Bundesregierung auf geltende Rechtsprechung und betont, dass es

“nicht zu beanstanden ist, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung nimmt”.

Ein Sportverein beispielsweise darf sich durchaus für Klimaschutz oder gegen Rassismus aussprechen, ohne die eigene Gemeinnützigkeit zu gefährden.

Keine “Schattenstruktur” von NGOs

Auch dem von der Unionsfraktion verbreiteten Narrativ eines „Deep State“ widerspricht die Bundesregierung: Sie sieht “keine Anhaltspunkte für die in der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung”.

Viele der von der Union abgefragten Informationen zur staatlichen Finanzierung zivilgesellschaftlicher Organisationen sind durch das 2022 eingeführte Lobbyregister beim Bundestag öffentlich einsehbar. Allein schon wegen dieser umfangreichen Transparenzverpflichtungen, denen der Staat gegenüber seinen Bürger*innen bereits nachkommt, ist der Vorwurf einer “Schattenstruktur” unhaltbar. Die entsprechenden Fragen lassen sich daher weniger als Gegenstand einer parlamentarischen Kontrolle, sondern vielmehr als parteipolitisches Manöver entlarven. Fragen zu Förderhöhen und den zugehörigen staatlichen Fördertöpfen wären durch die Unionsfraktion mit wenig Aufwand selbst zu beantworten.

“Es ist nicht Bestandteil der parlamentarischen Kontrollfunktion des Bundestages […] frei verfügbare Informationen durch die Bundesregierung zusammentragen und anschaulich aufbereiten zu lassen.”, erklärt die Bundesregierung dazu.

Demokratieförderung auf sichere Beine stellen!

Die Misstrauenskampagne der Union im Bundestag macht bereits Schule: Auch auf Landes- und Kommunalebene wird versucht, Organisationen ihren Gemeinnützigkeit abzuerkennen und ihnen damit Fördermittel zu entziehen. In Lübeck (Schleswig-Holstein) fragt die CDU in einer Kleinen Anfrage im Kreistag nun auch die politische Neutralität von Buchläden, dem AStA, einer Schüler*innenvertretung und politischen Parteien ab. In Sachsen-Anhalt stellte die FDP-Landtagsfraktion erst Mitte März eine Kleine Anfrage, in der sie ebenfalls abfragt, wie viel staatliche Förderung NGOs im Land erhalten.

Zuletzt hatte in Salzwedel eine Mehrheit aus CDU, AfD und der Freien Faktion eine bereits zugesagte Förderung von 700.000 Euro aus dem Bundesprogramm “Demokratie leben!” abgelehnt. Das Geld wäre in den Ausbau der Jugendbeteiligung sowie in eine Koordinierungsstelle für Demokratieförderung geflossen.

Die neue Bundesregierung wird sich an ihrem Umgang mit der Zivilgesellschaft messen lassen müssen. Was es jetzt braucht, ist eine langfristige und zuverlässige Absicherung zivilgesellschaftlicher Organisationen, damit NGOs auch in Zukunft vor Angriffen geschützt sind. Noch besteht die Chance, durch eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts zivilgesellschaftliches Engagement rechtssicher und nachhaltig zu schützen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen bilden das Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft. Sie tragen zur demokratischen Aufklärung, Willensbildung sowie Konfliktaustragung bei. In Zeiten rechtsextremer Landnahme ist Zivilgesellschaft kein Luxus, sondern Notwendigkeit.

Sondierungspapier: Ihr seid keine echten Deutschen

Die Parteien verständigen sich darauf, verfassungsrechtlich prüfen zu lassen, ob „Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatsbürgerschaft“ entzogen werden kann, sofern sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen (Quelle: pixabay)

Laut dem Sondierungspapier zwischen Union und SPD soll bei „Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten“, mit doppelter Staatsbürgerschaft geprüft werden, die deutsche Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Ein brandgefährlicher Weg.

CDU, CSU und SPD haben die Sondierungsphase zu einer möglichen Koalition abgeschlossen. In einem elfseitigen Dokument halten die Parteien erste Entscheidungen fest. Besonders ein Punkt sorgt dabei für viel Entsetzen unter Menschen mit Migrationsbiografien. Die Parteien verständigen sich darauf, verfassungsrechtlich prüfen zu lassen, ob „Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatsbürgerschaft“ entzogen werden kann, sofern sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.

Deutschen bei Straffälligkeit den deutschen Pass zu entziehen, schlug Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bereits im Januar vor, noch zu Wahlkampfzeiten. Im Interview mit der Welt am Sonntag fordert Merz: „Es müsste (…) eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft möglich sein, wenn wir erkennen, dass wir bei straffällig werdenden Personen einen Fehler gemacht haben.“ Wer sich nicht an die Regeln hält, könne nicht bleiben: „Und um Anschläge oder weitere Straftaten zu vermeiden, müssen ausländische Straftäter spätestens nach der zweiten Straftat ausgewiesen werden.“ Dieser gefährliche Vorschlag findet nun also Einzug in das Sondierungspapier der möglichen neuen Koalition aus Union und SPD.

Was bedeutet dieser Vorschlag? Eine doppelte deutsche Staatsbürgerschaft wäre damit faktisch weniger wert als die eines „deutsch-deutschen“ Staatsbürgers. Dieser Vorschlag betrifft Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Laut dem Mediendienst Integration liegt die Zahl der Personen, die neben der deutschen noch mindestens eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, zwischen 2,9 und 4,3 Millionen. Der Mikrozensus 2023 ergab, dass es rund 2,9 Millionen deutsche Doppelstaatler*innen gibt, von denen über 70 Prozent eine weitere europäische Staatsbürgerschaft haben. Sie alle betrifft der Vorstoß der Sondierung.

De facto geht es hier um eine Unterscheidung in Geburts-Deutsche und Pass-Deutsche. Die einen sind sicher in Deutschland, die anderen können bei einem Vergehen ihre Heimat verlieren, sie könnten in ein Land geschickt werden, dass sie nicht kennen und dessen Sprache sie eventuell nicht sprechen. Menschen, deren Familien seit Generationen in Deutschland leben, deren Großeltern jedoch beispielsweise aus der Türkei oder Vietnam stammen, werden in dieser Vorstellung trotz ihres deutschen Passes nicht als echte Deutsche angesehen. Dabei wurde die Staatsbürgerschaft aus gutem Grund nach den Verbrechen der NS-Zeit nicht mehr ausschließlich an die Abstammung geknüpft. Das Grundgesetz schützt diesen Grundsatz ausdrücklich: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden“  heißt es in Artikel 16. Eine zusätzliche Staatsangehörigkeit schmälert nicht das Deutschsein. Ein straffällig gewordener Deutscher bleibt ein straffällig gewordener Deutscher – unabhängig von weiteren Pässen. Doch genau an diese Grundannahme rüttelt die mögliche nächste Koalition.

Was bewirkt diese Forderung?

Auch wenn dieser Punkt des Sondierungs-Papiers in der Öffentlichkeit nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit erfährt, so verstehen Betroffene, also Menschen mit Migrationsbiografien diese Aussage: Egal wie lange du und deine Vorfahren bereits in Deutschland leben, ihr werdet nie echte Deutsche sein.

Besonders perfide ist dieser Punkt Staatsangehörigkeitsrecht auch, weil er mit dem vorgeschobenen Schutz jüdischen Lebens daherkommt. Denn das ist offenbar nur durch vermeintlich importierten Antisemitismus gefährdet. Ein Hubert Aiwanger, dem vorgeworfen wurde, als Schüler ein antisemitisches und NS-verharmlosendes Pamphlet verfasst zu haben, muss keine Konsequenzen fürchten, er ist stellvertretender bayerischer Ministerpräsident. Wie wichtig den potentiellen Koalitionären der Kampf gegen Antisemitismus tatsächlich ist, lässt sich aber auch daran ablesen, wie oft das Thema abseits der rassistischen Abschiebefantasien im Sondierungspapier vorkommt: gar nicht.

Antisemit*innen auszubürgern sei eine „Nebelkerze“, warnt daher auch Nikolas Lelle, Leiter der Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung. „Antisemitismus bekämpft man nachhaltig, wenn man begreift, wie sehr Judenhass in alle politische Milieus ragt und damit auch ins Eigene.“

Der Vorstoß im Papier ist ein autoritäres Instrument, das Menschen mit Migrationsgeschichten abermals vorhält, keine echten Deutschen zu sein. „Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten“: Es sind schwammige Begriffe, die je nach politischer Wetterlage unterschiedlich ausgelegt werden können. Unter einer AfD-Regierungsbeteiligung, die in den kommenden Jahren durchaus wahrscheinlich ist, wäre dieses Instrument fatal. Viele Menschen kategorisiert die AfD unter Extremismus kategorisiert, „Linksextremismus“.

Der Weg, den die Koalition mit diesem Vorhaben einschlägt, ist brandgefährlich und bedroht zahlreiche Menschen. Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit verstehen das. „Ich werde nie eine richtige Deutsche sein – das ist mir jetzt klargeworden“, so eine in Deutschland geborene Ärztin, deren Eltern ehemals aus der Türkei als sogenannte „Gastarbeiter*innen“ nach Deutschland kamen. Statt wie ursprünglich geplant, eine Immobilie in Brandenburg zu suchen, sucht sie jetzt nach einem Land zum Auswandern.

Stellenausschreibung

Gesucht: Kommunikationsmanager*in mit Schwerpunkt Brand & Digital

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Werde Teil einer lokal, regional und bundesweit agierenden Stiftung, die sich erfolgreich für die demokratische Zivilgesellschaft, eine menschenrechtsbasierte demokratische Kultur und für Betroffene rechter Gewalt einsetzt! Die Amadeu Antonio Stiftung sucht für ihren Standort in Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n Kommunikationsmanager*in mit Schwerpunkt Brand & Digital (32-39h / Woche).

Über uns

Die Amadeu Antonio Stiftung engagiert sich seit 1998 für eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Benannt nach Amadeu Antonio, einem der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung, setzen wir uns konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.

Dafür unterstützen wir schnell und unbürokratisch lokale Initiativen und Projekte vor Ort, sensibilisieren die Öffentlichkeit, analysieren aktuelle Entwicklungen und entwickeln effektive Strategien, um demokratische Werte zu stärken und Menschenrechte zu schützen. Dabei stehen wir solidarisch an der Seite der Betroffenen und tragen ihre Anliegen in Gesellschaft und Politik.

Deine Aufgaben

Als Kommunikationsmanager*in mit Schwerpunkt Brand & Digital gestaltest und realisierst du in enger Abstimmung mit deinen Kolleg*innen wirkungsvolle Kommunikationsmaßnahmen für die Stiftung. Dein Fokus liegt insbesondere auf der Weiterentwicklung unserer Stiftungsmarke und deren Anwendung in allen Kanälen. Du optimierst und gestaltest kontinuierlich unsere Websites und verfasst dabei auch eigene Inhalte. Gleichzeitig bringst du die nötige Flexibilität mit, um das Team bei Bedarf in anderen Gebieten (z. B. Social Media, Media Relations) zu unterstützen. Du reportest an einen unserer beiden Communications Leads und trägst maßgeblich dazu bei, unsere Vision von einer starken, demokratischen Zivilgesellschaft noch sichtbarer zu machen.

  • Markenentwicklung & Corporate Design: Du konzipierst und koordinierst unsere Brand-Guidelines (inkl. Corporate Design und Language) und überwachst deren Einhaltung in sämtlichen Kommunikationsprodukten.
  • Website-Gestaltung: Du planst und pflegst unsere Websites, verfasst Inhalte und verbesserst kontinuierlich Nutzer*innenfreundlichkeit sowie Funktionalität.
  • E-Mail-Newsletter: Du unterstützt bei Konzeption, Text und Versand unserer Newsletter und stellst sicher, dass sie stets dem Corporate Standard entsprechen.
  • Interne Kommunikation: Du wirkst an der Umsetzung unserer internen Kommunikationsstandards mit, damit auch intern ein klares Markenbild erlebbar wird.
  • Flexible Teamunterstützung: Bei Bedarf bringst du dich in anderen Kommunikationsfeldern ein, z. B. Social Media, und erstellst auch mal spontan Sharepics oder kurze Beiträge.
  • Monitoring & Optimierung: Du behältst Trends im Auge, analysierst die Wirkung unserer Markenkommunikation und leitest Verbesserungsmaßnahmen ein.
  • Projektmanagement: Du steuerst Projekte rund um Branding, Webentwicklung oder Grafik, behältst Budget und Deadlines im Blick und koordinierst Dienstleister*innen.

Dein Profil

Wir wissen, dass niemand alle Anforderungen zu 100 % erfüllt. Wenn du dich in den meisten Punkten wiederfindest und motiviert bist, dich in neue Bereiche einzuarbeiten, freuen wir uns auf deine Bewerbung.

  • Fundierte Erfahrungen im Brand Management oder angrenzenden Kommunikations-/Marketingbereichen: Du hast bereits erfolgreiche Markenauftritte mitgestaltet.
  • Digital-Kompetenz: Du beherrschst gängige CMS-Systeme und hast ein gutes Gespür für Online-Trends und User Experience.
  • Kommunikationsstärke: Du findest die richtigen Worte für Texte, Briefings oder Schulungen und sorgst für eine klare, ansprechende Sprache.
  • Gestalterisches Geschick: Du kennst dich mit gängigen Grafik-Tools (z. B. Photoshop, Illustrator, Canva) aus und arbeitest mit Agenturen auf Augenhöhe zusammen.
  • Hands-on-Mentalität & Flexibilität: Du unterstützt auch andere Bereiche der Kommunikation (z. B. Social Media, Media Relations) und übernimmst neue Aufgaben proaktiv.
  • Strukturierte und strategische Arbeitsweise: Du kannst Projekte eigenverantwortlich planen, koordinieren und termingerecht abschließen.
  • Teamplayer*in: Du legst Wert auf eine wertschätzende Zusammenarbeit und fühlst dich in interdisziplinären Teams wohl.
  • Identifikation mit den Zielen der Stiftung: Du möchtest zur Stärkung einer demokratischen und menschenrechtsbasierten Zivilgesellschaft beitragen und hast Lust, dich in unsere Programminhalte einzuarbeiten.

Wir bieten dir

  • Inspirierendes Team: Ein hochmotiviertes, kompetentes und herzliches Team, das gemeinsam Großes bewegt.
  • Flexibilität, die zu dir passt: Flexible Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, inklusive Möglichkeiten zur mobilen Arbeit.
  • Attraktiver Arbeitsplatz: Ein zentral gelegener Standort in Berlin-Mitte mit hervorragender ÖPNV-Anbindung.
  • Persönliche Weiterentwicklung: Raum für deine berufliche und persönliche Entfaltung mit Fortbildungs- und Supervisionsangeboten.
  • Work-Life-Balance: Freizeitausgleich für jede Überstunde und 30 Tage Urlaub im Jahr (bei einer 5-Tage-Woche) sowie zusätzliche freie Tage am 24. und 31. Dezember.
  • Faire NGO-Vergütung: Eine Bezahlung angelehnt an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD Bund, Entgeltgruppe 11)

Die Stelle ist auf zwei Jahre befristet. Eine anschließende Entfristung wird angestrebt.

Übrigens: Für unser Team der Stiftungskommunikation suchen wir parallel auch eine*n weitere*n Kommunikationsmanager*in mit dem Schwerpunkt Social Media & Media Relations. Wenn dich diese Schwerpunkte auch ansprechen: Wir freuen uns auch über Bewerbungen auf beide Positionen!

Das aktive Einbringen und Abbilden vielfältiger Expertisen, Perspektiven und Lebensrealitäten sind für unsere Arbeit essenziell. Um diese im Team abbilden zu können, bestärken wir insbesondere Juden*Jüdinnen, BIPoC, Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, LGBTQIA+, Sinti*zze und Rom*nja und Menschen mit Behinderung sich zu bewerben. Der Arbeitsplatz ist leider nicht barrierefrei.

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Dann bewirb dich bis zum 21. April 2025 per E-Mail. Schicke deine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Kontaktangaben von zwei persönlichen Referenzen, Arbeitszeugnisse) zusammengefügt in einem PDF-Dokument (max. 4 MB) mit dem Betreff „Bewerbung – Kommunikationsmanager*in Brand & Digital“ an bewerbung@amadeu-antonio-stiftung.de.

Wir bitten, in der schriftlichen Bewerbung von Bewerbungsfotos und Angaben zu Alter, Familienstand sowie Kindern abzusehen. Bitte teile uns aber deine gewünschten Pronomen mit.

Wende dich bei Fragen gerne an Lorenz Blumenthaler (lorenz.blumenthaler@amadeu-antonio-stiftung.de).


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Die Amadeu Antonio Stiftung engagiert sich seit 1998 für eine starke demokratische Zivilgesellschaft. Benannt nach Amadeu Antonio, einem der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung, setzen wir uns konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.

Dafür unterstützen wir schnell und unbürokratisch lokale Initiativen und Projekte vor Ort, sensibilisieren die Öffentlichkeit, analysieren aktuelle Entwicklungen und entwickeln effektive Strategien, um demokratische Werte zu stärken und Menschenrechte zu schützen. Dabei stehen wir solidarisch an der Seite der Betroffenen und tragen ihre Anliegen in Gesellschaft und Politik.

Deine Aufgaben

Als Kommunikationsmanager*in mit Schwerpunkt Social Media & Media Relations sorgst du dafür, dass die Stiftung in der Öffentlichkeit sichtbar ist und mit ihrer Expertise wahrgenommen wird. Gemeinsam mit deinen Kolleg*innen entwickelst du wirkungsvolle Kommunikationsstrategien und setzt sie auf verschiedenen Kanälen um. Dabei koordinierst du sowohl die Presse- und Medienarbeit als auch die Social-Media-Aktivitäten mit und arbeitest eng mit Fundraising, Campaigning und dem Programmbereich zusammen. Du verfasst kontinuierlich Beiträge für verschiedene Formate, z.B. Social Media, um unsere Positionen im öffentlichen Diskurs zu platzieren. Gleichzeitig bringst du die nötige Flexibilität mit, um das Team bei Bedarf in weiteren Gebieten (z. B. Newsletter, Website) zu unterstützen. Du reportest an einen unserer beiden Communications Leads.

  • Social-Media-Strategie & Content-Erstellung: Du planst und gestaltest kreative multimediale Inhalte für unsere Social-Media-Kanäle (z. B. Instagram, Bluesky, LinkedIn) und sorgst für einen wirkungsvollen Auftritt.
  • Community Management: Du moderierst Kommentare, beantwortest Anfragen und gehst mit Anfeindungen souverän um (Shitstorm-Management).
  • Media Relations: Du pflegst Kontakte zu Journalist*innen, koordinierst Presseanfragen und unterstützt bei der Erstellung von Pressemitteilungen, Briefings und Op-Eds.
  • Flexible Teamunterstützung: Bei Bedarf bringst du dich in anderen Kommunikationsfeldern ein, z. B. Brand und Website, und übernimmst auch hier spontan Verantwortung für Inhalte und Gestaltung.
  • Krisenkommunikation: Du arbeitest in Fällen von Krisen gemeinsam mit dem Team proaktiv an zielführenden kommunikativen Reaktionen.
  • Monitoring & Analyse: Du behältst relevante Debatten, Trends und Medienberichte im Blick, wertest Kennzahlen aus und leitest Handlungsempfehlungen ab.
  • Projektmanagement: Du steuerst Kommunikationsprojekte (z. B. Social-Media-Kampagnen) von der Planung bis zur Umsetzung und koordinierst dich mit internen sowie externen Stakeholdern.

Dein Profil

Wir wissen, dass niemand alle Anforderungen zu 100 % erfüllt. Wenn du dich in den meisten Punkten wiederfindest und motiviert bist, dich in neue Bereiche einzuarbeiten, freuen wir uns auf deine Bewerbung.

  • Mehrjährige Erfahrung in Social Media und/oder Pressearbeit: Du hast bereits Content-Strategien entwickelt, Kampagnen umgesetzt und Pressearbeit begleitet.
  • Starke Kommunikationsfähigkeit: Du formulierst sicher und zielgruppengerecht – ob für Social Media, Pressemitteilungen, Op-Eds oder interne Abstimmungen.
  • Digital-Affinität: Du bewegst dich souverän auf relevanten Plattformen (z. B. Instagram, Bluesky, LinkedIn) und kennst dich mit Grafik- oder Videotools (z. B. Photoshop, Illustrator, Canva) sehr gut aus.
  • Strukturierte und strategische Arbeitsweise: Du kannst Projekte eigenverantwortlich planen, koordinieren und termingerecht abschließen.
  • Hands-on-Mentalität & Flexibilität: Du unterstützt auch andere Bereiche der Kommunikation (z. B. Social Media, Media Relations) und übernimmst neue Aufgaben proaktiv.
  • Krisenfest: Du bleibst auch unter Druck handlungsfähig und findest Lösungen bei unerwarteten Ereignissen oder Online-Anfeindungen.
  • Teamplayer*in: Du legst Wert auf eine wertschätzende Zusammenarbeit und fühlst dich in interdisziplinären Teams wohl.
  • Identifikation mit den Zielen der Stiftung: Du möchtest zur Stärkung einer demokratischen und menschenrechtsbasierten Zivilgesellschaft beitragen und hast Lust, dich in unsere Programminhalte einzuarbeiten.

Wir bieten dir

  • Inspirierendes Team: Ein hochmotiviertes, kompetentes und herzliches Team, das gemeinsam Großes bewegt.
  • Flexibilität, die zu dir passt: Flexible Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, inklusive Möglichkeiten zur mobilen Arbeit.
  • Attraktiver Arbeitsplatz: Ein zentral gelegener Standort in Berlin-Mitte mit hervorragender ÖPNV-Anbindung.
  • Persönliche Weiterentwicklung: Raum für deine berufliche und persönliche Entfaltung mit Fortbildungs- und Supervisionsangeboten.
  • Work-Life-Balance: Freizeitausgleich für jede Überstunde und 30 Tage Urlaub im Jahr (bei einer 5-Tage-Woche) sowie zusätzliche freie Tage am 24. und 31. Dezember.
  • Faire NGO-Vergütung: Eine Bezahlung angelehnt an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD Bund, Entgeltgruppe 11)

Die Stelle ist auf zwei Jahre befristet. Eine anschließende Entfristung wird angestrebt.

Übrigens: Für unser Team der Stiftungskommunikation suchen wir parallel auch eine*n weitere*n Kommunikationsmanager*in mit dem Schwerpunkt Brand & Digital. Wenn dich diese Schwerpunkte auch ansprechen: Wir freuen uns auch über Bewerbungen auf beide Positionen!

Das aktive Einbringen und Abbilden vielfältiger Expertisen, Perspektiven und Lebensrealitäten sind für unsere Arbeit essenziell. Um diese im Team abbilden zu können, bestärken wir insbesondere Juden*Jüdinnen, BIPoC, Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, LGBTQIA+, Sinti*zze und Rom*nja und Menschen mit Behinderung sich zu bewerben. Der Arbeitsplatz ist leider nicht barrierefrei.

Haben wir dein Interesse geweckt?

Dann bewirb dich bis zum 21. April 2025 per E-Mail. Schicke deine Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf mit Kontaktangaben von zwei persönlichen Referenzen, Arbeitszeugnisse) zusammengefügt in einem PDF-Dokument (max. 4 MB) mit dem Betreff „Bewerbung – Kommunikationsmanager*in Social Media & Media Relations“ an bewerbung@amadeu-antonio-stiftung.de.

Wir bitten, in der schriftlichen Bewerbung von Bewerbungsfotos und Angaben zu Alter, Familienstand sowie Kindern abzusehen. Bitte teile uns aber deine gewünschten Pronomen mit.

Wende dich bei Fragen gerne an Lorenz Blumenthaler (lorenz.blumenthaler@amadeu-antonio-stiftung.de).


Datenschutzhinweis

Die Datenverarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens geschieht ausschließlich zweckgebunden und im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung. Alle Informationen zur Datenverarbeitung gemäß Art. 12 ff. DS-GVO findest du unter https://amadeu-antonio-stiftung.de/datenschutz/

„Die AfD ist eine organisierte Gefahr für die Demokratie“

Vertreter*innen der CDU, CSU und SPD nach dem Abschluss der Sondierungsgespräche. (Quelle: picture alliance/dpa | Michael Kappeler)

Die Koalitionsverhandlungen 2025 sind der Moment, um Weichen zu stellen – nicht für Symbolpolitik, sondern für den tatsächlichen Schutz der Demokratie. Der Koalitionsvertrag muss eine Erzählung für gesellschaftlichen Zusammenhalt sein – eine klare Botschaft: Diese Regierung wird Freiheit, Demokratie und den Rechtsstaat gegen ihre Feinde verteidigen, nach außen, aber eben auch nach innen, fordert Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

Hunderttausende gingen in den Monaten vor dieser Bundestagswahl auf die Straße – nicht gegen eine Partei, nicht gegen Friedrich Merz, sondern gegen eine politische Strategie, die den Schulterschluss mit einer rechtsextremen AfD nicht mehr ausschließt. Sie demonstrierten, weil sie sich Sorgen um die Demokratie in Deutschland machen – nicht, weil sie dafür Staatsgelder erhalten oder ein angeblicher „Schattenstaat“ aus Nichtregierungsorganisationen ihnen vorschreibt, was zu tun ist. Ihr Signal ist klar: keine Kooperation mit Rechtsextremen oder die Übernahme ihrer Inhalte. Ist diese Botschaft bei der Union und der SPD angekommen?

Die aktuellen Koalitionsverhandlungen sind der Zeitpunkt, um entscheidende Weichen zu stellen – nicht für Symbolpolitik, sondern für echten Schutz der Demokratie. Der Koalitionsvertrag sollte eine Vision für gesellschaftlichen Zusammenhalt vermitteln und eine unmissverständliche Botschaft senden: Diese Regierung wird Freiheit, Demokratie und den Rechtsstaat verteidigen – nicht nur nach außen, sondern ebenso gegen Bedrohungen im Inneren.

Sicherheit heißt, demokratische Institutionen zu schützen

Die AfD und ihr Umfeld sind längst mehr als nur eine Partei – sie stellen eine organisierte Bedrohung für die Demokratie dar. Sie nutzt gezielt die Instrumente der parlamentarischen Demokratie, um Einfluss zu gewinnen und letztlich deren Abschaffung herbeizuführen. Die neue Bundesregierung muss deshalb entschlossen handeln: rechtsextreme Netzwerke offenlegen, Finanzierungsquellen kappen, Parteiverbotsoptionen prüfen. Die Demokratie darf nicht weiter tatenlos zusehen.

Engagierte Kommunalpolitik, Lehrkräfte, Ehrenamtliche in Sportvereinen – sie sind die wichtigste Verteidigungslinie gegen Demokratiefeinde und zugleich die ersten, die von der AfD und ihren Helfershelfern bedroht werden. Doch sie werden oft allein gelassen. Schutzmaßnahmen für diese Menschen müssen oberste Priorität haben: konsequente Strafverfolgung von Bedrohungen, klare Regelungen in Gemeindeverordnungen gegen Einschüchterungen und stärkere Unterstützung für gefährdete Akteure. Auch Justiz und Sicherheitsbehörden müssen auf die wachsende Bedrohungslage vorbereitet sein – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen, sondern durch eine konsequente Anwendung bestehender Gesetze.

Gemeindezentren, Stadtteiltreffs, Jugendclubs – sie sind Orte des Zusammenhalts und zugleich Angriffsziele rechtsextremer Strukturen. Die neue Regierung muss sie schützen und ausbauen, besonders in ländlichen Regionen, wo rechtsextreme Netzwerke soziale Lücken bewusst ausnutzen.

Wiederkehrende Anschläge zeigen: Die Extremismus-Kategorien greifen zu kurz

Immer wieder erschüttern schreckliche Anschläge das Land – Angriffe, die nicht immer eindeutig dem Rechtsextremismus oder Islamismus zugeordnet werden können, sondern aus einer Mischung von Hass, digitalen Radikalisierungsprozessen und Verschwörungserzählungen entstehen. Dabei spielen antisemitische Narrative eine zentrale Rolle, in denen angebliche „Strippenzieher“ die Gesellschaft kontrollieren sollen. Das Resultat ist ein gefährliches Feindbild, in dem neben Jüd*innen auch Frauen, Muslim*innen, queere Menschen, Geflüchtete, politische Gegner*innen und Medienschaffende als Feinde konstruiert werden.

Daher muss die nationale Strategie gegen Antisemitismus gestärkt und konsequent umgesetzt werden. Zugleich sind die bestehenden Demokratieprogramme zur Prävention von religiös motivierter Radikalisierung finanziell auszubauen. Hochschulen, Kunst und Kultur müssen sich intensiver mit Antisemitismus und Israelhass auseinandersetzen, ohne dabei die Freiheit der Kunst einzuschränken. Die Bundesregierung darf nicht länger Anschläge isoliert betrachten, sondern muss ideologische Netzwerke und digitale Radikalisierungsräume konsequent in den Blick nehmen.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht durch klare Kante – und soziale Sicherheit

Hetze wird systematisch produziert: auf TikTok, in Telegram-Gruppen, in Kommentarspalten. Plattformen müssen in die Verantwortung genommen werden. Der „Digital Services Act“ gibt den rechtlichen Rahmen vor – jetzt muss er konsequent angewendet werden. Wer Hass und Desinformation duldet, muss Konsequenzen spüren.

Doch gesellschaftlicher Zusammenhalt bedeutet mehr als nur die Bekämpfung von Hetze. Er entsteht, wenn Menschen sich in ihrem Land sicher fühlen – nicht nur vor Bedrohungen, sondern auch wirtschaftlich und sozial. Wer Sicherheit will, muss Zugehörigkeit schaffen. Integration ist keine Bedrohung, sondern die beste Strategie gegen gesellschaftliche Spannungen. Sprachkurse, schnellere Anerkennung von Abschlüssen, bessere Zugänge zum Arbeitsmarkt – wer hier investiert, investiert in die Stabilität dieses Landes und verringert das Risiko gesellschaftlicher Radikalisierung.

Doch auch für viele, die schon lange hier leben, wächst die Unsicherheit. Menschen verlieren das Vertrauen in die Politik, weil sie den Eindruck haben, dass ihre Lebensrealität keine Rolle spielt. Eine demokratische Regierung muss sich dieser Kritik stellen und Antworten liefern – nicht durch autoritäre Versprechen, sondern durch greifbare Verbesserungen im Alltag.

Jetzt entscheiden die Koalitionsparteien, wem dieses Land gehört

Ein Koalitionsvertrag ist mehr als eine Liste von Maßnahmen. Er ist eine Erzählung über dieses Land – und darüber, was es sein soll. Deshalb darf er nicht auf die im Wahlkampf geschürten rassistischen Narrative hereinfallen, sondern muss sie bewusst brechen. Wer weiter von „Belastung durch Migration“ spricht oder suggeriert, dass Einbürgerung ein Sicherheitsrisiko sei, übernimmt genau die Erzählungen, die Rechtsextreme seit Jahren verbreiten. Dabei geht es längst nicht mehr um konkrete Maßnahmen, sondern um eine politische Strategie: Migration als Bedrohung darzustellen, um gesellschaftliche Spaltung voranzutreiben.

Der Koalitionsvertrag muss stattdessen klarmachen, dass Einwanderung und Vielfalt nicht nur Teil der Lösung sind – sondern dass sich diese Regierung aktiv gegen Rassismus stellt. Das aktuelle Lagebild Rassismus der Bundes-Antirassismusbeauftragten zeigt, wie tief rassistische Diskriminierung in Deutschland verankert ist – in Behörden, auf dem Wohnungsmarkt, im Gesundheitswesen und in der Arbeitswelt. Es reicht nicht, nur über Integration zu sprechen, ohne gleichzeitig die strukturellen Hürden zu benennen, die Menschen mit Migrationsgeschichte erleben.

Wenn die Koalitionsparteien Vertrauen zurückgewinnen wollen, braucht es Klarheit, Selbstkritik und den Mut, Rassismus in allen gesellschaftlichen Bereichen offensiv zu bekämpfen. Arbeit gegen Rassismus darf keine Randnotiz sein – er muss sich als Querschnittsaufgabe durch die gesamte Regierungsstrategie ziehen.

Diese Koalitionsverhandlungen sind eine Richtungsentscheidung: Will diese Regierung für Demokratie kämpfen? Viele Menschen haben gezeigt, dass sie bereit sind, für ihre Demokratie, gegen alte und neue Nazis auf die Straße zu gehen. Die Frage ist nur, wann die Politik endlich mitzieht.

Perspektive Ost: Utopien mit Leben füllen

"Die Zivilgesellschaft ist ausgelaugt. Das ist auch kein Wunder, schließlich erleben wir seit knapp zehn Jahren eine stetige Zunahme von Rechtsextremismus" (Foto: Kira Ayyadi)

Perspektive Ost zeigt solidarische Perspektiven für Ostdeutschland. „Es spielt keine Rolle, ob Engagement im Kleinen oder im Großen stattfindet. Was zählt, ist die Haltung: der Mut, Verantwortung zu übernehmen und aktiv mitzugestalten.“

Rassistisches, rechtsextremes und autoritäres Denken wird zunehmend gesellschaftsfähig, nicht nur in Ostdeutschland. Trotz offensichtlicher Missstände und akuten Bedrohungen für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt bleibt der große gesellschaftliche Aufbruch aus. Doch überall gibt es Menschen, die für Veränderung kämpfen – zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die als Moderator*innen gesellschaftlicher Prozesse wirken, Räume für Dialog schaffen und neue Formen des Zusammenlebens erproben. Das Projekt Perspektive Ost macht dieses breite, oft ehrenamtliche Engagement sichtbar. Unterstützt von der Amadeu Antonio Stiftung traf sich Perspektive Ost mit 28 Projekten in Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern und sprach mit ihnen über Utopien und Visionen für ein demokratisches Miteinander.

Zwei Aspekte sind für wirkungsvolle Transformationen und lebendige demokratische Utopien entscheidend: Selbstermächtigung als demokratische Praxis und eine Erzählung, die das bessere Morgen nicht nur als Notwendigkeit, sondern als etwas Erstrebenswertes zeigt. Damit aus Ideen gemeinsames Handeln entsteht, müssen positive Visionen des Zusammenlebens greifbar, lebensnah und einladend sein. Utopien dürfen nicht abstrakt bleiben, sondern müssen im Alltag erfahrbar werden – als gelebte Alternativen, die Hoffnung und Möglichkeiten eröffnen.

Selbstermächtigung als demokratische Praxis

Zivilgesellschaftliches Engagement ist für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit. Einige fühlen sich ohnmächtig und glauben nicht daran, dass ihr Handeln einen Unterschied macht. Die Vereinzelung in der Gesellschaft nimmt zu und der Rückzug ins Private schwächt das kollektive Moment. Dies stellt eine große Herausforderung für Projekte und Initiativen dar, da sie durch den hohen Aufwand an Eigenorganisation oft nicht weit genug aus der eigenen Blase herauskommen. Es bleibt eine Herausforderung, Menschen zu erreichen, die nicht ohnehin schon Teil der eigenen Netzwerke sind. Dabei zeigt sich immer wieder: Wenn Menschen erleben, dass sie gestalten können, wächst die Bereitschaft, sich einzubringen.

„Ich glaube, wenn man Leuten Raum gibt, egal ob jetzt Raum im Sinne eines physischen Raums oder einfach auch Platz zum Denken, […] dass dann ganz viel entsteht.“ – Fritzi, Komplex, Schwerin

Aus zivilgesellschaftlichen Räumen entsteht echte Veränderung. Stadtteilarbeit, politische Bildung, Kulturkneipen, Jugendarbeit oder Wohnprojekte schaffen niedrigschwellige Zugänge zur Demokratie und sind nur einige Beispiele, in denen Mitbestimmung mehr ist als ein abstraktes Ideal – sie wird beim Sport, im Kulturzentrum oder der feministischen Bibliothek, in der solidarischen Landwirtschaft, in selbstverwaltete Wohnprojekten oder bei der zivilgesellschaftlichen Arbeit in Kollektiven und Bündnissen greifbar. Es sind die Praktiken und Initiativen, die den Menschen nicht nur eine Stimme geben, sondern auch zeigen, wie sie die Welt unmittelbar beeinflussen können.

Was es zusätzlich braucht, sind Narrative, die Alternativen zu bestehenden Machtverhältnissen und menschenfeindlichen Ideologien sichtbar machen. Diese Narrative müssen niedrigschwellige Zugänge schaffen, damit Menschen sich mit ihrer eigenen Situation und den sie umgebenden Strukturen auseinandersetzen können. Doch Selbstermächtigung entsteht nicht in einem Vakuum, sie wird durch Erfahrungen von Teilhabe und Selbstwirksamkeit gelernt. Momente, in denen Menschen spüren, dass ihr Handeln zählt und Veränderung möglich ist, sind wichtig. Dazu braucht es die richtigen Zugänge und Vorbilder, die zeigen, dass Veränderungen nicht nur denkbar, sondern realisierbar sind. Orte, die Begegnungen und Teilhabe ermöglichen, transportieren im besten Fall gesellschaftliche Gegenentwürfe – sei es im Kleinen, durch gegenseitige Unterstützung, oder im Großen, indem sie Raum für gesellschaftliche Veränderung schaffen.

Das bessere Morgen ist jetzt? – Warum Utopien Freude machen müssen

Welche Ideen sind groß genug, um die Vielfalt der Gesellschaft einzuschließen, und gleichzeitig konkret genug, um realistisch und umsetzbar zu wirken?

Solche Visionen erfordern den Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse: Welche Voraussetzungen müssen wir heute schaffen, um alternative zivilgesellschaftliche Räume und Strukturen zu bewahren, die das Fundament für diese Utopien bilden? Wie beenden wir den fortschreitenden Verlust sozialer und kultureller Initiativen und Freiräume, die diese Zukunft tragen könnten?

„Wir benennen schwierige Probleme und sehen was alles scheiße läuft. Was man nicht hinkriegt ist ein positives Grundgefühl zu erzeugen, wo es auch Spaß macht, dabei zu sein.“ – Marcel, Siebenhitze, Greiz

Auf den Gebrauchswert kommt es an!

Veränderung wird dann unwiderstehlich, wenn sie nicht nur als Kampf, sondern auch als Gewinn empfunden wird. Deshalb braucht es nicht nur Kritik am Bestehenden, sondern auch das Bild einer Zukunft, die begeistert – eine Zukunft, die wir gemeinsam gestalten können. Viele der Menschen, die sich engagieren, arbeiten in einem Umfeld, das von strukturellen Unsicherheiten, fehlenden Ressourcen, teils feindseligen Haltungen und Bedrohungen durch die extreme Rechte geprägt ist. Die drängenden globalen Herausforderungen verstärken den Druck und erzeugen ein Gefühl der Überforderung. Doch gerade in solchen Momenten zeigt sich, wie wichtig greifbare Visionen sind.

„Einen Gebrauchswert, echten Gebrauchswert haben, der dann auch den Funken überspringen lässt.“ – Robert, Zora, Halberstadt

Es spielt keine Rolle, ob Engagement im Kleinen oder im Großen stattfindet. Was zählt, ist die Haltung: der Mut, Verantwortung zu übernehmen und aktiv mitzugestalten, selbst wenn die Herausforderungen überwältigend erscheinen. Utopien für die Gesellschaft sind dabei unverzichtbar, denn sie stiften Hoffnung und zeigen Wege in eine bessere Zukunft – Perspektive Ost macht dies bereits vor und schenkt den positiven Visionen des Zusammenlebens in Ostdeutschland mehr Aufmerksamkeit. Die Blickrichtung muss klar sein:  Denkt groß, träumt mutig und handelt entschlossen. Die Zukunft braucht Menschen, die nicht nur zuschauen, sondern ihre Umgebung aktiv gestalten – mit Raum für Ideen und dem Willen, neue Wege zu gehen.

Mehr Informationen zu den Projekten und ihren gesellschaftlichen Visionen findet ihr auf dem Instagramkanal @perspektiveost und in ihrem Magazin.

Salzwedel: Nächste Kommune lehnt Fördermittel für Demokratiearbeit ab

In Salzwedel kommt es zu einem gefährlichen Präzedenzfall bei der Demokratieförderung. (Quelle: Rainer Kubulek | Pixabay)

Die nächste Kommune lehnt Fördermittel für Demokratiearbeit ab. Wie lässt sich Demokratieförderung in Salzwedel und anderswo sichern? Ein Kommentar von Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. 

Die Stadt Salzwedel in Sachsen-Anhalt hat eine bereits zugesagte Förderung von 700.000 Euro aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ abgelehnt, wie die Volksstimme aus der Stadtratssitzung berichtet. Über acht Jahre hinweg hätten mit den Mitteln Jugendprojekte, lokale Initiativen und Vereine unterstützt werden können – ohne zusätzliche Belastung für den kommunalen Haushalt. Doch eine Mehrheit aus CDU, AfD und der Freien Fraktion verhinderte die Umsetzung. Mit der Begründung, dass die Stadt einen Eigenanteil von 4.500 Euro pro Jahr hätte tragen müssen – eine Summe, die der Bürgermeister Olaf Meining (parteilos) nach eigenen Angaben bereits durch Einsparungen kompensiert hatte. Statt sich klar von der rechtsextremen AfD abzugrenzen, wurde von der Salzwedeler CDU ein Kurs eingeschlagen, der deren Einfluss normalisiert.

Die Ablehnung traf nicht nur die Finanzierung von Jugendbeteiligung, sondern auch die geplante Koordinationsstelle für Demokratieförderung. Hinter der Entscheidung steht offenbar auch eine politische Ablehnung des bundesweit bekanntesten Vereins aus Sachsen-Anhalt „Miteinander e.V.“, der die Projekte begleiten sollte und vor allem der AfD seit Jahren ein Dorn im Auge ist.

Ein gefährlicher Präzedenzfall für weitere Kommunen

Salzwedel ist kein Einzelfall. Bereits im sächsischen Landkreis Bautzen wurden bewilligte Fördermittel in gleicher Höhe zurückgegeben. Generell geraten bundesweit Demokratieförderprogramme unter Druck. Auch in der Stadt Bautzen gab es eine kontroverse Diskussion darüber, ob die „Partnerschaft für Demokratie“ weitergeführt werden sollte. Städte, Gemeinden und Landkreise können im Rahmen von lokalen Partnerschaften für Demokratie Handlungskonzepte zur Förderung von Demokratie und Vielfalt entwickeln und umsetzen. Zur Durchführung konkreter Vorhaben stellt das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ den geförderten Kommunen Gelder für einen Aktions- und Initiativfonds zur Verfügung. Vor allem die AfD und das Bürgerbündnis Bautzen setzten sich für den Ausstieg aus dem Programm ein. Doch anders als im Landkreis entschied sich der Stadtrat von Bautzen im September 2024 mit knapper Mehrheit dafür, das Programm fortzuführen.

Parallel dazu mehren sich politische Signale, die demokratiefördernde Strukturen hinterfragen. Ein Beispiel dafür ist eine umfangreiche Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die der Bundesregierung 551 Fragen zu den Themen politische Neutralität staatlich geförderter Projekte, Gemeinnützigkeitsrecht und Transparenz bei der Mittelvergabe gestellt hat. Dabei geht es auch um Trägerorganisationen von „Demokratie leben!“ und deren politische Haltung. Die Fraktion fordert eine detaillierte Übersicht darüber, welche zivilgesellschaftlichen Akteure gefördert werden, wie deren politische Unabhängigkeit sichergestellt wird und inwieweit sie sich auf Grundlage des Gemeinnützigkeitsrechts ausschließlich mit demokratischen Grundwerten vereinbaren lassen.

Während eine kritische Auseinandersetzung mit Förderstrukturen legitim ist, zeigt sich, dass die öffentliche Diskussion über diese Fragen Auswirkungen auf die Praxis in den Kommunen hat. Die Ablehnung von Fördermitteln durch Städte wie Salzwedel oder Landkreise wie Bautzen kann auch als Folge dieser Debatte betrachtet werden. Kommunalpolitiker*innen stehen zunehmend unter Druck der rechtsextremen AfD, wenn es um die Entscheidung geht, ob sie Fördermittel für Demokratieförderung abrufen oder nicht.

Positives Beispiel: CSU-Landrat übernimmt Vorsitz der Partnerschaft für Demokratie

Dass es auch anders geht, zeigt der Landkreis Dachau. Dort wurde der CSU-Landrat Stefan Löwl vor einem Monat zum Vorsitzenden der Partnerschaft für Demokratie gewählt. Trotz der anhaltenden Diskussionen um die Förderstrukturen betont Löwl, dass die Partnerschaft für Demokratie politisch neutral arbeite und ein wichtiger Bestandteil für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sei.

Auch wenn er Verständnis für Transparenzfragen hat, sieht Löwl die Diskussion um die CDU-Anfrage kritisch. Die umfangreiche Befragung zur Neutralität geförderter Organisationen habe zu Verunsicherung in der Zivilgesellschaft geführt. Dennoch bleibt er bei der Unterstützung der Demokratiearbeit und lässt sich bei der Süddeutschen Zeitung zitieren: „Man nehme es mit der parteipolitischen Neutralität schließlich sehr genau.“

Demokratieförderung ist langfristige Prävention

Es braucht verlässliche Lösungen auf Bundes- und Länderebene, um Kommunen in der Demokratieförderung zu unterstützen. Viele dieser Programme wurden eingeführt, weil vorher in Jugendförderung und Kulturarbeit gekürzt wurde. Wer diese Mittel jetzt streicht, riskiert langfristig höhere gesellschaftliche Kosten.

Das Bundesfamilienministerium sollte es Kommunen mit einer sehr prekären Haushaltssituation ermöglichen, an dem Programm teilzunehmen und die Umsetzung von Partnerschaften für Demokratie ohne staatliche Beteiligung ermöglichen.

Denn wo Präventionsarbeit fehlt, steigt das Risiko von Radikalisierung, Polarisierung und Gewalt – insbesondere in Regionen mit starken rechtsextremen Strukturen. Statt Demokratieförderung auszubremsen, braucht es klare politische Unterstützung und Planungssicherheit. Positivbeispiele wie Dachau zeigen, dass sich Kommunen und Landkreise bewusst für die Demokratiearbeit entscheiden können – auch gegen politischen Druck. Dieses Engagement gilt es zu stärken!

Demokratie lebt von Debatten, Verantwortung und Vertrauen: Offener Brief an die Unionsfraktion

In einem Offenen Brief an die Unionsfraktion weisen mehr als 200 unterzeichnende Organisationen und Einzelpersonen die mit der parlamentarischen Anfrage der Unionsfraktion zur „politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ erhobenen Vorwürfe zurück und mahnen: „Kritik und Debatte zu politischen Plänen gehören zur Demokratie dazu, sie machen sie stabil und lebendig“. Eine kritische und engagierte Bürgerschaft sei „dabei kein Störfaktor, sondern stärkt unser Land und ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie.“

Die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen wünschen sich Unterstützung statt Misstrauen: sie arbeiten – bundesweit und vor Ort – in Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaft und im Kulturbereich, engagieren sich ehrenamtlich in parteiübergreifenden Bündnissen, Initiativen wie den „Omas gegen Rechts“ oder hauptamtlich in kirchlichen Institutionen, leiten Mahn- und Gedenkstätten, vertreten als Dachverbände mehrere Dutzend Frauenorganisationen oder die Rechte von behinderten Menschen, helfen als Fachorganisationen, als Beratungsstellen oder in der Jugendhilfe. Alle eint die Erfahrung, dass bürgerschaftliches, zivilgesellschaftliches Engagement seit Jahren angegriffen und diskreditiert wird.

„Der Wahlkampf ist vorbei, die Gesellschaft ist unter Druck und viele Engagierte erleben Anfeindungen von Rechtsaußen. Wir wollen wieder ins Gespräch kommen und gemeinsam mit der Union darüber diskutieren, was unsere Gesellschaft zusammenhält: konstruktive Debatte, Grundrechte und Solidarität“, heißt es in dem Offenen Brief.

Die Unterzeichnenden teilen die Sorge und Irritationen mit vielen gesellschaftlichen Akteuren, die in den letzten Tagen eigene Stellungnahmen herausgegeben haben, beispielsweise:


Offener Brief an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Ihre Kleine Anfrage „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ – eine demokratische Verantwortung?

Sehr geehrte Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Sehr geehrter Herr Merz, sehr geehrter Herr Dobrindt,

die Union in Deutschland steht für eine wehrhafte Demokratie. Mit „Eigenverantwortung, Leistung und Solidarität“ sollen die aktuellen tiefgreifenden Umbrüche bewältigt werden – so steht es in Ihrem Wahlprogramm. Aber: „Populisten und Extremisten vertiefen die Spaltung immer weiter“.

Wir teilen diese Einschätzung und glauben, dass in einer Demokratie Streit und Debatte über den gemeinsamen Weg wichtig und zentral sind. Die Bürgergesellschaft, die wir Zivilgesellschaft nennen, ist in Deutschland geprägt durch die aktive Partizipation vieler, die das öffentliche Leben gestalten und auf der Basis des Grundgesetzes um die besten Lösungen ringen. Das eint uns und unterscheidet uns von Demokratiefeinden.

Wir alle verteidigen – oftmals mit dem Rücken zur Wand – eine lebendige demokratische Kultur vor Ort und setzen uns seit Jahrzehnten für eine pluralistische und liberale Demokratie, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus ein. Umso stärker sind wir schockiert über die Sichtweise auf bürgerschaftliche Organisationen, die in Ihrer direkt nach der Bundestagswahl eingebrachten Kleinen Anfrage „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ (Drucksache 20/15035) vertreten wird. Die mit der Anfrage eingefordertepolitische Neutralität zivilgesellschaftlicher Organisationen ist nicht nur Teil einer kritischen Nachfrage. Die Vorwürfe betreffen den Kern einer freiheitlichen Gesellschaft: Kritik und Debatte zu politischen Plänen gehören zur Demokratie dazu, sie machen sie stabil und lebendig. Statt demokratisches Engagement zu würdigen, zu schützen und zu stärken, stellen Sie ehrenamtliche Initiativen ebenso wie gemeinnützige Vereine, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen unter Generalverdacht.

Werden Sie Ihrer demokratischen Verantwortung gerecht

Als größte Fraktion im Deutschen Bundestag und voraussichtliche Regierungspartei tragen Sie eine besondere Verantwortung, unser demokratisches Fundament zu bewahren und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Eine kritische und engagierte Bürgerschaft ist dabei kein Störfaktor, sondern stärkt unser Land und ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie.

Zivilgesellschaft ist nicht neutral

Neutralität bedeutet nicht Gleichgültigkeit: Organisationen müssen sich weiterhin klar gegen Angriffe auf die Menschenwürde positionieren können. Sie beziehen sich auf das Grundgesetz und verteidigen die darin verankerten Werte. Demokratie lebt von Verantwortungsbewusstsein – auch in der Zivilgesellschaft. Nichtregierungsorganisationen sind zudem Grundrechtsträger: ihre Äußerungen sind Teil des pluralistischen Meinungsspektrums.

Demokratie braucht konstruktive Diskussionen, keine Einschüchterung

Gerade in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Spannungen sollten demokratische Parteien sich nicht an Versuchen beteiligen, zivilgesellschaftliches Engagement durch öffentliche Zweifel und potenzielle rechtliche Konsequenzen zu delegitimieren. Lassen Sie uns stattdessen über eine Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts sprechen, die demokratisches Engagement schützt.

Innere Sicherheit ist Sicherheit für alle

Als Partei, die sich der Inneren Sicherheit verpflichtet fühlt, sollte sich gerade die Union noch stärker dem Erstarken rechtsextremer Deutungsangebote entgegenstellen – denn diese führen zu tagtäglicher realer Gewalt. Das zeigen sowohl die vom Bundesinnenministerium im Januar veröffentlichten Zahlen zu rechtsextremen Straf- und Gewalttaten als auch die jährliche Bilanz der unabhängigen Opferberatungsstellen. Gerade diejenigen, die sich für die Demokratie und Betroffene einsetzen, brauchen hier Ihre Unterstützung.

Demokratie lebt von Debatten – und von Verantwortung

Eine wehrhafte Demokratie lebt vom Engagement der Menschen, die sich für sie einsetzen. Diese Menschen und Organisationen brauchen mehr denn je Schutz und Rückendeckung, auch wenn die Positionen auseinander liegen. Werden Sie dieser demokratischen Verantwortung gerecht und lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung übernehmen.

Mit freundlichen Grüßen

  • Agendagruppe Fairtrade Stadt Vaihingen an der Enz
  • Aktion 3% Föhren e.V.
  • Aktion Kinder- und Jugendschutz SH e.V., Iris Janßen, Vorstandsvorsitzende AKJS SH e.V. und Murat Baydaş, stellv. Vorstandsvorsitzender AKJS SH e.V.
  • Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.
  • Aktionsbündnis gegen AIDS, Peter Wiessner
  • Aktionsbündnis Odenwald gegen Rechts
  • Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)
  • Aktive Frauen Biebesheim
  • AKTIVOLI-Landesnetzwerk Hamburg e.V.
  • Allgemeiner Studierendenausschuss, Universtität Trier
  • Amadeu Antonio Stiftung
  • Amnesty International Deutschland e.V.
  • Amt für Jugendarbeit der Ev. Kirche von Westfalen
  • Andreas Froese, Gedenkstättenleiter KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora
  • Antidiskriminierungsforum Saar e. V.
  • Antonia Rösner, Geschäftsstelle des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses zur Interkulturellen Woche
  • Arbeit und Leben im Kreis Herford DGB/VHS e.V.
  • ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V., Miro Jennerjahn, Geschäftsführer
  • Arbeitsgemeinschaft Grenzenlos gedenken (Trier/LUX)
  • Arbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und JugendfreizeitstättenBaden-Württemberg e.V. (AGJF BW), Elena Ganz und Clemens Kullmann, Vorsitzende
  • Arbeitskreis ehemalige Synagoge Pfungstadt e.V., Renate Dreesen, Vorsitzende
  • Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge
  • Auf die Plätze Bündnis Erfurt
  • Augen auf e.V. Oberlausitz
  • AVP – Akzeptanz-Vertrauen-Perspektive e.V. Düsseldorf, Matthias Focks, Geschäftsführung
  • AWO Schleswig-Holstein
  • Backup-Comeback – Couragiert Demokratie stärken! e.V.
  • BEFORE e.V., Beratung und Unterstützung bei Diskriminierung, Rassismus und Gewalt
  • Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER)
  • Bezirksvorstand des ver.di Bezirkes Thüringen
  • Birgit Kipfer, Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. / BW
  • Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V.
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Ausstieg zum Einstieg e.V.
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der mobilen spielkulturellen Projekte e.V.
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendarbeit e. V.
  • Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus e.V. (BAG RelEx), Vorstand und Geschäftsführung
  • Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben e.V.
  • Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e.V
  • Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm)
  • Bundesverband Mobile Beratung e.V., Grit Hanneforth, Geschäftsführerin
  • Bündnis „Wage Mut!“ für Demokratie Mecklenburg, Dieter Gnann, Gross Krams, Sprecher
  • Bündnis gegen Rechts Darmstadt
  • Bündnis Weltoffener Unstrut-Hainich-Kreis
  • Bunt ohne Braun im Landkreis Darmstadt-Dieburg
  • Changing Cities e.V.
  • colorido e. V. Plauen
  • cultures interactive e.V., Silke Baer, Geschäftsführerin
  • D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt
  • Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V.
  • Deutsche Kinder- und Jugendstiftung
  • Deutsche KlimaStiftung, Arne Dunker, Geschäftsführender Vorstand
  • Deutscher Frauenrat, Dr. Beate von Miquel, Vorsitzende
  • Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer
  • Distanz – Distanzierungsarbeit, jugendkulturelle Bildung und Beratung e.V., Peer Wiechmann, Geschäftsführer
  • Dr. Tessa Debus, Wochenschau Verlag, Verlegerin
  • Dr. Tobias Linnemann, Bildungswerkstatt Migration & Gesellschaft
  • Dr.in Lisa Tölle, EXIT-EnterLife e.V.
  • Eine Welt Verein Kirchheim unter Teck e.V.
  • Eine-Welt-Landesnetzwerk M-V e. V.
  • Einsetzen STatt Aussetzen – ESTAruppin e.V.
  • EIRENE Internationaler Christlicher Friedensdienst e.V.
  • EmpowerMensch – Beratungszentrum gegen Diskriminierung
  • Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V.
  • Eric Wrasse, Stiftung Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW)
  • Erlebniswerkstatt Saar e.V.
  • Europe Calling e.V.
  • Evangelische Akademie der Nordkirche
  • Evangelische Studierendengemeinde (ESG) Magdeburg
  • Evangelischer Regionalverband Frankfurt und Offenbach
  • Evangelisches Dekanat Groß-Gerau – Rüsselsheim
  • Ezra – Beratung für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen
  • Fabian Salars Erbe e.V. – Für Toleranz und Zivilcourage, Kai-Uwe Fülle-Netzer und Salome Saremi-Strogusch
  • Faire Welt e.V. / Weltladen Herrenberg
  • finep – forum für internationale entwicklung + planung
  • fint e.V. – Gemeinsam Wandel gestalten
  • FiSH Filmfestival Rostock
  • Florian Wenzel, Netzwerk Politische Bildung Bayern
  • Flüchtlingskinder im Libanon e.V.
  • Förderverein für Frauenzimmer e.V. Notruf und Beratung für Frauen und Mädchen Kappeln, Christiane Schwerdhöfer
  • Förderverein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz e.V., Dr. Martin Schlüter, Vorsitzender
  • Förderverein Utopiastadt e.V.
  • Forum der Kulturen Stuttgart e.V.
  • Forum für kritische Rechtsextemismusforschung (FKR), Leipzig
  • Frauenkreise & Space2groW Berlin
  • FriedensNetz Saar
  • Gedenkstätte Ahrensbök
  • Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne
  • Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland, Sophia Oppermann und Rebecca Weis
  • Grenzenlos Digital e.V., Dr. Juliane Stiller und Dr. Violeta Trkulja
  • HateAid
  • Heinz-Joachim Lohmann, Beauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zum Umgang mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
  • Hildegard Lagrenne Stiftung, Alexander Diepold, Geschäftsführer
  • House of Ressources Greifswald
  • Human Rights Watch
  • IFAK e.V., Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe – Migrationsarbeit, Friederike Müller, Geschäftsführerin
  • Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz
  • Initiative EINE WELT Köngen e. V.
  • Initiative Lorsch bleibt stabil, Anika Obal und Patrick Metz
  • Initiative: Vielfalt. Jetzt!, Manfred Forell, Sprecher
  • Institut für angewandte Demokratie- und Sozialforschung – anDemos e.V.
  • Jetzt – Verein für Beratung, Coaching und Bildung e.V.
  • KAB Diözesanverband Freiburg e.V.
  • KAB Diözesanverband Trier
  • Kabutze e.V. Greifswald
  • Karsten Wolff, Ökumenische Arbeitsstelle des Kirchenkreises Nordfriesland
  • KAST e.V. Neumünster
  • Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands, Bundesvorstand: Bundespräses Stefan-B. Eirich und Bundesvorsitzender Andreas Luttmer-Bensmann
  • Kirsten Hopster, Vorstandsvorsitzende, Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Bielefeld e.V.
  • Kooperationsverbund Offene Kinder- und Jugendarbeit
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
  • Kulturbüro Dresden – Büro für freie Kultur- und Jugendarbeit e.V.
  • Kulturbüro Sachsen, Michael Nattke, Geschäftsführer
  • Kulturland MV gGmbH
  • LAG Songkultur Thüringen, Cornelius Kirfel
  • Ländernetzwerk Music Women* Thüringen
  • Landesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendbildung Baden-Württemberg e.V. (LAGO BW)
  • LidiceHaus gGmbH Bildungsstätte Bremen
  • LIFE Bildung Umwelt Chancengleichheit e.V.
  • LSVD+ – Verband Queere Vielfalt e. V.
  • MBT Hessen – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus und Rassismus für demokratische Kultur in Hessen e.V.
  • Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e.V., Pascal Begrich, Geschäftsführer
  • Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Düsseldorf
  • Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus NRW
  • Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus OWL/Regierungsbezirk Detmold
  • MOBIT e.V.
  • modus|zad – Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung gGmbH
  • Murisa Adilovic, Vorsitzende des Integrationsrats Bielefeld
  • Music S Women* e.V.
  • Netzwerk Demokratiebildung in Thüringen
  • Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC)
  • Neue Deutsche Medienmacher
  • Netzwerk Tolerantes Sachsen
  • NinA NRW – Zivilgesellschaftliche Ausstiegs- und Distanzierungsberatungsstelle im Kontext Rechtsextremismus
  • Offene Arbeit des Evangelischen Kirchenkreises Erfurt
  • Offene Jugendarbeit der ev. Altstadtgemeinden St. Jacobi, St. Marien und St. Nikolai Greifswald
  • Ökumenische Arbeitsstelle Mecklenburg
  • Omas gegen Rechts aus Neustadt in Holstein
  • Omas gegen Rechts Bergstraße
  • Omas gegen Rechts Erfurt e.V.
  • Omas gegen Rechts Eutin, Plön und Umgebung
  • Omas gegen Rechts Flensburg
  • Omas gegen Rechts Georgsmarienhütte
  • Omas gegen Rechts Groß-Gerau
  • Omas gegen Rechts Hannover
  • Omas gegen Rechts Lauenburg/Büchen
  • Omas gegen Rechts Lübeck
  • Omas gegen Rechts Magdeburg
  • Omas gegen Rechts Mörfelden-Walldorf
  • Omas gegen Rechts Regionalgruppe Dissen am Teutoburger Wald
  • Omas gegen Rechts Rüsselsheim
  • Omas gegen Rechts Saar
  • Omas gegen Rechts, Regionalgruppe Walsrode
  • Omse e.V., Geschäftsführenden Vorstände Andreas Schaefer und Andreas Warschau
  • Opferperspektive – Solidarisch gegen Rassismus, Diskriminierung und rechte Gewalt e.V.
  • Palais e.V. Trier
  • Paritätische Regionalgruppe Trier
  • Pastor Heiner Wedemeyer, Ökumenische Arbeitsstelle des Kirchenkreises Dithmarschen
  • pax christi – deutsche Sektion, Gerold König, Bundesvorsitzender
  • Pinkstinks Germany e.V., Ariane Lettow, Geschäftsführerin
  • Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Bergische Universität Wuppertal
  • Prof. Dr. Carsten Bünger, Erziehungswissenschaftler, PH Schwäbisch Gmünd
  • Prof. Dr. Hans-Jürgen Bieling, Universität Tübingen
  • Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Stiftungsdirektor Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora
  • Prof. Dr. Johannes Varwick, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Prof. Dr. Kerstin Jergus, Universität Hamburg
  • Prof. Dr. Petra Dobner, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • Prof. Dr. Stephan Bundschuh, Hochschule Koblenz
  • Prof. Dr. Stephan Lessenich, Goethe-Universität Frankfurt a.M., Institut für Sozialforschung
  • Pulse of Europe Dieburg
  • RAA | Demokratie und Bildung Mecklenburg-Vorpommern e. V.
  • RAA Berlin, Katja Kinder und Irène Servant
  • RAA Sachsen e.V.
  • Re:solut e.V.
  • RE/init – Bildungswerk Demokratie und Vielfalt, Gerd Specht
  • RE/init e.V, Rita Beckman und Jovana Kartal
  • Regionalstelle Süd des Beratungsnetzwerks Hessen
  • Runder Tisch Ahrensburg für Zivilcourage und Menschenrechte, Bernadette Kölker und Elke Petter
  • SOS Humanity e.V.
  • Spielmobile e.V.
  • Spotlight – Antifeminismus erkennen und begegnen
  • SSC Hagen Ahrensburg
  • Stadt-Land.move – Werkstatt für sozial-ökologischen Wandel e.V.
  • Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus
  • Stiftung Nord-Süd-Brücken, Andreas Rosen, Geschäftsführung
  • Stolpersteine Heppenheim e.V. – Erinnern für die Zukunft
  • Terre des Hommes Deutschland e.V., Joshua Hofert, Vorstand
  • Thomas Schmidt, Fachstelle Stärkung der entwicklungspolitischen Zivilgesellschaft Greifswald
  • Tobias Till Keye, RCE Stettiner Haff – Verein Bildung für nachhaltige Entwicklung
  • Trägerverein der Gedenkstätte Ahrensbök/ Gruppe 33 e.V.
  • Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg e.V.
  • VBRG – Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V.
  • Vera Lüdeck, Geschäftsführerin LAG Rock in Niedersachsen e.V.
  • Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung e.V. – juz-united
  • Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen Brandenburgs e.V. (VENROB)
  • Verein für demokratische Kultur in Berlin e.V. (VDK), Bianca Klose, Geschäftsführerin
  • verquer. Bildungsarbeit zu Themen globaler GerechtigkeitVorpommern
  • Violence Prevention Network gGmbH
  • WABE e.V. – Weser-Aller-Bündnis für Demokratie und Zivilcourage, Gunda Schmidtke, Vorsitzende
  • Weimarer für Menschenfreundlichkeit – Das Weimarer Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus
  • Weltladenverein HochdorfWerkstatt Ökonomie e.V. | im WeltHaus Heidelberg
  • Willi-Eichler-Akademie e.V.
  • WirSindNichtStill aus der Stecknitz-Region – für Demokratie und Menschenrechte – gegen Rechtsextremismus
  • Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz e.V.
  • Yeşil Çember – ökologisch interkulturell gGmbH

Gesucht: Protagonist*in/ Content Creator*in für TikTok Projekt „shift & tell” – Kollaboration im Projektjahr 2025 (Juni – September)

Wir suchen eine*n Creator*in/Protagonist*in, die bereits Erfahrungen mit audiovisueller Darstellung/Videocontenterstellung mitbringt und Lust auf eine kollaborative Zusammenarbeit mit unserem Projekt shift & tell hat. Deine Rolle ist es, durch authentische und mitreißende Videostorytelling, Stereotype aufzubrechen und nachvollziehbar zu machen für jungen Menschen, was es bedeutet im Alltag mit Antisemitismus konfrontiert zu sein.

Die Videokampagne soll nicht nur zur Reflexion anregen, sondern auch Perspektivwechsel ermöglichen – junge Menschen sollen lebensweltorientiert und auf Augenhöhe verstehen lernen, wie Antisemitismus sich auf Betroffene auswirkt und was man dagegen tun kann.

Das Projekt shift and tell – Gemeinsam gegen Antisemitismus

Das Projekt shift and tell sensibilisiert junge TikTok-Nutzer*innen über Antisemitismus und zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten auf. Herzstück des Projekts ist eine Storytelling-Videoreihe, die Antisemitismus praxisnah und emotional aufbereitet. Die Videos werden auf dem Kanal der Amadeu Antonio Stiftung ausgespielt und von einem medienpädagogischen Community-Management begleitet. Ziel ist es, sowohl Empathie und kritisches Denken zu fördern als auch jüdische und betroffene Creator*innen und Nutzer*innen zu empowern.

In kurzen, prägnanten Videos erleben wir eine junge Person in alltäglichen Situationen, in denen ihr unterschiedliche antisemitische Phänomene/Ausdrucksweisen begegnen. Die Videoreihe soll das Schwinden von Rückzugsräumen aufzeigen und wie Alltagsantisemitismus jungen Menschen in ihren Lebensräumen begegnet. Auch mögliche Gegenstrategien und Momente des Empowerment sollen abgebildet werden. Der Storytelling-Ansatz begleitet die Hauptperson und bildet auch die Gedankenwelt und Emotionen mit ab. Die Videokampagne wird mit einem Teaser angekündigt und durch ein für das Projekt entwickeltes Motion Design gerahmt. Die Videos funktionieren einzeln, können aber durch den thematischen und darstellerischen roten Faden auch als größere Geschichte verstanden werden. Alle Videoskripte entstehen in kollaborativer Zusammenarbeit mit dem*der Protagonist*in und einer professionellen Videoproduktionsfirma. Wir werden an ca. max. 5 Drehtagen an den ausgewählten Kulissen in Berlin produziert. Etwaige Fahrt- und Unterbringungskosten müssen von dem*der Protagonist*in eigenständig übernommen werden.

Gerahmt wir die Videokampagne von zusätzlichen Videos, in denen Expert*innen die Phänomene einordnen und unser shift & tell Team medienpädagogische Handlungsstrategien und ein Community-Management zur Rahmung beisteuern. Bei einer Videovernissage im September werden die Videos veröffentlicht. Drehtage sind im Juni/Juli angedacht.

Wen wir suchen:

  • Erfahrung mit Videocontent: Du hast bereits Erfahrungen gemacht mit Videocontentcreation (idealerweise als Micro-Influencer*in) und fühlst dich wohl über Antisemitismus und gesellschaftliche Themen öffentlich zu sprechen.
  • Betroffenenperspektive oder Erfahrung: Du hast einen persönlichen Zugang zum Thema Antisemitismus, sei es durch eigene Erfahrungen, Expertise oder Engagement und du sprichst dies auch gerne offen an.
  • Kreativität und Eigenständigkeit: Du verstehst, wie Kurzvideoformate funktionieren, bist trendbewusst und bringst innovative Ideen mit. Du möchtest deine Perspektive einbringen und dein Publikum mit Storytelling begeistern.
  • Kollaborative Arbeitsweise: Du arbeitest gerne mit einem Team, behältst dabei aber die kreative Freiheit, deine Inhalte authentisch zu gestalten.
  • Repräsentation: Du stimmst unseren Arbeitsdefinitionen von Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu und kannst dir vorstellen, auf dem Amadeu Antonio Stiftungskanal eine repräsentative Rolle einzunehmen.

Was dich erwartet:

  • Eine kreative, emanzipatorische Kollaboration: Gemeinsam entwickeln wir eine authentische Storytelling-Videokampagne mit 8 Videos und Teasern, die im Juni und Juli 2025 mit einer professionellen Videoproduktionsfirma gefilmt werden.
  • Vermittlung & Impact: Die Videos verbinden Storytelling mit wichtigen gesellschaftlichen Themen, um junge TikTok-Nutzer*innen für Antisemitismus zu sensibilisieren und Betroffene zu empowern.
  • Konzeptionelles Mitspracherecht: Deine Ideen und Perspektiven sind nicht nur willkommen, sondern erwünscht für die Videokampagne.
  • Professionelle Unterstützung: Die Contenterstellung wird von einem erfahrenen Team unterstützt – von der Konzeption bis zur Nachbearbeitung durch unser Team und eine professionelle Videoproduktionsfirma.
  • Sicherheitskonzept und Sensitivitykonzept
  • Veröffentlichung & Podium: Geplant ist eine Videovernissage mit Podium aller Beteiligten im September. Anschlusstermine und Folgeaufträge sind angestrebt.

Das bieten wir:

  • Faire Honorarvergütung: Deine Arbeit wird professionell vergütet – du kannst bis zu 10.000 Euro für die Konzeption & Produktion der Videoreihe verdienen.
  • Kreative Freiheit: Du behältst Mitspracherecht über deine Inhalte und bringst deine eigene Stimme und Perspektive ein.
  • Relevanz und Reichweite: Mit deiner Arbeit machst du einen Unterschied und erreichst eine junge Zielgruppe auf einer der einflussreichsten Plattformen.
  • Intervision/Supervision

Sicher und begleitet arbeiten:

Wir wissen, dass die Arbeit zu sensiblen Themen wie Antisemitismus extrem fordernd sein kann durch die Exponierung. Deshalb haben wir ein umfassendes Sicherheitskonzept ausgearbeitet, das dir einen geschützten Rahmen bietet:

  • Sensitivity-Training: Vorbereitung auf den Umgang mit sensiblen Themen und herausfordernden Situationen.
  • Community Management und Moderation: Unser Team übernimmt die Moderation von Kommentarspalten, um einen respektvollen, konstruktiven aber vor allem sicheren Austausch sicherzustellen.
  • Sicherheitsmaßnahmen: Wir sorgen dafür, dass du dich bei der Arbeit an diesem Projekt sicher und unterstützt fühlst.
  • Code of Conduct: Im Vorfeld stecken wir inhaltliche Definitionen ab, um auf einer gemeinsamen Arbeitsbasis aufzubauen

So bewirbst du dich:

Schicke uns bis 27.03.2025 deine Bewerbung bzw. Fragen zur Bewerbung an shiftandtell@amadeu-antonio-stiftung.de, mit:

  1. Kurzer Lebenslauf und max. 1 Seite Motivationsschreiben
  2. Einem kurzen Videostatement, warum du Teil des Projekts shift & tell sein möchtest (max. 1 Min)
  3. Links/Dateien zu audiovisuellem Content oder anderen aussagekräftigen Beispielen deiner bisherigen Arbeit
  4. Deinen Kontaktdaten für mögliche Rückfragen

Über uns:

Die Amadeu Antonio Stiftung setzt sich seit 1998 für die Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft ein – offline und online. Das Ziel der Stiftung ist es, eine zivile Gesellschaft zu fördern, die antidemokratischen Tendenzen entschieden entgegentritt. Dafür unterstützt sie Akteur*innen, die sich für eine demokratische Zivilgesellschaft engagieren, für Minderheitenschutz und die Menschenrechte eintreten und sich aktiv gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus einsetzen.

Auf TikTok entwickeln wir innovative Ansätze, um Desinformation, Hass und Antisemitismus entgegenzutreten. Unser Ziel: gesellschaftlichen Wandel anstoßen und digitale Zivilgesellschaft stärken.

Du hast eine Stimme. Lass sie gehört werden – und werde Teil eines antisemitismuskritischen und medienpädagogischen Bildungsprojekts: Denn Hass und Hetze brauchen Gegenwind.

Bundestagswahl 2025: Das Problem ist nicht Einwanderung – das Problem ist gewaltvolle Männlichkeit

von Ans Hartmann und Sabine Herberth

Eine wirkungsvolle Sicherheitspolitik darf sich nicht an rassistischen Feindbildern abarbeiten, sondern muss patriarchale Strukturen und gewaltvolle Männlichkeit klar als das benennen, was sie sind: eine Gefahr für Frauen, queere Menschen – und letztlich für die gesamte Demokratie.

Seit Monaten drehen sich politische Debatten über die innere Sicherheit Deutschlands fast ausschließlich um die Rolle von Migration. Die bereits seit Jahren wachsende rassistische Diskursverschiebung und die Infragestellung des Rechts auf Asyl haben sich im Zuge des Wahlkampfs sowie nach den schrecklichen Anschlägen in Magdeburg, Aschaffenburg und München weiter zugespitzt.

Dabei wäre ein weniger populistischer Blick auf Belange der inneren Sicherheit dringend notwendig: So stellt sich die Frage, warum angesichts der Statistiken von täglichen Tötungsversuchen durch Männern an ihren (Ex-)Partnerinnen und von vollendeten Tötungen an jedem zweiten Tag, Gewalt gegen Frauen im Wahlkampf kaum auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Seit Beginn des Jahres wurden bereits 17 Frauen ermordet. Trotzdem spielen Femizide, also Tötungen von Frauen, weil sie Frauen sind, in der sicherheitspolitischen Debatte kaum eine Rolle.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Femizide und die meisten Formen geschlechtsspezifischer Gewalt finden vor allem im sozialen Nahraum statt und lassen sich, sofern die Täter als weiß bzw. nichtmigrantisch gelten, nicht so leicht für rassistische Wahlkampfzwecke instrumentalisieren. Es hat fast schon Tradition, dass in vielen politischen Debatten die Notwendigkeit, gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorzugehen, vor allem dann relevant erscheint, wenn damit andere Botschaften oder politische Interessen verbunden sind und bestimmte gesellschaftliche Gruppen als verantwortlich ausgemacht werden können. Dabei sind (cis) männliche Täter in der Regel nicht nur für häusliche Gewalt verantwortlich, sondern auch für die meisten Anschläge und Attentate. Die breiten gesellschaftlichen Debatten über gewaltvolle Männlichkeit und ihre Ursachen bleiben jedoch aus.

Diese Tendenz zur Instrumentalisierung sowie die generelle Marginalisierung frauenpolitischer Anliegen und tatsächlichem Gewaltschutz zeigt sich auch in einigen Wahlprogrammen. In Erhebungen zu Wahlverhalten und Wahlmotivation werden soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung kaum abgefragt und somit in ihrer potenziellen Relevanz nicht mal abgebildet. Geschlechterunterschiede im Wahlverhalten weisen aber durchaus darauf hin, dass diese Themen für einen beträchtlichen Anteil der Wählerinnen eine Rolle spielen.

Screenshot Katapult Magazin auf Instagram

1. Wahlverhalten und Geschlechterunterschiede: Wie beeinflusst der Wunsch nach Gleichstellung die Wahlentscheidung? 

Aktuelle Wahlergebnisse verdeutlichen, dass Union und AfD – die beiden Parteien mit dem niedrigsten Frauenanteil im neuen Bundestag (23 % bei der CDU/CSU und 12 % bei der AfD) – insbesondere die Anliegen junger Frauen kaum priorisieren. Wichtige Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Antidiskriminierung oder ein effektiver Schutz vor Gewalt spielen in ihren Programmen nur eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich spiegelt sich dies auch in den Wahlergebnissen: Junge Frauen wählen mehrheitlich Die Linke, während junge Männer häufiger ihre Stimme der AfD geben.

Dieser Trend ist Teil eines weltweiten Phänomens: Junge Frauen stärken zunehmend linke, progressive Kräfte, während sich Teile der jungen Männer politisch stärker in Richtung Autoritarismus entwickeln. In der Forschung wird unter anderem diskutiert, dass antifeministische Haltungen und ein traditionelles, hierarchisches Männlichkeitsverständnis in Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen vermeintliche Sicherheit vermitteln. Frauen hingegen entscheiden sich häufiger für Parteien, die sich klar für Gleichberechtigung und Teilhabe einsetzen.

Wahlverhalten der 18-24-Jährigen bei der Bundestagswahl 2025. Junge Frauen wählen mehrheitlich die Die Linke, junge Männer die AfD

Auch die neue Zusammensetzung des Bundestages weist in Bezug auf Gleichstellung und Repräsentanz eher auf Rückschritte hin: Mit nur noch 32,5 % weiblichen Abgeordneten – gegenüber 35 % zuvor – wird deutlich, dass Frauenrechte und die gezielte Förderung von Frauen in der Politik bei einigen Parteien an Bedeutung verlieren.

2. „Anti-Gender“-Mobilisierung als politisches Instrument und sicherheitspolitisches Problem im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt

Wenn wir uns fragen, warum den erschreckend hohen Zahlen geschlechtsspezifischer Gewalt und den täglichen Tötungsversuchen nicht ausreichend politische Relevanz eingeräumt wird, müssen wir auch die Rolle antifeministischer Ideologien und Akteur*innen beleuchten. Wer spricht über die sicherheitspolitische Relevanz von geschlechtsspezifischer Gewalt im Kontext einer weltweit zunehmenden Verbreitung von frauen- und LGBTIQA+ -feindlichen Ideologien im Netz, die sexualisierte Gewalt legitimieren und mit purem Frauenhass und zahlreichen Verschwörungserzählungen einhergehen? Männer wie JD Vance, Elon Musk, Javier Milei oder Andrew Tate erlangen mit diesen Positionen nicht nur Reichweite, sondern gelangen auch in gefährliche politische Verantwortung und Handlungspositionen.

Rechte Politik befördert sexistische und antifeministische Positionen und ist zentraler Bestandteil autoritärer Bestrebungen. Damit schaffen ihre Akteur*innen weiteren Nährboden für Frauenhass und Gewalt. Antifeminist*innen in Regierungen weltweit schaffen dementsprechend Gewaltschutzmaßnahmen ab, bedrohen mit allen Mitteln die Sicherheit von trans Personen und der queeren Community, attackieren Frauenrechte, Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsprogramme und Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche, entziehen Gleichstellungs- und Beratungsstellen die Finanzierung.

Antifeminismus ist allgegenwärtig, antifeministisch motivierte Gewalt alltäglich und damit eine massive Bedrohung für demokratische Grundwerte und die Mehrheit der Bevölkerung. 

In Deutschland steigen die erfassten Fälle von häuslicher Gewalt und queerfeindlicher Hasskriminalität seit Jahren. Gleichzeitig stehen auch hier Gleichberechtigungs-Grundsätze und gesellschaftliche Errungenschaften immer mehr unter Beschuss. Schon in den vergangenen Jahren war zu beobachten, wie extrem rechte und rechtskonservative Akteur*innen große Anstrengungen unternahmen, Gleichstellungspolitik als „Kulturkampf“ zu markieren – ein Kampf gegen vermeintlich „unwichtige Minderheiten“ und ihre „übertriebenen Forderungen“. Dieser Angriff auf Frauenrechte, geschlechtliche und sexuelle Vielfalt ist längst keine Randerscheinung mehr. Er dient autoritären Bewegungen weltweit dazu, Ängste zu schüren und Rechte einzuschränken. Frauenrechte werden nur dann hochgehalten, wenn sie in ein rassistisches oder transfeindliches Narrativ passen – beispielsweise um „fremde“ Täter zu stigmatisieren.

Screenshot von X vom 24.2.25 – der rechte Influencer Maximilian Pütz bedient rassistische und frauenfeindliche Narrative

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der ILGA (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) zur Situation queerer Menschen in Europa fasst es treffend zusammen:

„Was als Angriff auf LGBTI-Rechte beginnt, entwickelt sich schnell zu einem umfassenderen Angriff auf die Rechte und Freiheiten aller Menschen in der Gesellschaft. Dies ist nicht nur ein LGBTI-Problem, es ist eine Krise für die Menschenrechte und die Demokratie insgesamt.“

Auch in Deutschland zeigte sich während der Gesetzgebungsverfahren zum Selbstbestimmungs- und Gewalthilfegesetz, wie weit verbreitet transfeindliche, antifeministische Feindbilder und Desinformationen tatsächlich sind. Transfeindliche politische Mobilisierung und Hetze fanden direkten Eingang in Gesetzestexte und Begründungen. Laut Wahlprogramm von CDU und CSU soll das Selbstbestimmungsgesetz direkt wieder abgeschafft werden.

Ein wesentlicher Mechanismus der Mobilisierung war auch hier die Gegenüberstellung sich vermeintlich ausschließender Interessen und Rechte von Frauen und trans* Personen. Derartige Instrumentalisierung von Gewaltschutz und Frauenrechten dient letztlich dazu, trans- und queerfeindliche Positionen zu rechtfertigen und voranzutreiben. So äußerten sich einige Akteur*innen, die sich so vehement für cis Frauenrechte und Gewaltschutz einsetzen, dahingehend, dass das Gewalthilfegesetz verhindert werden müsse, sollte es – wie in der Istanbul-Konvention vorgesehen – auch weitere marginalisierte Geschlechter einschließen. Dabei handelt es sich um ein Gesetz, für das Expert*innen, Verbände und die feministische Zivilgesellschaft seit Jahrzehnten kämpfen und das in der Praxis tatsächlich das Leben gewaltbetroffener Frauen retten kann.

3. Geschlechtsspezifische Gewalt und Antifeminismus: eine massive Bedrohung für die innere Sicherheit und demokratische Grundwerte 

Wer ernsthaft etwas gegen Gewalt in Deutschland und für das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung unternehmen will, muss auch Gewalt gegen Frauen und Antifeminismus als sicherheitspolitische Herausforderungen anerkennen. Antifeminismus fungiert als Türöffner in extrem rechte oder verschwörungsideologische Weltbilder und spielt nachweislich eine zentrale Rolle in der Radikalisierung rechtsextremer Attentäter.

Die Ablehnung von Gleichberechtigung, brutale Frauenfeindlichkeit sowie queer- und insbesondere transfeindliche/transmisogyne Ideologien bildeten in den vergangenen Jahren, oft in Verbindung mit Rassismus und Antisemitismus, zentrale Motive extrem rechter und rechtsterroristischer Gewalttaten und Attentate. In der internationalen Forschung zu geschlechtsspezifischer Gewalt werden zudem konkrete Zusammenhänge zwischen Partnerschaftsgewalt und Attentaten aufgezeigt. So gibt es Erkenntnisse, dass der Großteil der Verantwortlichen von „mass shootings“ in den USA bereits eine Vorgeschichte und/oder rechtskräftige Verurteilung wegen häuslicher Gewalt/Gewalt gegen Frauen hatten. In Ländern wie Großbritannien wird sogar der statistische Anstieg von Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt konkret in Verbindung mit der massiven Reichweite frauenfeindlicher Inhalte und Influencer wie Andrew Tate gebracht und darüber diskutiert, Gewalt gegen Frauen offiziell als „Bedrohung der nationalen Sicherheit“ einzustufen.

Aus der Perspektive von Sicherheitspolitik und Opferschutz besteht somit dringender Handlungsbedarf. Wichtige Schritte und Grundsätze sind unter anderem:

  • Organisierten Frauenhass und Antifeminismus als Phänomen politisch motivierter Kriminalität (PMK) besser erfassen
  • Antifeministische Ideologie und (Online-) Radikalisierung ernst nehmen – z.B. im Kontext von Gefährdungsanalysen und Präventionsansätzen
  • feministische Zivilgesellschaft stärken – flächendeckende Anlauf- und Monitoringstellen für diejenigen, die von antifeministischen Angriffen betroffen sind
  • Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsstrukturen sichern und ausbauen – Forderungen, wie sie etwa von der AfD kommen, Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte abzuschaffen, sind klar als antidemokratische Strategie zu benennen; außerdem muss der Schutz von sexueller und geschlechtlicher Identität im Grundgesetz verankert werden
  • CSDs und queere Zivilgesellschaft sowie Bildungsarbeit stärken und vor rechtsextremen Angriffen und Mobilisierungen schützen
  • Grundrechte und das Recht auf Schutz vor Gewalt gelten für alle – auch für Geflüchtete. Der Schutz von gewaltbetroffenen, geflüchteten Frauen und queeren Menschen muss gemäß Istanbul-Konvention garantiert werden.
  • Die Richtigen in Verantwortung nehmen: verantwortlich für Gewalttaten sind zunächst die Täter*innen, verantwortlich für die Auseinandersetzung zum Umgang mit solchen Taten und dazu, wie (rechts)staatliches Handeln, gesellschaftliches Miteinander und vor allem gute Prävention aussehen kann, sind die Politik und wir alle. Rassistische und transfeindliche Instrumentalisierungen suchen Sündenböcke, lenken von diesen Verantwortungen ab und verhindern gleichzeitig keine Gewalt. Vielmehr führen sie zu mehr Gewalt und legitimieren den Abbau von Rechten und demokratischen Werten.

4. Gemeinsam patriarchale Strukturen überwinden: für echte Sicherheit und Demokratie

Das Erstarken rechter und rechtskonservativer Parteien geht regelmäßig mit einer Zunahme antifeministischer, frauen- und queerfeindlicher Gewalt einher. Zwar sind Frauen und queere Menschen davon besonders betroffen, doch langfristig richtet sich dieser Hass gegen die gesamte demokratische Gesellschaft. Wenn Parteien den Schutz von Frauen oder anderen marginalisierten Gruppen nur dann betonen, wenn er in ihr politisches Kalkül passt, ist das nicht nur scheinheilig, sondern gefährlich.

Gleichzeitig beweisen Wahlerfolge linker und grüner Kräfte, dass viele Menschen soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt als zentrale Anliegen sehen. Um diese Werte nachhaltig zu stärken, braucht es jedoch entschlossene und verbindliche Maßnahmen. Eine wirkungsvolle Sicherheitspolitik darf sich nicht an rassistischen Feindbildern abarbeiten, sondern muss patriarchale Strukturen und gewaltvolle Männlichkeit klar als das benennen, was sie sind: eine Gefahr für Frauen, queere Menschen – und letztlich für die gesamte Demokratie.

Wer wirklich für Sicherheit sorgen will, muss patriarchale Gewalt und Antifeminismus ins Visier nehmen – und zwar konsequent, parteiübergreifend und ohne rassistische oder transfeindliche Untertöne. Nur so lässt sich das Vertrauen in eine demokratische Gesellschaft stärken, die alle Menschen schützt und ihnen gleiche Rechte gewährt.


Anlässlich der Bundestagswahlen haben wir von Take A Stand Against Antifeminism mit

  • Annika Brockschmidt (Autorin, Journalistin, Podcasterin, Expertin für US-Politik)
  • Tara-Louise Wittwer (Kolumnistin, Autorin, Content Creatorin @wastarasagt, Format „TikToxic“)
  • Fikri Anıl Altıntaş (Autor und Publizist zu Männlichkeiten und Antifeminismus)
  • Sabine Herberth (Antifeminismus-Expertin der Amadeu Antonio Stiftung)

gesprochen. Zum ansehen hier: https://www.youtube.com/live/JxZx7MdLFpc


Empfehlung

Demokratiearbeit in Gefahr: Der Schutz der Zivilgesellschaft muss jetzt politische Priorität haben

Nach den AfD-Wahlerfolgen im Osten muss die neue Bundesregierung jetzt dringend handeln, um die demokratische Zivilgesellschaft vor Ort zu erhalten und engagierte Demokrat*innen zu schützen. In Ostdeutschland ist die AfD bei der Bundestagswahl in allen fünf Bundesländern und in 43 von 48 Wahlkreisen zur stärksten Kraft geworden. Bundesweit hat die gesichert rechtsextreme Partei ihr Wahlergebnis verdoppelt. Dies stellt eine ernsthafte Bedrohung für die demokratische Kultur dar.

Von Vera Ohlendorf

Wer sich engagiert, lebt gefährlich: Angriffe auf Demokratiearbeit

Wer sich öffentlich gegen Rechtsextremismus und Rassismus positioniert, ist zunehmend Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt. In Bautzen wurde eine Kindereinrichtung attackiert, nachdem sie eine Spende von Rechtsextremen abgelehnt hatte. In Halberstadt griffen Neonazis ein soziokulturelles Zentrum mehrfach an und beschmierten es mit Hakenkreuzen. In Wolfratshausen und Umgebung gab es eine Serie rechtsextremer, queerfeindlicher und antisemitischer Drohungen. Im brandenburgischen Strausberg wurden Teilnehmer*innen einer Gedenkveranstaltung an die Opfer des Nationalsozialismus mit einem Messer bedroht. Diese und viele weitere Übergriffe sind keine Einzelfälle. Die Zahl rechtsextremer Angriffe steigt laut Kriminalstatistiken und dezentralen Meldestellen stetig an, besonders in Regionen mit hohen Zustimmungswerten für rechtsextreme Parteien.

Zivilgesellschaft unter Druck: Strategien der Rechtsextremen zur Schwächung demokratischen Engagements

Zivilgesellschaftliche Akteur*innen sind entscheidend für die Aufklärungs-, Bildungs- und Kampagnenarbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Sie schützen Minderheiten vor Gewalt und setzen sich für eine demokratische Gesellschaft ein. Doch rechtsextreme Gruppen haben Strategien entwickelt, um diese Arbeit zu erschweren: Diffamierung, juristische Schikane, das Verhindern von Raumvermietungen, digitale Hetzkampagnen, Doxxing und sogar physische Angriffe auf Vereinsräume oder engagierte Einzelpersonen. Zudem führt die politische Polarisierung dazu, dass Kommunen oder öffentliche Einrichtungen aus Angst vor Kontroversen Veranstaltungen absagen oder Fördermittel streichen. Diese Strategien sind nicht auf Ostdeutschland beschränkt, sondern finden zunehmend auch in Westdeutschland Anwendung.

Staatliche Unterstützung für Demokratieförderung notwendig

Das von der Ampel-Regierung geplante Demokratiefördergesetz ist am Widerstand der FDP gescheitert. Es wäre eine Chance gewesen, Demokratiearbeit seitens des Bundes unabhängig von Ländern und Kommunen vor Ort nachhaltiger und verlässlicher zu unterstützen. Die jüngsten Wahlergebnisse zeigen jedoch, dass Bund und Länder dringend handeln müssen, um die Arbeit der demokratischen Zivilgesellschaft besonders in strukturschwachen Regionen zu sichern. Es geht nicht darum, einen gesamtgesellschaftlichen Wandel allein durch ehrenamtliche Initiativen zu bewirken, sondern um den Schutz demokratischer Räume, den Erhalt demokratischer Strukturen und den Schutz von Betroffenen rechtsextremer Gewalt. Wo Demokratie in Gefahr ist, braucht es handlungsfähige Netzwerke, die zeigen, dass eine vielfältige und solidarische Gesellschaft möglich ist.

Politik in der Verantwortung: Notwendige Maßnahmen

Um Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit wirksam zu bekämpfen, müssen folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  •       Die öffentliche Demokratieförderung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene muss langfristig gesichert und eng an den Bedarfen der Zivilgesellschaft ausgerichtet werden. Lokale Partnerschaften für Demokratie müssen unabhängig von rechtsextremen Hegemonien in der Kommune arbeiten können und benötigen dafür dringend ausreichende finanzielle Mittel.
  •       Investitionen in Prävention, soziale Absicherung, innere und auswärtige Sicherheit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Eine menschenrechtsorientierte Demokratie braucht sowohl den Schutz nach außen als auch den Schutz nach innen. Es müssen ausreichende Mittel bereitgestellt werden, um langfristige Programme gegen Rechtsextremismus und für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern, ohne dabei soziale Sicherungssysteme oder sicherheitspolitische Maßnahmen zu vernachlässigen.
  •       Es braucht tragfähige juristische und politische Konzepte zum Schutz demokratischer Institutionen vor rechtsextremen Zerstörungsstrategien, wie sie aktuell in autoritären Staaten erprobt werden.
  •       Sicherheitsmaßnahmen für zivilgesellschaftliches Engagement müssen ausgebaut werden. Dazu gehören digitale Schutzmaßnahmen, juristische Beratung und überregionale Netzwerke zur Unterstützung von bedrohten Initiativen.
  •       Gesellschaftliche und politische Akteur*innen müssen sich deutlicher gegen rechtsextreme Gewalt positionieren und den Wert der Zivilgesellschaft als Bollwerk gegen Demokratiefeindlichkeit anerkennen.
  •   Der Osten darf nicht sich selbst überlassen werden. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den weiteren Wegzug von als migrantisch gelesenen Menschen, queeren Personen und Demokrat*innen aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu verhindern. „National befreite“, überalterte und wirtschaftlich schwache Regionen dürfen keine Hochburgen des Rechtsextremismus bleiben.

Demokratie braucht Schutz: Jetzt ist Handeln gefragt

Die aktuelle Situation zeigt, dass Demokratiearbeit gefährlich und staatliche Unterstützung eine notwendige Verpflichtung ist. Zivilgesellschaftliche Organisationen und engagierte Demokrat*innen brauchen politische Rückendeckung, langfristige Finanzierung und strukturellen Schutz vor rechtsextremen Angriffen. Sie brauchen Ressourcen, um ihre Strategien und Methoden gegen Rechtsextremismus und Rassismus an die Erfordernisse der Verhältnisse anzupassen und neue Wege zu beschreiten. Die kommenden vier Jahre sind für den Erhalt der Demokratie entscheidend. Ihre Verteidigung darf nicht aufgeschoben werden – es ist Zeit zu handeln!

Die Amadeu Antonio Stiftung hat eine Petition unter dem Titel „Regierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!“ gestartet, die sich an eine mögliche neue Koalition richtet und mitgezeichnet werden kann.

Kommentar

Die Bundestagswahl 2025 – Gewonnen hat am Ende der Rassismus

Die Wahl gewonnen hat eine Partei, die einen offen rassistischen Wahlkampf geführt hat und in geflüchteten Personen den Hauptgrund aller gesellschaftlichen Probleme markierte. Anstatt sich mit Islamismus auseinanderzusetzen und Lösungen jenseits von Abschottungsphantasien zu erarbeiten, übernahm die CDU, wie auch alle anderen demokratischen Parteien, den 2017 von der AfD salonfähig gemachten Begriff der „irregulären Migration“ und hat bereits bewiesen, dass sie keine Hemmung hat, potenziell verfassungsfeindliche Vorschläge zur Entrechtung von Menschen in den Bundestag einzubringen.

Dicht gefolgt wird die CDU dann auch von der AfD, die nach bisherigem Stand der Auszählung von jedem fünften gewählt wurde. In Thüringen und Sachsen wählten sogar vier von zehn Menschen AfD, in Bayern liegt die Partei im ländlichen Raum bisher überall direkt hinter der CSU, mit oftmals 30 Prozent und auch im ländlichen Raum in Rheinland-Pfalz sieht es nicht anders aus. Über 11 Millionen Menschen haben ihre Stimme einer rechtsextremen Partei gegeben.

Eine Katastrophe für Betroffene von Rassismus

Dieses Wahlergebnis ist eine Katastrophe für Betroffene von Rassismus, deren Lebensrealität, schon jetzt geprägt von Hass und Hetze, nun noch gefährlicher werden wird. Die entmenschlichende Sprache der letzten zwölf Monate, derer sich alle Parteien bedienen, hat bereits zu einer noch stärkeren Bedrohung für Leib und Leben von Menschen geführt. Wir müssen davon ausgehen, dass dies nun noch weiter zunehmen wird.

Der Versuch der Union, durch Übernahme von AfD-Positionen, den Rechtsextremen Stimmen abzujagen, ist gescheitert. Die CDU/CSU hat Wähler*innen an die AfD verloren. Das Wichtigste ist nun, dass wenigstens der demokratische Minimalkonsens, nicht mit Rechtsextremen zusammenzuarbeiten, gehalten wird.


Unterzeichnen Sie hier die Petition der Amadeu Antonio Stiftung für die KoalitionsverhandlungenRegierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!


Für Betroffene von Rassismus gibt es jedoch auch so schon keinerlei Verlässlichkeit mehr im Parlament, weil sich zukünftige Kanzlerpartei und stärkste Oppositionskraft darin einig sind, dass BIPoC Bürger*innen zweiter Klasse sind. Das Recht auf Unverletzlichkeit der Würde und auf Gleichbehandlung, wie es im Grundgesetz festgeschrieben ist, steht zur Disposition. Die Parteien der Ampel-Koalition haben dieser Politik gegenüber Geflüchteten und Migrant*innen kaum etwas entgegenzusetzen, denn SPD und Grüne haben die bisher restriktivsten Asylgesetze eingeführt und rassistische Narrative bedient, um vermeintliche Lösungen für den Umgang mit islamistischen Attentaten zu präsentieren.

Wofür wollen wir als Gesellschaft stehen?

Hier geht es nicht um politische Haltungen. Hier geht es um die grundlegende Frage, was wir für eine Gesellschaft sein und wofür wir in Europa stehen wollen: Dass das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert wurde, war eine direkte Reaktion auf die historischen Erfahrungen der Vertreibungen und Verfolgungen, der Millionen von Menschen durch die Verbrechen der Deutschen ausgesetzt waren. Es sollte einen symbolischen Bruch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit darstellen: Der Schutz von politisch Verfolgten war nicht nur ein grundlegendes Menschenrecht, sondern auch ein zivilisatorischer Fortschritt – ein Versprechen, nicht nur als moralische Verpflichtung, sondern als nationales Gesetz. Der sogenannten „Asylkompromiss“ von 1993 war eine unverzeihliche Zäsur und ein Verrat an dem ursprünglichen Gedanken. Die verschärfenden Gesetzgebungen, die in den 2010 Jahren folgten, eine schon fast natürlich anmutende menschenrechtsfeindliche Folge.

Die Situation, die wir heute haben, ist dennoch schlimmer denn je: Dass Geflüchtete Menschen sind, die Schutz suchen, um ihr Leben retten zu können, ist ein Gedanke ohne politische Konjunktur…

Schon die gesundheitliche Grundversorgung von Geflüchteten ist akut gefährdet: In der ARD-Wahlarena sagte der zukünftige Kanzler dieses Landes, Friedrich Merz: „Wir können doch nicht für Hunderttausende von Menschen, die hier kein Aufenthaltsrecht haben, psychiatrische Hilfe bereitstellen, diese Menschen müssen das Land verlassen.“ Kürzungen sind für dieses Jahr bereits angekündigt. Theresa Schmidt arbeitet als Sozialarbeiterin mit Überlebenden von Folter und Kriegsgewalt und befürchtet, dass über die Hälfte der Förderung wegfallen könnte: „Eine Entscheidung, die schwertraumatisierten Geflüchteten ihre Chance auf lebenswichtige Versorgung verweigert, einfach nur, weil sie aus einem anderen Land fliehen mussten. Die psychische Gesundheit von traumatisierten geflüchteten Menschen ist spendenabhängig – und das darf so nicht sein!“

Die Imitation der AfD hat der CDU mehr geschadet als genutzt

Klar ist: Die Imitation der AfD in Rhetorik, Verschärfung und Vermischung von Asyl- und Migrationspolitik durch demokratische Parteien hat der AfD als „Original“ eher genutzt als geschadet. „Der immer stärkere Abbau von grundlegenden Rechten und gleichberechtigten Zugängen für Geflüchtete wird den rechten Mob nicht befrieden. Aber sie höhlen unsere Demokratie mit Schutz für vulnerable Minderheiten weiter aus“, erklärt Stephan Jäkel, Abteilungsleitung Flucht bei der Schwulenberatung Berlin.

Einer kritischen Zivilgesellschaft den Rücken zu stärken, das ist jetzt wichtiger als jemals zuvor. Niemand muss von dieser rassistischen Politik direkt betroffen sein, um betroffen zu sein. In den kommenden Monaten werden viele Menschen Angst um ihre Zukunft haben. Viele haben sie jetzt schon. Doch in einer Demokratie ist niemand auf sich allein gestellt – sie lebt von uns allen. Wenn wir nicht möchten, dass Ausgrenzung, Hass und Hetze unser Land bestimmen, dann müssen wir nun gemeinsam dagegenhalten: Schutzräume schaffen, Aufklärung stärken, Solidarität sichtbar machen.

Analyse

Analyse: Der Westen hinkt dem Osten bei der AfD-Zustimmung nur knapp 4 Jahre hinterher

Der Versuch einer Analyse des AfD-Wahlerfolgs: Obwohl die AfD im Osten stärkste Kraft ist, bekommt sie am meisten Zugewinne im Westen. Die stärksten Sprünge macht die AfD in den Bundesländern, in denen sie bislang am schwächsten war. 20 Prozent der Wähler*innen gaben am Sonntag ihre Stimme einer rechtsextremen Partei. Wie konnte es so weit kommen?

Von Lisa Geffken, Lea Lochau, Una Titz und Jan Riebe

Wo die AfD besonders triumphiert hat

Nach wie vor ist die AfD in Ostdeutschland am stärksten und das mit Abstand. Doch nun lediglich auf den Osten zu schauen, wäre fatal. Denn auch im Westen holt die AfD auf. Teilweise sind die Zustimmungswerte in westdeutschen Bundesländern so hoch, wie in ostdeutschen bei der Bundestagswahl 2021. Die AfD holt hier also auf. So hatte die AfD in Mecklenburg-Vorpommern bei der Bundestagswahl 2021 ein Ergebnis von 18 Prozent erzielt. In Bayern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Baden-Württemberg liegt die AfD bei dieser Bundestagswahl bereits über 18 Prozent, in Niedersachsen und Hessen liegt die AfD mit 17,8 Prozent fast genau auf dem Niveau von Mecklenburg-Vorpommern von 2021. Der Westen hinkt dem Osten bei der Zustimmung zur rechtsextremen AfD also nur knapp 4 Jahre hinterher und holt immer schneller auf.

Die verhältnismäßig größten Gewinne macht die AfD in den Bundesländern, in denen sie bislang am schwächsten war: In Nord-Westdeutschland, insbesondere in Niedersachsen (2025: 17,8 %; 2021: 6,1 %) und Schleswig-Holstein (2025: 16,3 %; 2021: 6,5 %). Im Vergleich zu 2021 hat die AfD in Niedersachsen und Schleswig-Holstein (+ jeweils knapp 140 %) ihre Ergebnisse mehr als verdoppelt. Der geringste Zuwachs ist in Berlin (+5,8 %) zu verzeichnen (2025: 15,2 %; 2021: 9 %). Beim konkreten Wahlergebnis hat die AfD im Westen am stärksten im Saarland (11,5 % mehr Prozentpunkte als bei der letzten Wahl; 2025: 20,8 %; 2021: 9,8 %), gefolgt von Rheinland-Pfalz (+10,9 %; 2025: 19,2 %; 2021: 8,8 %) und Niedersachsen (+10,4 %) zugelegt.

Die absoluten prozentualen Gewinne sind aber im Osten am stärksten: In Sachsen-Anhalt (+ 17,5 %; 2025: 37 %; 2021: 20,2 %), gefolgt von Thüringen (+14,6 %; 2025: 38,6 %; 2021: 23,7 %) und Brandenburg (+14,4 %; 2025: 32,5 %; 2021: 18,3 %). In Sachsen-Anhalt hat die AfD mit 37,1 % fast doppelt so viel Stimmen wie die zweitplatzierte CDU mit 19,2 % erzielt. Im Sommer 2026 wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Es wird sich zeigen, ob dann noch eine Landesregierung ohne die AfD möglich sein wird.


Unterzeichnen Sie hier die Petition der Amadeu Antonio Stiftung für die KoalitionsverhandlungenRegierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!


Rechtsextreme Hegemonie im Osten: Kontinuitäten, fehlende Aufarbeitung und Glorifizierung der DDR

Rechtsextreme Wahlerfolge entstehen nicht über Nacht. Der österreichische Rechtsextreme Martin Sellner beschreibt in seinem Buch „Regime change von rechts“ die Strategie der extremen Rechten: Wahlerfolge sind nicht der Anfang der Machtübernahme, sondern deren Ergebnis. In Teilen Ostdeutschlands hat sich eine rechtsextreme Hegemonie verfestigt, die nun in Wahlergebnissen sichtbar wird.

Diese Entwicklung hat eine lange Vorgeschichte. In der DDR gab es keine ernsthafte Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Stattdessen wurde behauptet, mit der Abschaffung des Kapitalismus sei auch der Faschismus überwunden. Antisemitismus, Rassismus und autoritäres Denken blieben jedoch tief in der Gesellschaft verwurzelt. Juden wurden oft als „westliche Agenten“ diffamiert, die Shoah spielte in der offiziellen Erinnerungskultur kaum eine Rolle. Auch Vertragsarbeiter*innen aus sozialistischen Ländern wurden systematisch diskriminiert und isoliert.

Nach der Wende konnten sich rechtsextreme Netzwerke ungehindert ausbreiten. Die rassistischen Pogrome der 1990er Jahre, von Hoyerswerda bis Rostock-Lichtenhagen, waren direkte Folgen dieser Entwicklungen – und wurden vielerorts von Teilen der Bevölkerung toleriert oder gar bejubelt. Staatliche Stellen reagierten oft zögerlich, während Neonazi-Strukturen weiter wuchsen. Die AfD knüpft heute an diese lange gewachsenen ideologischen Muster an, die in manchen Regionen nie vollständig gebrochen wurden.

Besonders brisant ist, dass die AfD sich immer wieder positiv auf die DDR bezieht, vor allem auf ihre autoritären Strukturen und ihre nationalistische Abschottungspolitik. Führende AfD-Politiker*innen glorifizieren das Regime als „richtige Alternative“ zum heutigen demokratischen System und idealisieren die DDR-Grenzpolitik, die mit Schießbefehl und Mauer Opfer forderte. Gleichzeitig bedient die Partei DDR-Nostalgie, indem sie wirtschaftlichen Niedergang und soziale Unsicherheit nach der Wiedervereinigung allein dem „Westen“ zuschreibt – ein Narrativ, das in einigen Teilen Ostdeutschlands auf fruchtbaren Boden fällt.

Diese Strategie zeigt Wirkung: In Regionen, in denen in den 1990er Jahren Rechtsextreme dominierten, ist heute die AfD die stärkste Kraft. Die Partei nutzt gezielt das Gefühl vieler Menschen, nie wirklich im wiedervereinten Deutschland angekommen zu sein. Sie bietet eine einfache Erzählung: Der Westen habe die Ostdeutschen betrogen, die Demokratie sei eine „Lügenveranstaltung“ und nur eine starke nationale Führung könne Gerechtigkeit bringen. Damit knüpft die AfD nicht nur an rechtsextreme Kontinuitäten, sondern auch an autoritäre Prägungen der DDR an – ein gefährliches Zusammenspiel, das die Demokratie langfristig untergräbt.

Was den AfD-Erfolg antreibt: Die Ursachen im Blick

Die tiefen gesellschaftlichen Transformationsprozesse und die multiplen Krisendynamiken spielen der AfD in die Karten. Seit einiger Zeit sinken die Konjunkturprognosen für Deutschland, gleichzeitig steigt die Inflation. Laut Infratest dimap beurteilen 96 Prozent der AfD-Wähler*innen die wirtschaftliche Lage als schlecht, gefolgt von 90 % der Unions-Wähler*innen. Die AfD punktet offenbar bei Menschen, die ihre wirtschaftliche Situation als schlecht einschätzen.

Strukturschwache Gegenden, mit wenig Perspektive und viel Wegzug von jungen Leuten, gelten schon länger als Hochburgen der AfD im Osten und zuvor als Hochburgen von Neonazi-Parteien. Auch im Westen ist gut abzulesen, wo sie ihre Hochburgen hat – neben ländlichen Regionen auch in Großstädten wie Gelsenkirchen, Kaiserslautern und Pforzheim. Was die Gründe sind, dass es gerade diese und nicht (auch) andere Großstädte sind, liegt aber nicht immer direkt auf der Hand. Pforzheim war schon oft eine rechte Hochburg: In den 1960/70er Jahren für die NPD, in den 1990er Jahre für die Republikaner. Dieser „Vererbungseffekt“ reicht zurück bis in die Zeit des Nationalsozialismus. Im Osten sind aus den NPD-Hochburgen die der AfD geworden. Auch Pforzheim hat seit jeher eine aktive Neonazi-Szene, deren Präsenz zu einer Normalisierung rechtsextremer Ideologie in der Stadt geführt haben könnte.

Die AfD im digitalen Raum

Rund um die Bundestagswahl zeigt sich eine tiefgreifende Verzerrung der digitalen Meinungsbildung. Antidemokratische Kräfte setzten vorab kreativste digitale Strategien ein, um Einfluss auf das Wahlergebnis zu nehmen. Es wurden Wahlbetrugs-Desinformationen über Schattenaccounts und Unterstützernetzwerke verbreitet, virale Wahlsongs von Rechtsextremen als emotionale Hymnen eingesetzt sowie eher kitschige, KI-generierte Inhalte, die AfD-Nähe suggerieren. Unmittelbar nach der Wahl versuchen antidemokratische Kräfte, das Wahlergebnis bereits für sich umzudeuten und knüpfen damit nahtlos an einen rechtsextremen Digital-Wahlkampf an, der die entsprechenden Narrative, wie das vom Wahlbetrug, bereits sorgfältig vorbereitete. In der digitalen Wahlkampfarena zeigte sich vor allem TikTok als Meinungsdominanzplattform der AfD. Diese digitalen Angriffe vor und nach der Wahl sind kein Zufall, sondern organisierte Strategie. Sie dienen als Brandbeschleuniger für gesellschaftliche Enthemmung bei gleichzeitiger Vereinzelung und Einsamkeit. Sie bereiten den Boden für einen rechtsextremen Rollback, nicht nur im digitalen Raum und sind eine unverkennbare Gefahr für die Sicherheit unseres öffentlichen digitalen Diskurses.

Die AfD als die neue Arbeiterpartei?

Gelsenkirchen ist stark vom Strukturwandel betroffen. Viele Gemeinden in Südwestdeutschland, in denen die AfD teils ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln konnte, ebenso. So sind im Saarland viele von der Krise der Stahlindustrie betroffen. Besonders auffällig ist auch, dass die AfD unter den Arbeiter*innen und Erwerbslosen mit Abstand die meistgewählte Partei ist. Aber auch das ist nur eine Teilerklärung. Analysen und Nachwahlbefragungen zeigen, dass ein Hauptgrund die AfD zu wählen die Zustimmung zu deren nationalistischen, rassistischen und rechtsextremen Agenda ist. Es spielen also viele Aspekte eine Rolle, um den Wahlerfolg zu erklären, regionale Unterschiede müssen dabei stets berücksichtigt werden.

Alarmierende Normalisierung rechtsextremer Ideologien

Mit dem Erfolg der AfD geht eine immer schneller werdende Normalisierung ihrer rechtsextremen Inhalte einher. Das zeigt sich auch in der Sprache. Und auch die Hemmschwelle, rechtsextrem zu wählen, sinkt rapide. Bis zu 33 % der Wählenden haben schon darüber nachgedacht, die AfD zu wählen. Dass sie trotz der schrecklichen Terroranschläge in Magdeburg, Aschaffenburg und München in den letzten zwei Monaten kaum noch zulegen konnte, zeigt aber auch, dass kein Automatismus in einer immer stärker zulegenden AfD besteht.

Zivilgesellschaft unter Druck: Ihre Rolle in dieser entscheidenden Zeit

Noch nie war die extreme Rechte seit Gründung der Bundesrepublik so stark gesellschaftlich verankert und akzeptiert wie aktuell. Dennoch ist die Demokratie gefestigt. Das ist auch ein Verdienst der vielen Menschen, die sich täglich in Vereinen und Verbänden für Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzen. Doch die Zivilgesellschaft gerät zunehmend unter Druck. Ohne sie gibt es keine funktionierende Demokratie. Die extreme Rechte weiß das und greift sie daher mit aller Macht an.

Rund 48,5 Millionen Wahlberechtigte (82,5 %) haben ihre Stimme abgegeben. Es war die höchste Wahlbeteiligung seit 1990. Davon wählten etwa 10 Millionen die rechtsextreme AfD. Gleichzeitig hat die Mehrheit Parteien gewählt, die sich für demokratische Werte einsetzen. Auffällig ist auch, dass der sogenannte radical right gender gap – die These, dass Männer bevorzugt extrem rechte Parteien wählen – kleiner wird. 24 % der Männer wählen die AfD und 18 % der Frauen. Mit 12 % Zuwachs bei Männern und 10 % Zuwachs bei Frauen ist der radical right gender gap relativ gering. Auch die Einstellungsforschung (Autoritarismus- und Mitte-Studie) bestätigt, dass Geschlecht bei ideologischer Einstellung keine besondere Relevanz hat. Dennoch wählen junge Frauen progressiver, wie die Wahlergebnisse der Linken zeigen. Der größte Unterschied besteht wohl zwischen älteren Männern auf dem Land und jungen Frauen in Städten.

Kampagne

Orchestrierte Gegenkampagne: Wie mit konstruierten Vorwürfen gegen Demokratieprojekte Stimmung gemacht wird

Grossdemo gegen den Rechtsruck am Samstag (25.01.2025) vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Mit der Kampagne Campact, der Initiative "Eltern gegen Rechts" und der Initiative "Fridays for Future" soll eine Woche nach der Amtseinfuehrung von US-Praesident Donald Trump und einen Monat vor der vorgezogenen Bundestagswahl ein Zeichen fuer den gesellschaftlichen Zusammenhalt gesetzt werden. (Siehe epd-Meldung vom 25.01.2025)

Die orchestrierte Kampagne der Springer-Presse gegen zivilgesellschaftliche Organisationen ist ein alarmierendes Signal. „Wer heute die Gemeinnützigkeit von Initiativen gegen Rechtsextremismus infrage stellt, will morgen keine kritische Zivilgesellschaft mehr haben“, mahnt Timo Reinfrank, Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung.

Von Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung

Hunderttausende Menschen demonstrieren derzeit in Deutschland gegen den wachsenden Einfluss von Rechtsextremen. Sie protestieren gegen die AfD und gegen eine Politik, die bereit ist, mit dieser Partei auch nur punktuell zusammenzuarbeiten und sie so aufzuwerten. Doch während sich die Zivilgesellschaft klar gegen demokratiefeindliche Kräfte positioniert, läuft eine orchestrierte Gegenkampagne, die das Engagement gegen Rechtsextremismus als illegitim darzustellen versucht.

Die Eskalationsspirale dieser Kampagne ist bezeichnend

Zuerst griff das rechtspopulistische Portal „Nius“ das Thema auf und behauptete, die Bundesregierung würde Proteste gegen die Opposition mitfinanzieren. Dann übernahm BILD das Narrativ, präsentierte es einem Millionenpublikum und unterfütterte es mit irreführenden Einzelbeispielen. Schließlich übernahm ausgerechnet, die sich noch als seriös rühmende „Welt“ das Narrativ und sprach von einem „Deep State“ der NGOs, der gebrochen werden müssten – eine Rhetorik, die direkt aus dem Handbuch autoritärer Bewegungen stammt.

Wenige Tage später griff Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg diese Argumentation auf und forderte, Förderprogramme für Demokratieprojekte „scharf zu prüfen und gegebenenfalls ganz zu streichen“. Er erklärte Proteste gegen die Aufkündigung der Brandmauer gegenüber Rechtsextremen automatisch zu parteipolitischen Aktionen – und drohte Organisationen, die an diesen Protesten beteiligt waren, indirekt mit dem Entzug ihrer Gemeinnützigkeit und Fördergelder.

Zündeln mit dem Gemeinnützigkeitsrecht

Die rechtliche Grundlage für Middelbergs Angriff auf die Zivilgesellschaft ist dabei fragwürdig. Die aktuelle Rechtspraxis besagt, dass gemeinnützige Organisationen auch als Grundrechtsträger in eingeschränktem Maße politisch aktiv sein und Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen dürfen. Was sie nicht dürfen, ist eine bestimmte Partei zu fördern oder diese abzulehnen – doch genau das passiert hier nicht. Gemeinnützige Organisationen dürfen und müssen gesellschaftspolitische Themen aufgreifen, auf Missstände hinweisen, politische Forderungen stellen und Debatten anstoßen. Auch Demonstrationen, Protestaktionen oder Kampagnen sind erlaubt, wenn sie sich auf gesellschaftliche oder politische Themen beziehen (z. B. das Einreißen der Brandmauer gegen Rechtsextreme und deren Normalisierung). Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs betont zudem, dass die Grenzen zwischen politischer Betätigung und gemeinnütziger Arbeit oft fließend sind.

Doch es geht nicht nur um einzelne Organisationen, Demosprüche oder Transparente, sondern um ein grundlegendes Prinzip: Die im Grundgesetz verankerte wehrhafte Demokratie erfordert, dass sich Gesellschaft und Staat aktiv gegen diejenigen verteidigen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung untergraben. Träger und Vereine von Demokratieprojekten erfüllen gerade genau diese Aufgabe.

Demokratie-Förderung ist Verfassungsauftrag

Die Bundesrepublik wurde mit der Idee einer wehrhaften Demokratie gegründet – einer Demokratie, die nicht neutral gegenüber ihren Feinden bleibt. Das Grundgesetz schützt nicht nur demokratische Institutionen, sondern fordert dazu auf, aktiv gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen vorzugehen.

Programme wie „Demokratie leben!“ und die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen sind genau aus diesem Grund essenziell. Sie stärken demokratische Strukturen, unterstützen Betroffene und setzen sich gegen Menschenfeindlichkeit ein. Das ist keine parteipolitische Agenda, sondern eine demokratische Notwendigkeit, die keine demokratische Partei infrage stellen kann. Ihre Methoden sind vielfach wissenschaftlich evaluiert und richten sich nach den Grundsätzen politischer Bildung, sozialer Arbeit und evidenzbasierter Präventionsarbeit.

Angriff auf die Zivilgesellschaft nach dem Vorbild illiberaler Staaten

Die Diffamierung zivilgesellschaftlicher Organisationen folgt einem bekannten Muster, das sich in Ländern wie Ungarn oder Russland beobachten lässt: Kritische NGOs werden als „verfassungswidrige Institutionen“ oder „politische Akteure“ diffamiert, ihre Finanzierung wird infrage gestellt, bis sie ihre Arbeit nicht mehr fortsetzen können.

Dass dieses Vorgehen nun in Deutschland getestet wird, ist ein alarmierendes Signal. Wer heute die Gemeinnützigkeit von Initiativen gegen Rechtsextremismus infrage stellt, will morgen keine kritische Zivilgesellschaft mehr haben. Eine starke Demokratie braucht eine engagierte Zivilgesellschaft – und sie braucht Menschen, die sich für ihre Werte einsetzen.

 

Neuerscheinung

Entdecke den Beratungskompass Verschwörungsdenken – DIE neue Orientierungsseite rund um das Beratungsfeld Verschwörungsideologien!

Entdecke den Beratungskompass Verschwörungsdenken – DIE neue Orientierungsseite rund um das Beratungsfeld Verschwörungsideologien! Betroffene und ihr Umfeld erhalten dort online und telefonisch eine vertrauliche Beratung und ganz praktische Unterstützung im Umgang mit Verschwörungsdenken.

Eine zentrale Anlaufstelle für Ratsuchende, Fachkräfte und Interessierte soll künftig Unterstützung im komplexen Themenfeld bieten. Ziel des Trägerverbundes aus Violence Prevention Network, modus | ZAD und Amadeu Antonio Stiftung ist es, Ratsuchende aller Art mit fundierten Informationen zu unterstützen und die fachliche Vernetzung im Feld zu stärken. Den Auftrag hierzu haben sie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und vom Bundesministerium des Innern und für Heimat im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben! bekommen.

Ob Sie Unterstützung suchen, Ihr Wissen vertiefen, Materialien brauchen oder sich mit Kolleg*innen austauschen möchten – der Beratungskompass Verschwörungsdenken bietet dafür die richtige Plattform. Die Angebote im Einzelnen:

  • Verweisberatung – telefonisch, per Chat oder Mail hilft sie Ratsuchenden dabei, sich zu orientieren und die richtigen lokalen Ansprechpartner für ihr Anliegen zu finden
  • Geosuche – Ratsuchende können selbstständig Beratungs- und Informationsangebote in Ihrer Nähe und nach Schwerpunkten identifizieren und kontaktieren
  • Wissensspeicher – hier werden aktuelle und durch uns überprüfte Informations- und Bildungsmaterialien in unterschiedlichen Längen und Formen bereitgestellt
  • Lernangebote und Tools – darunter finden Sie Info-Websites, Online-Tools, Workshop- und Vermittlungsangebote und Forschungsprojekte zum Themenfeld – auch per Filtersuche
  • Austauschplattform – Fachkräfte aus dem Präventions-, Aufklärungs- und Beratungsfeld können sich hier geschützt vernetzen und austauschen

Zum Beratungskompass: beratungskompass-verschwoerungsdenken.de

Hier wirkt Ihre Spende

Rechtsextreme Netzwerke in Falkensee – care4democracy hält dagegen

An diesem Kindergarten hat care4democracy gemeinsam mit den Kindern ein gegen die Vielfalt gerichtetes Graffito übermalt, damit es an der Stelle nicht zu neuen Schmierereien kommt. Foto: care4democracy

In Falkensee, einer Stadt im Brandenburgischen Havellandkreis, setzt sich der Verein care4democracy e.V. seit rund einem Jahr gegen rechtsextreme und demokratiefeindliche Bestrebungen vor Ort ein. So fand im Januar 2025 eine Diskussionsveranstaltung über das Für und Wider von Parteiverboten und die Frage nach der Notwendigkeit eines AfD-Verbotsverfahrens statt. Am Rande der Veranstaltung kamen wir mit den Vereinsmitgliedern über ihr Engagement ins Gespräch.

Von Luisa Gerdsmeyer

In den letzten Jahren entstand in der rund 45.000 Einwohner*innen-Stadt Falkensee eine gut vernetzte und zunehmend einflussreiche rechtsextreme Szene. Aus Sorge um diese Entwicklung schlossen sich sieben Engagierte aus Falkensee zusammen und gründeten den Verein care4democracy, der seitdem mit Recherchen, Aufklärungsarbeit und Vernetzung demokratiestärkender Akteur*innen in Falkensee aktiv ist. „Die verschwörungsideologischen Demonstrationen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie waren für mich der Punkt, an dem ich mich entschied, aktiv zu werden und mich gegen rechtsextreme und demokratiefeindliche Bestrebungen hier in Falkensee zu engagieren“, erzählt Silvia. Die sogenannten „Montagsdemonstrationen“ finden bis heute regelmäßig im Ort statt. In den Hochzeiten gingen bis zu 600 Personen auf die Straße, teilweise mit Unterstützung bundesweit bekannter Szenegrößen der Neuen Rechten. „Ein weiterer Initialpunkt war für mich die rassistische Hetze, die in Falkensee verbreitet wurde, als eine neue Unterkunft für Geflüchtete gebaut wurde“, so Vereinsmitglied Lars. „Ich wurde zu einer Informationsveranstaltung für die Nachbarschaft eingeladen und war schockiert, wie viel Hass dort geäußert wurde. Das war für mich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“ Kennengelernt haben sich die Aktiven des Vereins bei Aktionen des „Bündnis gegen Rechts Falkensee“, mit dem sie nach wie vor eng zusammenarbeiten. „Unser Ziel mit der Vereinsgründung war es, nicht nur auf rechte Aktionen und Provokationen zu reagieren, sondern uns stärker auch mit Aufklärung und Bildungsformaten gegen Rechtsextremismus zu engagieren“, erklärt Jens.

Schulterschluss der Rechtsextremen in Falkensee

Ein wichtiger Teil der Arbeit von care4democracy ist die Recherche über Aktivitäten und Netzwerke der rechtsextremen und verschwörungsideologischen Szene in Falkensee. Mit dem rechtsextremen Compact-Magazin und der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung Brandenburg haben hier zwei Organisationen ihren Sitz, die auch überregional für die rechtsextreme Szene in Brandenburg und ganz Deutschland von zentraler Bedeutung sind. „Den offenen Schulterschluss der örtlichen AfD in Falkensee mit dem rechtsextremen Compact-Magazin und seinem Chefredakteur Jürgen Elsässer konnten wir hier mit eigenen Augen am Abend des 16. Juli 2024 sehen“, erzählt Silvia. Nachdem am Morgen die Polizei den Verlagssitz und die Wohnräume von Jürgen Elsässer in Falkensee durchsucht hatte, riefen Unterstützer*innen noch am selben Tag zu einer Solidaritätskundgebung mit Elsässer in Falkensee auf. Mit dabei waren auch Mitglieder der örtlichen AfD.

Verschwörungsideologien in Falkensee keine Bühne bieten

Auch die Partei „Die Basis“, die aus der verschwörungsideologischen Querdenken-Bewegung heraus entstanden ist, ist in Falkensee aktiv und treibt die Vernetzung ins rechtsesoterische Milieu voran. „In Falkensee finden immer wieder Veranstaltungen statt, die auf den ersten Blick harmlos erscheinen, bei denen aber bei näherem Hinsehen deutlich wird, dass demokratiefeindliche Einstellungen und Verschwörungsideologien verbreitet werden“, berichtet Tom. Ein Beispiel sei das „Symposium Falkensee“, das von einer Brandenburger Unternehmerin unter dem Namen „MenschheitsFamilie“ veranstaltet wird. „Wir wollen darüber aufklären, dass hier gefährliche Verschwörungsideologien verbreitet werden“, erklärt Tom. So finden sich auf der Website der „MenschheitsFamilie“ etwa Ausführungen einer Teilnehmerin des Symposiums über vermeintliche Chemtrails als eigentliche Ursache der Erderwärmung und haltlose Skandalisierungen der Corona-Impfkampagne als „größtes Verbrechen in der Geschichte der Pharmamafia“. „In der Stadthalle Falkensee wurde diesen Verschwörungsideolog*innen mehrmals jährlich eine zentrale Bühne in unserer Stadt geboten. Wir halten das für verharmlosend und demokratiegefährdend“, kritisiert Tom.

Vielfältige Positionen mit gemeinsamem Ziel: Einsatz gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit

Über ihre Recherchen zu Netzwerken lokaler und regionaler rechtsextremer und verschwörungsideologischer Akteur*innen informieren die Engagierten bei ihren Veranstaltungen. „Die Resonanz ist extrem groß, wir bekommen die Räume regelmäßig voll und Leute aus einem breiten demokratischen politischen Spektrum kommen, um mitzudiskutieren“, erzählt Jens. „Dieses Spektrum unterschiedlicher demokratischer Positionen spiegelt sich auch innerhalb unseres Vereins wieder. Wir führen häufig auch Diskussionen untereinander. Wobei wir ganz klar einer Meinung sind, ist, dass wir entschieden gegen rechtsextreme, diskriminierende und menschenfeindliche Positionen einstehen und die Stadtgesellschaft dafür sensibilisieren wollen.“ In der Vergangenheit hat die AfD immer wieder versucht, auch vor Schulen Einfluss zu nehmen, indem Flyer verteilt und Schüler*innen angesprochen wurden. „Vor den Europawahlen im letzten Jahr kamen mehrere Eltern auf uns zu, die schockiert waren, dass ihre Kinder planten, die AfD zu wählen“, erzählt Jens. Die Versuche rechtsextremer Einflussnahme an den Schulen nahm care4democracy zum Anlass, auch hier mit ihrer Aufklärungsarbeit präsent zu sein.

Wie wehrhaft muss die Demokratie sein? – Diskussion zu einem AfD-Verbotsverfahren

Im Rahmen der von der Amadeu Antonio Stiftung geförderten Veranstaltung „Wie wehrhaft soll/muss Demokratie sein?“ wurde in die Aula einer örtlichen Schule eingeladen, um das Für und Wider von Parteiverboten und eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens zu diskutieren. Viele der rund 230 Teilnehmenden waren Schüler*innen der Oberstufe. Referent Michael Kraske verdeutlichte, welche akute Gefahr das Erstarken der AfD für Demokratie und Menschenrechte in Deutschland darstellt. Er wies anhand aussagekräftiger Beispiele nach, dass die Partei rassistische und antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet, systematisch die Menschenwürde bestimmter Personengruppen angreift und Verbindungen zu Neonazis, Reichsbürgern und rechtsterroristischen Netzwerken hat. Ein zentrales Instrument zur Verteidigung der Demokratie sei die Möglichkeit eines Parteiverbots, die im Grundgesetz festgeschrieben ist und nicht ungenutzt bleiben dürfe, so Kraske. Nach dem Vortrag hatte das Publikum die Möglichkeit, mit dem Referenten und drei Wahlkreiskandidat*innen für die bevorstehende Bundestagswahl zu diskutieren. Der Abend war für die Engagierten von care4democracy ein großer Erfolg. „Besonders haben wir uns darüber gefreut, dass so viele junge Menschen gekommen sind und eine angeregte Diskussion entstanden ist“, so Tanja.

Aktuell planen die Aktiven von care4democracy bereits neue Veranstaltungsformate, beobachten weiter die Aktivitäten der extrem rechten Szene vor Ort und machen deutlich, dass die demokratischen Kräfte zusammenhalten und gemeinsam gegen rechtsextreme Normalisierung und rassistische Hetze aufstehen müssen.

Kommentar

Bundestagswahl 2025: Gewonnen hat der Rassismus

Am Tag nach der Bundestagswahl ist die Bilanz bitter. Rechtsextreme Strategien haben verfangen. Grundrechte sind in Gefahr. Wie weitermachen? Ein Kommentar von Tahera Ameer, Vorständin der Amadeu Antonio Stiftung.

Die Wahl gewonnen hat eine Partei, die einen offen rassistischen Wahlkampf geführt hat und in geflüchteten Personen den Hauptgrund aller gesellschaftlichen Probleme markierte. Anstatt sich mit Islamismus auseinanderzusetzen und Lösungen jenseits von Abschottungsphantasien zu erarbeiten, übernahm die CDU, wie auch alle anderen demokratischen Parteien, den 2017 von der AfD salonfähig gemachten Begriff der „irregulären Migration“ und hat bereits bewiesen, dass sie keine Hemmung hat, potenziell verfassungsfeindliche Vorschläge zur Entrechtung von Menschen in den Bundestag einzubringen.

Dicht gefolgt wird die CDU dann auch von der AfD, die nach bisherigem Stand der Auszählung von jedem fünften gewählt wurde. In Thüringen und Sachsen wählten sogar vier von zehn Menschen AfD, in Bayern liegt die Partei im ländlichen Raum bisher überall direkt hinter der CSU, mit oftmals 30 Prozent und auch im ländlichen Raum in Rheinland-Pfalz sieht es nicht anders aus. Über 11 Millionen Menschen haben ihre Stimme einer rechtsextremen Partei gegeben.

Dieses Wahlergebnis ist eine Katastrophe für Betroffene von Rassismus, deren Lebensrealität, schon jetzt geprägt von Hass und Hetze, nun noch gefährlicher werden wird. Die entmenschlichende Sprache der letzten zwölf Monate, derer sich alle Parteien bedienen, hat bereits zu einer noch stärkeren Bedrohung für Leib und Leben von Menschen geführt. Wir müssen davon ausgehen, dass dies nun noch weiter zunehmen wird.

Der Versuch der Union, durch Übernahme von AfD-Positionen, den Rechtsextremen Stimmen abzujagen, ist gescheitert. Die CDU/CSU hat Wähler*innen an die AfD verloren. Das Wichtigste ist nun, dass wenigstens der demokratische Minimalkonsens, nicht mit Rechtsextremen zusammenzuarbeiten, gehalten wird.


Unterzeichnen Sie hier die Petition der Amadeu Antonio Stiftung für die KoalitionsverhandlungenRegierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!


Für Betroffene von Rassismus gibt es jedoch auch so schon keinerlei Verlässlichkeit mehr im Parlament, weil sich zukünftige Kanzlerpartei und stärkste Oppositionskraft darin einig sind, dass BIPoC Bürger*innen zweiter Klasse sind. Das Recht auf Unverletzlichkeit der Würde und auf Gleichbehandlung, wie es im Grundgesetz festgeschrieben ist, steht zur Disposition.

Die Parteien der Ampel-Koalition haben dieser Politik gegenüber Geflüchteten und Migrant*innen kaum etwas entgegenzusetzen, denn SPD und Grüne haben die bisher restriktivsten Asylgesetze eingeführt und rassistische Narrative bedient, um vermeintliche Lösungen für den Umgang mit islamistischen Attentaten zu präsentieren.

Hier geht es nicht um politische Haltungen. Hier geht es um die grundlegende Frage, was wir für eine Gesellschaft sein und wofür wir in Europa stehen wollen: Dass das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert wurde, war eine direkte Reaktion auf die historischen Erfahrungen der Vertreibungen und Verfolgungen, der Millionen von Menschen durch die Verbrechen der Deutschen ausgesetzt waren. Es sollte einen symbolischen Bruch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit darstellen: Der Schutz von politisch Verfolgten war nicht nur ein grundlegendes Menschenrecht, sondern auch ein zivilisatorischer Fortschritt – ein Versprechen, nicht nur als moralische Verpflichtung, sondern als nationales Gesetz.

Der sogenannten „Asylkompromiss“ von 1993 war eine unverzeihliche Zäsur und ein Verrat an dem ursprünglichen Gedanken. Die verschärfenden Gesetzgebungen, die in den 2010 Jahren folgten, eine schon fast natürlich anmutende menschenrechtsfeindliche Folge.

Die Situation, die wir heute haben, ist dennoch schlimmer denn je: Dass Geflüchtete Menschen sind, die Schutz suchen, um ihr Leben retten zu können, ist ein Gedanke ohne politische Konjunktur…

Schon die gesundheitliche Grundversorgung von Geflüchteten ist akut gefährdet: In der ARD-Wahlarena sagte der zukünftige Kanzler dieses Landes, Friedrich Merz: „Wir können doch nicht für Hunderttausende von Menschen, die hier kein Aufenthaltsrecht haben, psychiatrische Hilfe bereitstellen, diese Menschen müssen das Land verlassen.“ Kürzungen sind für dieses Jahr bereits angekündigt. Theresa Schmidt arbeitet als Sozialarbeiterin mit Überlebenden von Folter und Kriegsgewalt und befürchtet, dass über die Hälfte der Förderung wegfallen könnte: „Eine Entscheidung, die schwertraumatisierten Geflüchteten ihre Chance auf lebenswichtige Versorgung verweigert, einfach nur, weil sie aus einem anderen Land fliehen mussten. Die psychische Gesundheit von traumatisierten geflüchteten Menschen ist spendenabhängig – und das darf so nicht sein!“

Klar ist: Die Imitation der AfD in Rhetorik, Verschärfung und Vermischung von Asyl- und Migrationspolitik durch demokratische Parteien hat der AfD als „Original“ eher genutzt als geschadet. „Der immer stärkere Abbau von grundlegenden Rechten und gleichberechtigten Zugängen für Geflüchtete wird den rechten Mob nicht befrieden. Aber sie höhlen unsere Demokratie mit Schutz für vulnerable Minderheiten weiter aus“, erklärt Stephan Jäkel, Abteilungsleitung Flucht bei der Schwulenberatung Berlin.

Einer kritischen Zivilgesellschaft den Rücken zu stärken, das ist jetzt wichtiger als jemals zuvor. Niemand muss von dieser rassistischen Politik direkt betroffen sein, um betroffen zu sein. In den kommenden Monaten werden viele Menschen Angst um ihre Zukunft haben. Viele haben sie jetzt schon. Doch in einer Demokratie ist niemand auf sich allein gestellt – sie lebt von uns allen. Wenn wir nicht möchten, dass Ausgrenzung, Hass und Hetze unser Land bestimmen, dann müssen wir nun gemeinsam dagegenhalten: Schutzräume schaffen, Aufklärung stärken, Solidarität sichtbar machen.

Analyse: Was sich aus der Bundestagswahl lernen lässt

Grafik: Costamiri (CC BY-SA 4.0), Datenbasis: Open-Data-Angebot der Bundeswahlleiterin

Deutschland hat gewählt und das mit einer so hohen Wahlbeteiligung wie selten zuvor: Mehr als 82,5 % der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Doch davon profitiert vor allem eine Partei, die zutiefst antidemokratisch ist. 20,8 % der Wahlberechtigten – jede*r Fünfte – in Deutschland wählen eine rechtsextreme Partei. In Zahlen sind das mehr als zehn Millionen Menschen.

Von Lorenz Blumenthaler und Robert Lüdecke

Umgekehrt heißt dieses Ergebnis auch: Vier von fünf Wahlberechtigten wollen diese Rechtsextremen nicht im Parlament. Die Bildung einer gemeinsamen Regierungskoalition mit der AfD finden mehr als zwei Drittel der Bevölkerung nach wie vor nicht akzeptabel.

Bundesweit über 20 % – und in Ostdeutschland rund 34 % – für die AfD sind eine reale und ganz konkrete Bedrohung für die Demokratie. Aber: Im Laufe eines Wahlkampfs, in dem ihr Kernthema Migration das alles bestimmende Thema war, konnten die Rechtsextremen kaum noch mehr zulegen.

Der Westen legt zu, der Osten noch extremer

Die rechtsextreme Landnahme schreitet voran: Während die AfD ihr Ergebnis gegenüber der letzten Bundestagswahl bundesweit auf 20,8 % verdoppeln konnte, sticht der Osten besonders hervor/ist sie im Osten flächendeckend stärkste Kraft.

In Thüringen holt sie 38,6 % (7 von 8 Direktmandaten), in Sachsen 37,3 % (16 von 16 Direktmandate), Sachsen-Anhalt holt sie 37,1 % (8 von 8 Direktmandaten), in Mecklenburg-Vorpommern 35 % (6 von 6 Direktmandaten), in Brandenburg 32,5 % (9 von 10 Direktmandaten).

Am äußersten östlichen Rand, in Grenznähe, holt die AfD beinahe allein die Mehrheit: Die blauen Hochburgen sind Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (49,1 %), dicht gefolt von Görlitz (48,9 %) und Bautzen I (48,3 %).

Aktuelle Erfahrungen mit der wirtschaftlichen Transformation und Arbeitslosigkeit wecken Erinnerungen an die Nachwendezeit. Mangelnde Erfahrungen der politischen Selbstwirksamkeit, ungenügend bearbeiteter Rechtsextremismus und ein Gefühl der politischen Entfremdung öffnen Tür und Tor für rechtsextreme Erfolge.

Ein Ostproblem?

Keineswegs. Die AfD verzeichnet auch in Westdeutschland hohe und wachsende Zustimmungsraten. Die Ursachen für die AfD-Unterstützung liegen vor allem in der Entfremdung von den etablierten Parteien, einem Gefühl politischer Ohnmacht und einer über Jahre gepflegten Mischung aus Demokratiefeindschaft und Menschenfeindlichkeit.

Die AfD-Hochburgen im Westen sind Gelsenkirchen (24,7 %) und Kaiserslautern (25,9 %). Zwar hat es dort nicht für Direktmandate gereicht, stärkste Zweistimmen-Partei sind die Rechtsextremen dort trotzdem.

Besonders mit Blick auf Direktmandate bleibt die Frage, wer eigentlich wen jetzt noch im Bundestag vertritt. Zwar können die demokratischen Parteien über die Zweitstimmen noch zahlreiche Abgeordnete entsenden – und die AfD kann gar nicht alle Direktmandate besetzen, weil ihnen in manchen Ländern der Zweitstimmenanteil dafür fehlt. Trotzdem sind es vor allem Rechtsextreme, die im Namen eines ganzen Wahlkreises im Bundestag sitzen. Politik für alle? Vertretung von Minderheiten, Marginalisierten oder jenen, die die Rechtsextremen als politische Gegner*innen betrachten? Fehlanzeige.

Eine Brandmauer wieder aufzubauen, das scheint utopisch. Gerade deshalb braucht es jetzt noch in viel größerem Umfang praktische Solidarität und die Unterstützung für die Menschen vor Ort, die sich mit dem rechtsextremen Mainstream nicht abfinden wollen.


Spenden Sie jetzt, damit die Amadeu Antonio Stiftung unerschütterlich an der Seite der Engagierten und Betroffenen vor Ort stehen kann!

Stärke der Rechtsextremen durch Schwäche der Demokrat*innen

Die AfD saugt mit ihrem radikal-populistischen Kurs politische Unzufriedenheit auf wie ein Schwamm. Vor allem in Ostdeutschland scheinen rechtspopulistische Regierungskritik, die von Desinformation und Untergangsrhetorik bestimmt sind, und die Diffamierung demokratischer Akteure in Politik und Zivilgesellschaft zu verfangen.

Im Glauben, Wähler*innen zurückzugewinnen, haben demokratische Parteien die AfD in Teilen imitiert. Nicht nur, dass sie ihre Themen übernommen haben und die Themen innere Sicherheit, Asyl und Migration vermischt haben. Auch in ihrer Rhetorik und ihren politischen Forderungen haben sie sich spürbar verschärft.

Ein Etappensieg für die Rechtsextremen, ganz ohne eigenes Zutun. Denn eingezahlt hat das letztlich nur auf das Original, die AfD, die das Thema Migration von Beginn als „Markenkern“ im Wahlkampf in den Vordergrund stellte.

Die gemeinsame Abstimmung von CDU, CSU, FDP und AfD im Bundestag war das formelle Ende der ohnehin löchrigen Brandmauer.

Menschenfeindliches Agenda Setting

Islamistische Attentate durch Asylsuchende verdrängten im Wahlkampf zeitweise alle anderen Themen an den Rand, besonders im Schlussspurt. Die Verengung auf das Thema Migration spielte der AfD in die Karten.

Den Rechtsextremen wurden hier wachsende Problemlösungskompetenzen seines der Wähler*innen zugeschrieben, während die anderen Parteien dazu beitrugen, dass das Thema auch wirklich als größtes Problem wahrgenommen wurde. Nur wenige demokratische Politiker*innen hinterfragen noch rechte Narrative und Kampfbegriffe wie „irreguläre Migration“.

Wo andere Parteien noch versuchten, weitere Themen zu setzen, stilisierten die Rechtsextremen Fragen nach der gesellschaftlichen Transformation zum „Kulturkampf“.

Mehr Zustimmung bedeutet mehr Menschenfeindlichkeit

Für Betroffene von Rassismus und demokratisch Engagierte insbesondere in Ostdeutschland ist das Wahlergebnis ein Albtraum. Auch wenn der Versuch der Union, der AfD Stimmen abzujagen, indem sie deren Positionen übernehmen, nicht geklappt hat: Die mutmaßlich neue Regierungspartei und die größte Oppositionspartei des deutschen Bundestages sind sich darin einig, dass Doppelstaatler*innen – und damit Menschen mit Migrationsgeschichte – Bürger*innen zweiter Klasse sind. Menschenfeindlichkeit wird so, langsam aber sicher, salonfähig.

Auch demokratisch Engagierte, die bereits während des Wahlkampfs immer wieder Opfer von Gewalt, Bedrohungen und organisierten Diffamierungskampagnen wurden, geraten weiter unter Druck. Das wird in den nächsten vier Jahren nicht besser werden.

Gerade deshalb brauchen diese Menschen mehr als warme Worte, sie brauchen unsere praktische Solidarität. Wir müssen die Demokratie auch direkt vor Ort schützen. Minderheitenrechte sind Grundsatz unserer Demokratie, auch daran gilt es eine neue Bundesregierung zu erinnern.

Großer Zuwachs bei jungen Menschen

Viele Jugendliche, besonders in schwierigen sozialen Lagen, erleben ein großes Gefühl der Verunsicherung und des „Vergessenwerdens“. Von der Corona-Pandemie bis hin zu aktuellen Krisen wie dem Krieg in der Ukraine. Diese Jugendlichen fühlen sich mit ihren Ängsten, Unsicherheiten und Bedürfnissen von Politik und Gesellschaft nicht ausreichend gehört.

In solchen Situationen ist es ein Leichtes für Rechtsextreme, mit einfachen Lösungen und populistischen Versprechungen Anklang zu finden. Wer das bevorzugte Soziale Netzwerk öffnet, kann sich dem nicht entziehen: Wenn dir ein Maximilian Krah erklärt, dass du bei „linken Lehrern“ einfach auf Durchzug stellen sollst, konservative Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit dir Erfolg in Beruf und Familie versprechen und eine bockige Weidel, die Journalist*innen Antworten auf kritische Fragen verweigert, und es „den Medien damit richtig zeigt“ – dann verfängt das in jugendlichen Lebenswelten. Vor allem dann, wenn Algorithmen rechte Hetze ungefragt in jeden Feed spülen, weil negative Emotionen durch die Plattformen belohnt werden.

Wie geht es jetzt weiter?

Die CDU ist in der Verantwortung, eine Regierung zu bilden. Das muss schnell gehen, denn der Rest der Welt wartet nicht auf Deutschland. Gleichzeitig muss die neue Regierung stabile demokratische Mehrheiten schaffen, die Vertrauen in die Demokratie zurückgewinnen und in der sich möglichst viele Menschen gehört und vertreten fühlen.

Keine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien, das bleibt der Minimalkonsens, an der auch die Arbeit einer neuen Regierung zu messen sein wird. Zwei Drittel der Deutschen sind nach wie vor gegen eine Koalition mit der AfD.


Unterzeichnen Sie jetzt die Petition der Amadeu Antonio Stiftung für die Koalitionsverhandlungen: Regierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!


Wenn der – mitunter erbittert und auf dem Rücken von Minderheiten ausgetragene – Wahlkampf eine Sache gezeigt hat, dann dass Demokratie von Kompromissen lebt. Es darf nicht sein, dass Zustimmung zu Maximalforderungen erpresst wird, indem gedroht wird, anderenfalls gemeinsame Sache mit Demokratiefeinden gemacht wird. Wer auf diese Mittel zurückgreift, bedient sich der antidemokratischen Politik eines Donald Trump und setzt die Kettensäge an das Fundament demokratischer Gesellschaften.

Der Wind wird rauer, wir bleiben stabil

Die nächsten vier Jahre werden entscheidend. Jede Form von Normalisierung rechtsextremer Politik öffnet den Raum für weitere Radikalisierung, gefährdet unsere Demokratie und führt zu noch mehr Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen von Hass und Hetze. Für Betroffene ist die Situation bereits jetzt prekär. Viele Menschen haben berechtigte Ängste, sehen keine Zukunftsperspektive mehr für sich und ihre Familien.

Doch wenn andere laut werden, müssen wir noch viel, viel lauter werden. Wir als Amadeu Antonio Stiftung stehen nach wie vor an eurer Seite und kämpfen weiterhin dafür, Minderheiten zu schützen und die Demokratie zu verteidigen. Ganz egal, wie rau der Gegenwind wird. Doch dafür brauchen wir nicht nur Demokrat*innen, sondern auch eure Unterstützung.

Wer sich, so wie wir, mit den Wahlergebnissen nicht einfach so abfinden will, unterschreibt unsere Petition „Regierung in der Pflicht: Demokratie verteidigen!“. Damit richten wir uns schon jetzt an eine mögliche neue Koalition.

Zivilgesellschaft: So blicken Demokratie-Aktivist*innen auf das düstere Wahlergebnis

Nicht nur das Ergebnis der Bundestagswahl ist düster, auch die nächsten Jahre werden schwierig. Das wissen auch diejenigen, die sich vor Ort, im ländlichen Raum, für Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzen. Wir haben Vetreter*innen der Zivilgesellschaft um ihre Einschätzungen nach der Bundestagswahl gebeten. 

„Das Wahlergebnis manifestiert einen gesellschaftlichen Rechtsruck in Zahlen, den wir in unserer täglichen Arbeit lokal schon seit Jahren wahrnehmen und der reale Konsequenzen hat. Wir müssen auf die Menschen hören, die von Rassismus, Antisemitismus und Queerfeindlichkeit betroffen sind. Wir werden weiter antifaschistisch, solidarisch und vernetzt handeln. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es wichtiger denn je, unabhängige Strukturen wie das Polylux-Netzwerk oder die Amadeu Antonio Stiftung zu stärken.“
AKuBiZ e.V. Pirna, Sachsen


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„Wir hatten bis zuletzt trotz der Hochrechnungen noch Hoffnung auf etwas Veränderung und sind jetzt betroffen von den hohen Zahlen der populistischen Parteien. Dieser Rechtsruck wird das gesellschaftliche Klima verändern und den Einsatz für demokratische Werte vor neue Hürden stellen. Gerade für kleine spendenfinanzierte Vereine wie uns, die sich für Demokratie, Vielfalt und Toleranz einsetzen, werden die politischen Veränderungen direkte Auswirkungen haben, da sich die Rechten jetzt noch gestärkter fühlen. Wir befürchten, dass Veranstaltungen besser abgesichert werden müssen und wir (offline und online) mehr offene Feindseligkeit bekommen werden. Gleichzeitig wird unser Engagement wichtiger denn je: Wir spielen eine entscheidende Rolle in der politischen Bildung, der Stärkung der Zivilgesellschaft und der Bekämpfung von Extremismus. Die politische Bildung und der gesellschaftliche Dialog müssen intensiviert werden, um die demokratischen Grundwerte in Deutschland langfristig zu schützen und zu fördern. Wir machen weiter! Wir zeigen, dass wir uns dem in großer Masse entgegen stellen und als politische Akteure zusammenstehen, Vernetzungen stärken und gemeinsam gegen Demokratiefeindlichkeit eintreten.“
Vorstand von Burgdorf ist bunt! e.V., Bettina, Laura, Leonie und Susanne, Niedersachsen

„Von progressiven Mehrheiten sind wir nach dieser Bundestagswahl weiter entfernt als jemals zuvor. Mit den Äußerungen in den letzten Tagen und Wochen, mit dem Schüren von rassistischen Ressentiments, der gemeinsamen Abstimmung mit Rechtsextremen, den Verbalattacken gegen Linke und Grüne, hat sich die Union unter Merz ganz offen weiter nach rechts bewegt. Die nationalistische, autoritäre und rassistische Politik der AfD wird damit weiter normalisiert. Die Drohung, gemeinnützigen Organisationen Förderungen streitig zu machen, wenn sie von ihren demokratischen Grundrechten Gebrauch machen und zu Demonstrationen und Protesten gegen die Politik der CDU aufrufen, nehmen wir ernst. Für uns vor Ort – im ländlichen Raum – bedeutet dieses Wahlergebnis, dass 61 Prozent der Wähler in unserer Region reaktionäre, rückwärtsgewandte Politik gewählt haben. Es bedeutet eine enorme Stärkung für die Kräfte, die uns ablehnend bis feindlich gegenüberstehen. Es bedeutet, dass Rechte und Rechtsextreme jetzt mit mehr Rückenwind und steigendem Selbstbewusstsein einen vermeintlichen Volkswillen durchzusetzen versuchen werden. Es bedeutet, dass die Gefahr für migrantisch gelesene oder als politische Gegner erkannte Menschen steigt. Es bedeutet, dass Anfeindungen, Bedrohungen, Übergriffe zunehmen werden. Es werden schwere Jahre. Wir sind hier, vor Ort, machen weiter – weil wir es müssen. Wir werden einen langen Atem brauchen, wir werden Unterstützung und Solidarität aus den urbanen Zentren benötigen – weil Gleichheit, Menschenrechte, Gerechtigkeit – oder kurz ein gutes Leben für alle eben auch überall erkämpft werden muss. Antifa bleibt Landarbeit. Jetzt erst recht!“
Siebenhitze e.V., Greiz, Thüringen

„Demokratie verteidigen heißt antifaschistisch handeln – Zukunft gestalten! Die Wahlergebnisse zeigen: Demokratische Werte sind keine Selbstverständlichkeit. Rechte Kräfte gewinnen an Einfluss – und mit ihnen wachsen Bedrohungen für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und eine offene Gesellschaft. Doch wir lassen uns nicht entmutigen! Für uns als JWP MittenDrin bedeutet das Ergebnis einen klaren Auftrag: Wir bleiben laut gegen Ausgrenzung, stärken solidarische Netzwerke und setzen uns weiter für eine demokratische, antifaschistische und vielfältige Gesellschaft ein. Unsere Forderung an die neue Bundesregierung: Klare Kante gegen rechte Strukturen, mehr Förderung für politische Bildungsarbeit und entschlossene Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz. Die Zukunft gehört denen, die sie gestalten – wir sind dabei!“
JWP MittenDrin e.V., Neuruppin, Brandenburg

„Wenn 20 Prozent der BundesbürgerInnen für eine Partei stimmen, die gesichert Rechtsextreme in den eigenen Reihen hat, und die verfassungsfeindliche und menschenverachtende Positionen vertritt, macht es aus unserer historischen Erfahrung und Verantwortung heraus Angst. Wird Deutschland wieder ein Land der Mitläufer*innen und später Täter*innen? Droht uns bald eine Wiederholung von 1933 in Form einer legalen Machtübernahme?“
Silvia, care4democracy e.V., Falkensee, Potsdam

„Unser Verein setzt sich mit verschiedenen Projekten für eine vielfältige Gesellschaft ein, also sorgen wir uns sehr, wenn wir auf die Wahlergebnisse schauen. Den Rechten den Wind aus den Segeln zu nehmen, erfordert eine grundlegend andere Politik für soziale Sicherheit und demokratische Rechte. Mitmenschlichkeit und Toleranz können wir nur durch zivilgesellschaftlichen Druck durchsetzen. Demokratie braucht uns alle, damit die Brandmauer gegen Rechtsextreme nicht weiter einreißt! WIR SIND MEHR für Demokratie und Toleranz und gegen Rechts!“
Wir sind mehr – Limburg-Weilburg, gegen Rechtsextremismus für Demokratie und Toleranz e. V., Hessen

„Heute herrscht große Fassungslosigkeit in weiten Teilen der demokratischen Zivilgesellschaft in Thüringen. Ein derartiges Mobilisierungspotential für eine einzelne extrem rechte Partei hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland seit 1945 und dann im geeinten Deutschland seit 1990 nicht gegeben. Damit steht die demokratische Zivilgesellschaft einer Partei gegenüber, die über hunderte Mitarbeiter*innen, Büros und andere Ressourcen verfügt, um die Demokratie zu bekämpfen. In den kommenden Jahren wird es darum gehen müssen, die Reihen zu schließen und Leute zu stärken, die in den Fokus der AfD geraten und ihren Angriffen ausgesetzt sind. Dies bedeutet nicht zuletzt, da wo es möglich ist, Projekte und Netzwerke zu schaffen, die zeigen, wie man gesellschaftliches Leben solidarisch organisieren kann. Es muss einen Minimalkonsens geben, der ein demokratisches und menschenrechtsorientiertes Fundament für alle als Grundlage ansieht. Dazu sollte seitens der regierenden Parteien auch die Förderung der demokratischen Netzwerke gehören. Strukturen nun zu kürzen und zahlreichen Menschen ihre Ansprechpartner:innen zu nehmen, wäre in dieser Situation fatal. Es würde nicht zuletzt die Geringschätzung der demokratischen Zivilgesellschaft und einer demokratischen politischen Kultur insgesamt zeigen. Die Zeiten haben sich geändert und wir sollten gemeinsam und solidarisch darauf reagieren. Es geht um viel und Aufgeben kann keine Option sein.“
MOBIT e.V.-Mobile Beratung in Thüringen- Für Demokratie-Gegen Rechtsextremismus

„Dass ein Rechtsextremist mit fast 40 Prozent der Stimmen das Direktmandat gewonnen hat, ist nur ein weiterer Beleg für eine große Fremdenfeindlichkeit unter der Bevölkerung. Die Antwort darauf können wir nur zusammen mit engagierten Zugewanderten finden. Gut das sich an diesem Donnerstag der Beirat für Migration und Integration des Landkreises Barnim konstituiert, den wir gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung unterstützen.“
Bürgerstiftung Barnim Uckermark, Eberswalde, Brandenburg

„Wir merken aufgrund der vorangegangenen Wahlen in Brandenburg schon, dass der Ton auf der Straße und in den Parlamenten rauer geworden ist. Wir sehen tagtäglich, dass Menschen Angst um ihre Sicherheit haben, weil sie zivilgesellschaftlich oder parteipolitisch aktiv sind. Wir hören, dass Menschen mit Migrationsgeschichte Brandenburg verlassen, weil sie sich hier nicht willkommen fühlen. Wir erwarten wenig von einer zukünftigen Bundesregierung, die sich nicht klar zu den Menschenrechten und dem Schutz aller Menschen unabhängig von ihrem Pass und ihrer Herkunft bekennt. Wir fordern daher eine klare Brandmauer gegen faschistische Parteien und rechte Politik.“
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oderland, Brandenburg

„Antirassistische und antifaschistische Arbeit wird immer die Basis der Demokratie bleiben. Wir werden die demokratischen Grundwerte mit allen möglichen Mitteln verteidigen. Die Frage für uns ist nicht, ob wir diese Arbeit weitermachen oder nicht; die Frage lautet: Können wir weniger machen oder müssen wir noch mehr machen? So wie es sich aktuell entwickelt, müssen wir noch mehr machen! Die Zeiten sind absolut beschissen, aber wenn wir nix machen würden, wäre es wahrscheinlich noch beschissener!“
Bastian Drumm, Kontaktstelle Holler, Kein Bock auf Nazis-Festival, Kusel, Rheinland-Pfalz)

„Die neue Bundesregierung muss gesetzliche Grundlagen zur Förderung einer demokratischen Kultur schaffen und die Beratungs- und politischen Bildungsstrukturen langfristig absichern. Nur mit einer solchen Investition in die Demokratie werden wir diese wieder stabilisieren und ihr eine Zukunft geben.“
Kulturbüro Sachsen e.V.; Michael Nattke

„Als Akteur, der sich dafür einsetzt, die Region für Menschen die eigentlich wegwollen, attraktiv zu halten und neue hier willkommen zu heißen, fühlen wir uns zunehmend in einer Ohnmachtsposition. Wir benötigen die Dinge, die wir schon seit Jahren fordern und die immer weniger werden: Ausbau der Demokratieförderung und politischen Bildung, nachhaltige Förderlogiken in der präventiven Arbeit, Stärkung des Ehrenamts und der Anlaufstellen für marginalisierte Gruppen. Aber: finden wir damit bei der neuen Regierung Gehör?“
Second Attempt e.V., Görlitz, Sachsen

„Die Bundestagswahl 2025 hat uns vor Augen geführt, wie weit verbreitet und akzeptiert es ist, Rassismus als Wahlkampfstrategie zu betreiben. Wir hoffen inständig, dass die politische Umsetzung in den kommenden Jahren diesem beunruhigenden Trend nicht weiter folgt. Inmitten dieser bedrückenden Situation bekräftigen wir von der Kontaktstelle Wohnen unsere Entschlossenheit: Wir setzen uns weiterhin für Integration, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität ein. Wir sind viele und wir lassen uns nicht unterkriegen!“
Kontaktstelle Wohnen/Zusammen e.V., Leipzig, Sachsen

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